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Moorseelen

Moorseelen

Titel: Moorseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Eva Schmidt
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Zeno gesessen hatten. Er zeichnete sie heimlich auf. Diese Vorstellung ließ mich nun tatsächlich in die Knie gehen und als Zeno wieder ins Zimmer kam, musste ich mir nicht mal Mühe geben, ihm meinen elenden Zustand vorzuspielen.
    »Du Ärmste, dir geht es ja wirklich mies«, bemitleidete er mich und sah besorgt auf mich hinab.
    War die Kamera vielleicht doch nur zur Sicherheit da, um nachts den Raum zu überwachen? Gleich darauf ging mir jedoch auf, wie lächerlich das war. Was sollte ein Dieb in der Oase und vor allem in diesem Raum schon klauen – Meditationskissen? Ich zwang mich zu einem matten Lächeln.
    »Geht schon. Ich lege mich wohl besser hin«, sagte ich schwach.
    »Ich bringe dich zu den Mädchen. Dann kannst du Irina oder Kali wecken, falls es dir heute Nacht schlechter gehen sollte«, bestimmte Zeno. Ich dachte zynisch, dass er offenbar keinen Wert darauf legte, sich von einer übelkeitsgeplagten Oasenbewohnerin seinen kostbaren Schlaf rauben zu lassen. Sollten die Dreckarbeit doch die anderen machen. Zweifel an ihm und seinen Gefühlen für mich begannen mein Innerstes zu zerfressen, das sich so rau und metallisch anfühlte, als würde gerade mein Herz verrosten.
    Kurz darauf ging er dicht neben mir zum Schlafsaal der Mädchen. Ich schützte starke Migräne vor, um nicht mit ihm reden zu müssen. Ich war mir nicht sicher, ob ich mich so weit beherrschen konnte, um ihn nicht mit meinem Wissen über die Kamera zu konfrontieren, wenn ich den Mund öffnete. Obwohl ich hoffte, dass ich die Ausnahme war und Zeno mein Vertrauen nicht missbraucht hatte, konnte ich mich nicht gegen meinen Argwohn wehren.
    »Schaut mal, wen ich euch hier mitbringe«, scherzte Zeno, während er mich in den Schlafsaal schob. »Feline geht’s nicht gut, kümmert ihr euch bitte um sie?«, fügte er an Aryana, Kali und Irina gewandt hinzu, während er mir teilnahmsvoll über den Arm strich. Am liebsten hätte ich mich weggedreht, aber er sollte keinen Verdacht schöpfen.
    »Du Arme«, rief Kali.
    Aryana drückte mich sanft auf mein Bett. »So, jetzt setzt du dich erst mal hin«, sagte sie mütterlich.
    Zeno nickte ihr anerkennend zu. »Hier ist die Kopfwehtablette«, sagte er und drückte mir eine kleine weiße Pille in die Hand. Fürsorglich holte er mir sogar noch ein Glas Wasser aus dem Badezimmer. Widerwillig nahm ich einen Schluck und schmiss das Kopfwehmittel ein. »Und noch ein paar Vitamine«, ergänzte Zeno und zog eine weiße Kapsel hervor, ähnlich der, die mir seine Mutter schon mal verabreicht hatte.
    »Und was kriegen wir?«, fragte Kali kokett, die Zeno über die Schulter sah.
    »Wie wär’s mit einem Mittel gegen zu hohe Ansprüche?«, konterte Zeno und zog grinsend den Kopf ein, weil Irina zur Strafe ein Kissen nach ihm warf. »Gute Besserung, Feline«, rief er schnell noch durch den Türspalt, ehe er verschwand. Kali wandte sich zu mir um und deutete auf die Kapsel in meiner Hand. »Na dann mal runter mit dem Zeug«, sagte sie und blickte mich auffordernd an.
    Ein schmaler Mondstrahl fiel in den Raum und warf einen weißen Streifen kalten Lichts an die Wand. Ich lauschte auf die tiefen, regelmäßigen Atemzüge, die aus den Stockbetten drangen. Meine Hand hielt immer noch die weiße Kapsel umklammert. Unter Kalis prüfendem Blick hatte ich sie vorhin in den Mund gesteckt und danach beherzt einen Schluck Wasser genommen. Was aber weder sie noch die beiden anderen Mädchen ahnen konnten: Statt sie zu schlucken, hatte ich sie mit der Zunge in meine Backentasche geschoben und nur das Wasser hinuntergeschluckt. Danach hatte ich fröhlich verkündet, mir die Zähne putzen zu gehen und war ins Bad verschwunden. Dort hatte ich die Kapsel blitzschnell wieder ausgespuckt und sie wie bei einem misslungenen Zauberkunststück hastig in meiner Hosentasche verborgen. Sie ins Klo zu spülen, wagte ich nicht – aus Angst, sie würde nicht untergehen und Kali könnte sie entdecken. Inzwischen war ich überzeugt, dass Zeno nicht nur das Vertrauen von mir und den anderen missbrauchte, indem er die Vier-Augen-Gespräche heimlich aufzeichnete, aus welchen Gründen auch immer, sondern er durchschaute auch seine Mutter, die mich mit Beruhigungsmitteln außer Gefecht setzte, ja er billigte das sogar. Aber warum? Darauf gab es nur eine Antwort: weil Zeno wusste, dass ich mir die tote Mia nicht einbildete. Und weil er den Mörder kannte. Vielleicht hatte er sogar dessen Geständnis bei einer der Sessions gefilmt.
    Während ich

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