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Moorseelen

Moorseelen

Titel: Moorseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Eva Schmidt
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löste, kehrte ich wieder auf den Boden zurück. Benommen schlug ich die Augen auf. Geschmeidig rollte er sich aus dem Bett und schlüpfte in seine Klamotten, die er vorhin achtlos neben das Bett geworfen hatte. Seine abrupt fehlende Nähe ließ mich trotz der warmen Nacht frösteln, als hätte man mir einen schützenden Mantel weggenommen und ich stünde nun nackt und einsam in der Dunkelheit. Meine Sachen lagen noch wild verstreut herum, schlangengleich ringelten sich die Ärmel meines Longsleeves am Boden.
    »Ich hoffe, du kannst jetzt schlafen«, raunte Zeno und zwinkerte mir zu. Ich konnte nur benommen zu ihm hochstarren. Ließ er mich jetzt einfach so alleine? Doch da setzte er sich zu mir auf die Bettkante. In der Erwartung, er werde sich wieder zu mir legen, rückte ich ein Stück zur Seite, er beugte sich jedoch nur über mich und hauchte mir einen Kuss auf die Lippen. »Gute Nacht, Feline«, sagte er leise, erhob sich und war gleich darauf verschwunden wie ein Traumbild beim ersten Weckerklingeln am Morgen.
    Das blendende Licht der Frühsonne, die ungehindert durchs Fenster und direkt in mein Gesicht schien, weckte mich. Am liebsten wäre ich trotzdem liegen geblieben, aber der Gedanke an Lukas, Aryana, Kali und die anderen, die sich in wenigen Minuten erst zum Frühstück und dann zum Arbeiten treffen würden, ließ mich wie einen Roboter aus dem Bett steigen. Wir waren eine Gemeinschaft und ich hatte nicht das Recht, eine Sonderbehandlung einzufordern.
    Auch wenn ich mit Zeno geschlafen hatte.
    Schlagartig überfiel mich die Erinnerung an letzte Nacht und ich blieb einen Moment versteinert auf dem Bettrand sitzen. Meine Klamotten lagen immer noch dort, wo ich – oder besser gesagt Zeno – sie gestern hingeworfen hatte. Ich sah mich wieder auf dem Bett liegen und spürte Zenos Hände auf mir … Mein Gesicht brannte. Langsam stand ich auf. Mühsam wie eine alte Frau bückte ich mich nach meinen Shorts und dem Longsleeve und schlüpfte hinein. Mir war leicht übel und ich fühlte mich irgendwie mies. Ich ahnte jedoch, dass die Ursache – anders als in den zwei Tagen davor – aus mir selbst heraus kam. Es war das Gefühl, bei einer Klausur geschummelt oder heimlich Geld aus einem fremden Portemonnaie genommen zu haben. Ich konnte mir nur nicht erklären, warum ich so empfand. Eigentlich hätte ich überglücklich sein müssen. Zeno hatte endlich genau das getan, wovon ich seit unserer ersten Begegnung im Park geträumt hatte. Er hatte sich für mich entschieden und mir das auch deutlich gezeigt. Wieso fühlte sich die letzte Nacht trotzdem an, als hätte ich aus einer Sektflasche getrunken, die bereits tagelang offen herumstand und deren Inhalt jetzt schal und abgestanden schmeckte?
Weil es anders war, als du es dir erträumt hast
, flüsterte die altbekannte Stimme in meinem Kopf.
Weil es nämlich nach fünf Minuten schon vorbei war und Zeno sich danach gar nicht schnell genug vom Acker machen konnte!
    Hastig sprang ich zur Tür und riss sie auf. Ich wollte weg von dieser Stimme, ich wollte sie nicht hören. Denn sie hatte unrecht. Bestimmt würde Zeno mich heute irgendwo alleine abpassen, mit mir reden wollen und all das sagen, was gestern unausgesprochen geblieben war … Im Flur hörte ich Jaron quietschen. Es kam aus der Küche und bestimmt war der Kleine nicht alleine. »Deva ist in Berlin«, klang Zenos Satz von gestern in mir nach. Wahrscheinlich musste er Babysitter spielen. In meinem Magen machte sich ein Gefühl breit, das ich das letzte Mal im Schwimmbad auf dem Zehnmeterbrett beim Hinunterblicken verspürt hatte. Ob Zeno mich wohl zur Begrüßung küssen würde? Ich holte tief Luft und stieß die Küchentür auf.
    »Dada«, jauchzte Jaron, als er mich sah und patschte in die Hände. Er saß auf Devas Schoß. »Schau mich nicht so entgeistert an! Ich bin keine Außerirdische«, sagte sie lächelnd.
    Statt auf ihren Scherz einzugehen, rutschte mir raus: »Was machst
du
denn hier?«
    »Wohnen!«, antwortete Deva trocken und wendete ihren Rollstuhl, sodass sie mich direkt anblickte.
    »Äh, klar, sorry, ich dachte nur, du bist noch in Berlin«, stotterte ich verlegen. Ob sie ahnte, warum ich letzte Nacht wieder in ihrem Haus geschlafen hatte? Und vor allem: mit wem?
    »Ich bin vor einer Stunde wieder zurückgekommen, um Jaron zu versorgen. Zeno hat mich abgeholt. Leider muss ich später aber noch mal ins Krankenhaus nach Potsdam zu diversen Kontrolluntersuchungen«, erklärte Deva.
    »Oh, tut

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