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Moorseelen

Moorseelen

Titel: Moorseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Eva Schmidt
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hatte, das Gehörte zu verdauen, nahm er mein Gesicht in beide Hände. Als er mich küsste, schloss ich die Augen. Hinter meinen geschlossenen Lidern tanzten goldene Funken und ich ließ mich von einer mächtigen, aber wundervoll sanften Meereswoge fortspülen, die mich hochhob und trug, weit weg von allen Problemen, allen Fragen, bis zum Horizont und weiter.
    Wie lange wir so verharrten, weiß ich nicht. Schließlich löste Zeno seine Lippen sanft von meinen und ich landete nach meinem Höhenflug wieder auf dem Boden. Lächelnd blickte er mich an.
    »Nicht nur die Oase braucht dich, Feline«, flüsterte er. Noch einmal berührte sein Mund schmetterlingszart meine Wange, dann stand Zeno auf und ging davon. Erst nach etwa einer halben Minute kam auch ich auf die Beine, wobei ich das Gefühl hatte, drei Gläser Sekt auf Ex gekippt zu haben. Unsicher schlingerte ich zurück zu den Häusern der Oase. Zenos Kuss hatte mich total aus der Bahn geworfen. Hatte ich mir bisher noch erfolgreich einreden können, ihn »nur« zu mögen und zu bewundern, musste ich mir endlich eingestehen: Ich hatte mich in ihn verliebt. Trotzdem konnte ich es immer noch nicht fassen. Er, den hier alle verehrten und bewunderten, interessierte sich ausgerechnet für mich. Dabei hatte ich es ihm anfangs mit meinem Temperament und der aufbrausenden Art wirklich nicht leicht gemacht. Aber Zeno hatte hinter meine Fassade aus Wut und Traurigkeit geblickt und einen anderen Menschen aus mir gemacht.
    Wie Perlen im Sektglas stieg ein Glücksgefühl in meinem Bauch nach oben bis ins Herz. Allerdings musste ich mir das selige Grinsen langsam mal aus dem Gesicht wischen, sonst würde noch jemand Verdacht schöpfen. Trotzdem schwebte ich förmlich zurück in die Küche, argwöhnisch beobachtet von Nick.
    »Wo warst du?«, fragte er.
    So klangen Polizisten beim Verhör, wenn der Taschendieb schwor, er habe die fremde Geldbörse zufällig gefunden.
    »Im Gemüsegarten«, gab ich kurz angebunden zurück. In diesem Moment fiel mir auf, dass ich den Korb völlig vergessen hatte. Der lag jetzt verwaist im Beet. Zenos Kuss hatte meine Gehirnzellen ganz schön lahmgelegt, dafür pochte mein Herz immer noch ungefähr doppelt so schnell wie normal. Aus Angst, Nick könnte es hämmern hören, hielt ich bewusst Abstand zu ihm. Obwohl ich etwas weniger sauer war als vorhin. Seit Zeno mich geküsst hatte, schien der Tag plötzlich viel bunter und schillernder. Bei dieser Überdosis Freude war es schwer, jemandem böse zu sein. Also lächelte ich Nick an.
    »Hör mal, ich fand manches am Anfang auch komisch«, sagte ich versöhnlich. »Aber wenn du eine Weile hier bist, merkst du, wie anders die Leute hier drauf sind und dass es wirklich sinnvoll ist, was wir zusammen bewegen.«
    Nick senkte den Kopf und nickte. »Verstehe«, sagte er, und ich schöpfte Hoffnung. »Macht ja auch wirklich Sinn, bei dem miesen Fraß, den man hier vorgesetzt kriegt, mal ’ne Runde zu fasten«, fügte er an, und als ich sein doofes Grinsen sah, wusste ich, dass er einfach total verbohrt war.
    Genau das warf ich ihm auch an den Kopf.
    »Ach! Aber so ’nem Guru nachzurennen, das ist weise und erleuchtet, ja?«, gab er hitzig zurück. Ich starrte ihn nur sprachlos an, doch Nick war nicht mehr zu bremsen. »Der allwissende Mister Pferdeschwanz hat’s drauf, der schafft, was nicht mal die Klimakonferenz fertiggebracht hat, nämlich die Welt zu verbessern, oder wie?« Ich musste Nick angesehen haben, als hätte er sich in etwas Pelziges mit acht Beinen verwandelt, denn abschließend schleuderte er mir entgegen: »Und du hängst an seinen Lippen wie ein bescheuerter Groupie! Glaubst du, ich hab keine Augen im Kopf?«
    Jetzt reichte es mir. Obwohl bereits ein Wutvulkan in mir brodelte, beherrschte ich mich. »Weißt du was, Nick? Du bist einfach nur neidisch«, sagte ich betont ruhig und bohrte anschließend die Spitze noch ein bisschen tiefer in sein Fleisch: »Weil du nämlich Komplexe hast und genau weißt, dass du es nie so weit bringen wirst wie Zeno.« Mit diesen Worten drehte ich mich um und überließ zum zweiten Mal an diesem Tag Nick und die Küche sich selbst.
    Als ich draußen im gleißenden Sonnenlicht stand, atmete ich erst einmal tief durch. Ich lief quer über den Platz zum Garten zurück, aber von Zeno keine Spur. Auf einmal wurde mir alles zu viel. Nicks dauernde Sticheleien, die Tatsache, dass er sich nicht vertreiben ließ und mich jederzeit auffliegen lassen konnte, dazu noch

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