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Moorseelen

Moorseelen

Titel: Moorseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Eva Schmidt
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nicht der gescheiterte Loser war, als den ich ihn gegenüber Zeno und der Kommune ausgegeben hatte, sondern aus einer intakten Familie kam, gut in der Schule war und nur manchmal zu neugierig war. Also schwieg ich. »Nick hat mich vorhin gebeten, ihn noch eine Weile hier wohnen zu lassen. Und du weißt, bei uns ist jeder willkommen«, meinte Zeno. »Aber vielleicht würde es nicht schaden, wenn du dich ein bisschen um ihn kümmerst …«
    Ich sah ihn entgeistert an. Zeno rückte noch ein Stück näher und legte seine Hand auf mein Knie. Seine Finger schienen aus kleinen Heizspiralen zu bestehen, denn sofort wurde die Stelle ganz warm. Seine Bernsteinaugen waren auf mein Gesicht gerichtet und seine Stimme bekam diesen dunklen, sanften Ton von flüssiger Schokolade.
    »Wir brauchen Leute in der Oase, die an eine neue, bessere Welt glauben. Je mehr wir sind, desto stärker sind wir und umso schneller können wir die Verhältnisse ändern«, beschwor er mich. Ich nickte hypnotisch, weil ich dachte, er spräche von mir. Zeno hatte seine Hand immer noch auf meinem Bein liegen und nun spürte ich, dass er mein Knie leicht drückte, ehe er weitersprach. »Du hast es von Anfang an verstanden. Es hat nur eine Weile gedauert, dich an das Leben in unserer Gemeinschaft zu gewöhnen. Aber Nick zweifelt. An dem, was unser Ziel ist und dass wir alle zusammen helfen müssen, um es zu erreichen. Andererseits ist er nicht dumm. Ich bin sicher, mit der Zeit versteht er, wie sinnvoll unsere Gemeinschaft ist. Vielleicht willst du ja versuchen, ihm den Aufenthalt hier in der Oase etwas zu erleichtern. Ich habe das Gefühl, von dir lässt er sich am ehesten überzeugen.«
    Diese Ansicht teilte ich nun ganz und gar nicht. Im Gegenteil: Nick und ich waren in der Küche eher Nitro und Glyzerin gewesen, beim nächsten Zusammentreffen könnte es ordentlich knallen. Aber das erzählte ich Zeno vorsichtshalber nicht, sonst würde er am Ende noch nach dem Grund unseres Streits fragen. »Ich weiß nicht, ob das klappt«, meinte ich stattdessen zögernd.
    Zeno blickte mir ein paar Sekunden so tief in die Augen, dass mein Hals trocken wurde und mein Herz seine Schlagzahl deutlich erhöhte. »Du gefällst ihm, Feline, und ich kann’s ihm nicht verdenken. Vielleicht hilft dir das ja, um bei Nick Überzeugungsarbeit zu leisten …«, sagte er und lächelte irgendwie seltsam. Ich starrte ihn an. Wieso wollte Zeno unbedingt, dass Nick hierblieb? Und was meinte er mit »Überzeugungsarbeit leisten«? Ein Gefühl der Übelkeit machte sich in meinem Magen breit, als hätte ich eine Praline gegessen, deren Inneres statt Marzipan etwas Bitteres, Verdorbenes enthielt.
    »Du willst damit jetzt aber nicht sagen, ich soll Nick anbaggern, oder?«, würgte ich heraus. Statt empört abzulehnen, musterte mich Zeno schweigend mit schief gelegtem Kopf. Das war für mich Antwort genug und ich explodierte wie ein Grill, auf den man Spiritus geschüttet hat. »Sag mal, geht’s noch? Wieso fragst du nicht gleich, ob ich für den Typen auf dem Tisch tanzen will? Wieso bist du überhaupt so scharf drauf, dass er bleibt? Der macht nur Ärger! Weißt du, wie er euch genannt hat? Ein paar selbst ernannte Esojünger!«, schleuderte ich Zeno entgegen. Ähnlich eines leergepumpten Blasebalgs ging mir vor Wut die Luft aus. Ehe ich wieder Atem holen und weiterschimpfen konnte, hatte Zeno mich zu sich gezogen und nahm mich fest in den Arm.
    »Feline, Feline, jetzt krieg dich erst mal wieder ein! Cool down, du hast da was total missverstanden«, murmelte er, während er mich leicht wiegte. Aber so schnell ließ ich mich nicht einfangen. Heftig wand ich mich aus seiner Umarmung.
    »
Ich
hab was missverstanden? Mir scheint eher, du!«, fauchte ich ihn an. Zu meiner Überraschung sah Zeno plötzlich bedrückt aus.
    »Ich bin ein Idiot«, murmelte er.
    Überrascht blickte ich ihn an.
    »Ich hätte das nicht sagen sollen, entschuldige. Ich glaube, ich wollte nur sehen, wie du reagierst. Weil ich …«, hier stockte Zeno und warf mir einen schrägen Blick zu, »hm, ich glaube, ich war ein bisschen eifersüchtig«, gab er schließlich zu. Eigentlich hätte ich noch sauer sein müssen, aber mich durchfuhr bei Zenos letzten Worten ein freudiger Schreck. Er war eifersüchtig? Auf Nick?
    »Aber das bedeutet ja …«, fing ich an und stockte. Aber Zeno nickte, offenbar wusste er, was ich sagen wollte.
    »Du bist mir alles andere als gleichgültig, Feline«, murmelte er, und ehe ich noch Zeit

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