Mopsküsse: Roman (German Edition)
wieder auf hundertachtzig. Hugo, diese verdammte Kreatur, sollte sich bloß nicht trauen, ihr heute unter die Augen zu treten! Um ihn konnte sich von nun an Georgia ganz alleine kümmern. Was war mit der eigentlich los? Normalerweise war sie spätestens beim dritten Klingeln am Telefon, egal um welche Uhrzeit es läutete. Aber jetzt würde sich hoffentlich gleich der Anrufbeantworter einschalten, und sie könnte versuchen, noch eine Runde zu schlafen.
»Antonella, bist du da? Bitte geh ran! Es ist wirklich dringend! Antonella!!!«
Wie der Blitz sprintete sie in den Gang und griff sich das Telefon. »Georgia, was ist denn los? Wo bist du überhaupt?«
»In der Uniklinik. Kannst du mich abholen?«, sagte Georgia mit schwacher Stimme.
»O Gott, Georgilein, geht’s dir gut?«
»Könnte besser sein … Holst du mich jetzt bitte gleich ab? Ich stehe schon an der Anmeldung.«
»Natürlich! Bin schon unterwegs.«
Antonella ließ das Telefon fallen, sprang in Jeans und T-Shirt, schnappte sich ihr Fahrrad und sauste los. Während der Fahrt versuchte sie sich auszumalen, was denn passiert sein könnte. Hatte sich Georgia beim Yoga verletzt? Nein, dann hätte dieser Simon bestimmt gleich angerufen und Bescheid gesagt. Ein Unfall! Bestimmt hatte Georgia auf dem Rückweg einen Unfall gehabt und war bewusstlos gewesen. Wie schrecklich! Als sie im Krankenhaus eintraf, wartete Georgia wie angekündigt im Eingangsbereich auf sie. Antonella hatte alle Mühe, ihr Entsetzen zu verbergen. So elend hatte sie Georgia bisher noch nie gesehen. Und ihre eigenartige Aufmachung tat ein Übriges: Der rechte Arm steckte in einer Schlinge, und sie selbst war nur notdürftig mit einem merkwürdigen schwarzen Laken bekleidet. An den Füßen trug sie Hotelschlappen, die ihr etwa fünf Nummern zu groß waren. Es war also noch schlimmer, als Antonella es sich ausgemalt hatte – ganz offensichtlich war Georgia überfallen worden! »Georgilein, um Himmels willen! Jetzt erzähl doch, was ist passiert?«
»Zuhause«, gab Georgia matt zurück. Ihr erschöpfter Gesichtsausdruck ließ Antonella sofort verstummen. Behutsam führte sie ihre Freundin nach draußen.
»Wo ist denn das Taxi?«, fragte Georgia, die sich suchend umsah.
Antonella schielte verstohlen zu ihrem Rad. »Frechheit, der muss wohl abgehauen sein!« Schnell rief sie einen Wagen. Das Rad würde sie später heimlich abholen. Zuhause steckte sie die Patientin gleich ins Bett. Auf dem Weg in die Küche stolperte sie fast über Hugo, der mit reinstem Gewissen ruhig und tief geschlafen hatte, bis er Georgia im Flur gehört hatte. Als Antonella zwanzig Minuten später mit einem vollbeladenen Frühstückstablett wieder in Georgias Schlafzimmer erschien, lag der fiese schwarze Wicht bereits in die Bettdecke gekuschelt und ließ sich von Georgia mit der unverletzten Linken den Bauch kraulen.
»Jetzt iss erst mal was!« Antonella schenkte Georgia Tee ein und setzte sich auf den Bettrand. »Und dann musst du mir erzählen, was passiert ist.«
Es war ziemlich offensichtlich, dass Georgia diesen Moment so lange wie möglich hinauszögern wollte, denn seit wann schaffte sie es, zum Frühstück gleich zwei Brötchen zu verspeisen?
»Komm, jetzt sag schon, was los ist«, insistierte Antonella schließlich, als Georgia sie bat, ihr auch noch ein drittes Brötchen zu machen. »Und was hast du da eigentlich an? So bist du gestern nicht aus dem Haus gegangen.«
»Nein, natürlich nicht. Das ist ein Sari von Kem. Mit einem ausgekugelten Arm kann man ja nichts anderes anziehen …«
»Ich versteh kein Wort! Wenn Kem dabei war, wieso hat er dich denn dann nicht verteidigt? Oder machen Yogis das nicht, von wegen gewaltfrei und so?«
»Gegen wen hätte er mich denn bitte verteidigen sollen?« Georgia sah nun genauso irritiert aus wie Antonella.
»Ja, du bist doch überfallen worden, oder nicht?«
Antonellas dramatische Schlussfolgerung entlockte Georgia ein leichtes Schmunzeln. Da war mal wieder die wilde Fantasie mit ihrer Freundin durchgegangen. »Nein, ein Überfall war das nicht, zumindest nicht im klassischen Sinne. Das ist alles so peinlich, ich mag es gar nicht erzählen.«
»Jetzt zier dich nicht so! Ich schwör dir, es kann definitiv nicht peinlicher sein als das, was ich gestern Abend erlebt habe! Also erzähl einfach, und danach bekommst du ein paar Schmerztabletten und zur Aufheiterung meine Story.«
»Also gut. Ich war doch gestern bei diesem Yoga- und Meditationsseminar von Kem und
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