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Moorseelen

Moorseelen

Titel: Moorseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Eva Schmidt
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»Dada«, krähte er und fuchtelte mit seiner Hand in der Luft herum.
    »Ja genau, Jaron! Da ist Feline«, sagte Deva und schenkte mir ihr warmherziges Lächeln. »Geht’s dir wieder besser?«, setzte sie hinzu, als ich nichts erwiderte.
    Ich quälte mir eine Grimasse ab, von der ich hoffte, dass sie als Lächeln durchging. »Ja, alles klar«, behauptete ich.
    »Ach, da bin ich aber froh«, freute sich Deva. Sie klang so aufrichtig, dass ich tatsächlich versucht war, ihr zu glauben und die Sache am Moorsee für ein Trugbild zu halten.
Aber du hast Mia da unten gesehen
, beharrte ein kleines Stimmchen in meinem Kopf, und ich wusste, es stimmte.
    Trotzdem hielt ich den Mund. Aus irgendeinem Grund traute ich Deva nicht – nicht mehr. Ich war überzeugt, dass sie mir gestern etwas in mein Glas gemischt hatte. Von einem Schluck klarem Kräuterbrand wäre ich sonst nie so schnell eingeschlafen, vor allem, da ich fast die Hälfte der Flüssigkeit ausgespuckt hatte. Ich beobachtete, wie sie in die offene Küche rollte und Jaron in seinen Laufstall hob, der dort stand. Nebelfetzen der Erinnerung an die Sekunden, ehe ich wie bewusstlos in die Kissen gesunken war, zogen durch meinen Kopf. Hatte ich nicht noch ihre Stimme gehört? Und auch eine etwas dunklere, heisere?
    Natürlich – Zeno!
    Er und Deva hatten noch miteinander geredet! Doch so sehr ich mir das Hirn zermarterte, ich konnte mich nicht mehr an den Wortlaut erinnern. Ich wusste nur noch, dass er mich beruhigt hatte, als ich völlig aufgelöst war … Ob ich zu ihm gehen sollte? Oder hielt er mich auch für hysterisch und mein Erlebnis am Moorsee für reine Einbildung?
    Während ich noch unter der Tür stand und grübelte, was ich jetzt tun sollte, klopfte es dreimal an Devas Haustür, die fast im selben Moment schwungvoll aufgerissen wurde. Von Zeno. Mit drei schnellen Schritten war er bei mir und lächelte mich so liebevoll an, dass mein Herz ein paar schnelle Schläge tat, ehe mein Verstand stopp sagen konnte.
    »Na, du Langschläferin, wie geht’s dir heute?«, fragte er und musterte mich mit schief gelegtem Kopf.
    »Besser«, kam mir Deva zuvor. Fast lautlos hatte sie ihren Rollstuhl in den Flur zurückgelenkt. Ich beschloss, erst einmal nur zu nicken.
    Auch Zeno nickte, er wirkte zufrieden. »Ich habe Neuigkeiten«, sagte er und schien die Worte an Deva
und
mich zu richten. »Ich war mit Urs an diesem See und habe nach Mia gesucht«, fuhr er fort. Wieder spürte ich meinen Herzschlag, diesmal allerdings langsam und dumpf. Sie haben sie also gefunden, dachte ich beklommen. Nun konnte Deva nicht mehr behaupten, ich hätte mir alles nur eingebildet. Da hob Zeno den Kopf und sah mich lächelnd an. »Wir haben nicht die geringste Spur von ihr entdeckt«, verkündete er fröhlich und drückte mir beruhigend die Hand. Ich konnte ihn nur sprachlos anstarren. Offenbar bemerkte er meine Fassungslosigkeit, denn er wurde ernst. »Feline, ich schwöre dir, Urs und ich sind durch den ganzen See geschwommen. Mia ist nicht dort unten. Ich sag dir auch, warum: Sie ist nämlich am Leben! Und während du vor Angst um sie fast durchgedreht bist, bastelt sie irgendwo in Berlin oder Hamburg ihren Schmuck und hat uns und die Oase wahrscheinlich längst vergessen!«
    Ich brachte immer noch kein Wort heraus. In meinem Kopf herrschte Chaos. Widerstreitende Gedanken lieferten sich einen Kampf und keiner war bereit nachzugeben:
Ich hatte Mia im Moorsee gesehen.
Zeno schwor, dass sie nicht dort war.
Ich wollte Zeno glauben.
Ich war nicht überreizt oder hysterisch!
    »Feline«, hörte ich seine dunkle Stimme, und zwei warme Hände schlossen sich um meine. »Ich halte dich nicht für verrückt, das kannst du mir glauben. Aber vielleicht war das alles ein bisschen viel für dich. Der Tod deiner Mutter, die neue Freundin deines Vaters …«
    »Nein, ich …«, wollte ich widersprechen, aber Zenos Blick brachte mich zum Verstummen.
    »Du musstest eine Menge durchmachen. Keiner von uns würde das einfach so wegstecken«, fuhr er fort, und jetzt hatte seine Stimme einen mitfühlenden Unterton.
    »Traumatische Ereignisse verarbeitet die Psyche oft erst Monate, manchmal Jahre später«, schaltete sich nun auch Deva ein. »Obwohl du noch so jung bist, hast du einen großen Verlust erlitten, Feline. Du hast dein Trauma über den Tod deiner Mutter auf Mia projiziert. Das ist eine Reaktion, die nur allzu verständlich ist. Als Ärztin habe ich schon mehrmals solche Fälle erlebt.«
    Ich senkte den

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