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Moorseelen

Moorseelen

Titel: Moorseelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Eva Schmidt
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bei Deva abgeben?«, schob ich hinterher und tat, als wäre mir das gerade eben noch eingefallen.
    Kali nahm mir meine Scharade ab, sie nickte und drückte mir den Schlüssel in die Hand. »Häng ihn einfach an den Haken neben der Eingangstür.«
    Ich zog ab. Jedoch nicht, um mir bei Deva eine Kopfwehtablette zu holen, sondern um Zeno zu finden. Ich musste mit ihm reden und ihn fragen, warum er mich einfach zurückgelassen hatte, weil ich spürte, dass die Ungewissheit mich sonst zerreißen würde. Vielleicht würde ich ja in seiner Begründung auch die Antwort finden, warum ich mich seitdem so hohl und leer fühlte.
    Als ich zu dem Gebäude kam, war die Tür nur angelehnt. Warum ich nicht einfach klopfte oder nach Zeno rief, weiß ich nicht. Vielleicht weil ich Angst hatte, dass er mich bereits an der Schwelle mit ein paar nichtssagenden Worten abwimmeln würde. Stattdessen drückte ich lautlos die Tür auf und schlich den Flur entlang. Auf einmal vernahm ich ein Geräusch. Es klang wie das Öffnen eines Schranks oder einer Schublade und kam aus dem Raum, in dem Zeno gestern die Session mit mir abgehalten hatte. Bevor er mich geküsst und in das Zimmer gelotst hatte, wo wir … Energisch verbot ich mir, die Bilder von uns erneut heraufzubeschwören. Ich wollte cool und lässig wirken, wenn ich ihn ansprach. Entschlossen trat ich in die offen stehende Tür und wollte mich gerade mit einem »Hallo« bemerkbar machen, als ich stockte. Zeno stand mit dem Rücken zur Tür. Er sah mich nicht, sondern fuhrwerkte in einem Wandfach herum, das mir noch nie zuvor aufgefallen war. Gleich darauf sah ich auch, warum: Es war hinter dem Bild mit den Buddha verborgen, das normalerweise an dieser Stelle hing. Jetzt stand das Bild an die Wand gelehnt auf dem Boden. Aber was war in dem Hohlraum? Ein Tresor? Ich hatte gedacht, die Oase würde nichts von Wert besitzen? Mit angehaltenem Atem trat ich einen lautlosen Schritt zurück, damit Zeno mich nicht entdeckte, und linste verstohlen um die Ecke. Er hob einen kleinen, schwarzen Gegenstand heraus und drehte ihn prüfend in den Händen. Da erkannte ich, was es war: eine Videokamera. Mein Herz setzte für zwei, drei Schläge aus. Wofür brauchte Zeno die?
    Während ich noch grübelte, stellte er irgendetwas an dem Gerät ein, ehe er es behutsam wieder in den offenen Hohlraum zurücklegte. Dann nahm er das Bild und hängte es wieder an die Wand. Obwohl ich ahnte, dass irgendwas faul war, konnte ich in diesem Moment die Zusammenhänge nicht herstellen. Noch nicht. Ich war von dem Gedanken beherrscht, blitzschnell zur Eingangstür zurückzuhuschen, damit Zeno mich nicht sah, wenn er aus dem Raum trat. Ich hatte gerade die Klinke in der Hand, als seine Stimme mich wie eine Faust im Rücken traf.
    »Feline! Was tust du denn hier?« Für den Bruchteil einer Sekunde war ich wie erstarrt. Dann drehte ich mich um und lächelte – strahlend, wie ich hoffte.
    »Hi«, sagte ich möglichst unbefangen und tat, als wäre ich gerade zur Tür hereingekommen und hätte sie nur hinter mir schließen wollen. »Ich bringe den Schlüssel vom Meditationsraum zurück«, fügte ich an und hielt ihn zum Beweis hoch. Zenos angespannte Züge lockerten sich etwas.
    »Danke, häng ihn einfach hierhin«, sagte er und deutete auf den Haken. Ich tat es.
    »Ach – und hat Deva vielleicht was gegen Kopfschmerzen da? Ich habe das Gefühl, mir platzt gleich der Schädel«, jammerte ich und massierte mit gequälter Miene meine Schläfen.
    »Sie musste nach Potsdam, aber ich sehe mal, was ich finden kann«, sagte Zeno und verschwand in der Küche. Darauf hatte ich nur gewartet. Hastig lief ich in den Raum mit dem Wandfach. Zeno würde sicher schnell wieder hier sein, aber für das, was ich wissen wollte, brauchte ich nicht lange. Mit drei Schritten war ich bei dem Bild, das nun wieder an der Wand hing. Ich ließ meinen Blick über den milde dreinblickenden Buddha wandern, doch ich konnte nichts Auffälliges entdecken. Einer Eingebung folgend, fuhr ich behutsam mit den Fingern darüber. Und da war es: Auf der Stirn des Buddha ertastete ich ein kreisförmiges Loch. Meine Fingernägel stießen gegen etwas Glattes, Hartes. Ohne nachsehen zu müssen, wusste ich, dass es sich dabei um das Kameraobjektiv handeln musste. Ich drehte mich um und sah den Raum aus der Perspektive der Kamera: Ihr mechanisches Auge blickte genau auf den Platz, auf dem ich – und garantiert auch die anderen Bewohner der Oase – während der Sessions mit

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