Mopsküsse: Roman (German Edition)
Simon. Das war wirklich ganz unglaublich, weißt du, fürchterlich anstrengend, aber total bewusstseinserweiternd …«
»Können wir diesen Teil vielleicht ein bisschen abkürzen«, unterbrach Antonella, die Georgias Yogaspleen weiterhin für ziemlichen Hokuspokus hielt, »und gleich zum entscheidenden Teil kommen?«
»Schon gut! Also, in der Mittagspause hat so ein indischer Koch gecatert, ein ganz hervorragendes ayurvedisches Menü«, Georgia ignorierte Antonellas eindringliches Räuspern, »und als ich das Essen gelobt habe, meinte Kem, er wüsste ein indisches Restaurant hier in Frankfurt, das noch viel besser sei, und da könnten wir ja nach dem Seminar hingehen.«
»Nein, sag bloß, Mr. Sexy Armani hat deinetwegen seine ganzen Jünger versetzt?«
»Sie sind nicht seine Jünger«, korrigierte sie Georgia leicht entrüstet, »aber ja, wir waren alleine essen. Und es war alles perfekt, das kannst du mir glauben, sonst hätte ich doch nie eingewilligt, mit in sein Hotel zu fahren …«
»Wie??? Du bist mit ihm in sein Hotel?« Jetzt war Antonella voll und ganz bei der Sache. Georgia war wohl eines von diesen sprichwörtlich stillen tiefen Wassern!
»Ja, das hätte ich normalerweise bestimmt nicht gemacht«, fuhr Georgia zögernd fort, »aber ich habe wirklich gedacht, das ist es! Das ist der Mann für mich, weißt du, so kultiviert und gebildet und so einfühlsam und …«
»… sexy«, ergänzte Antonella trocken. »Aber inzwischen weißt du, dass er doch nicht der Richtige ist, oder was?«
»Ganz sicher nicht!« Georgia stand das Entsetzen deutlich ins Gesicht geschrieben. »Ich meine, er sieht doch aus wie der perfekte Gentleman, oder? Und so hat er sich auch verhalten, bis wir im Hotel waren. Er hat natürlich eine Suite im ArtHouse, du weißt schon.« Antonella nickte, selbstverständlich kannte sie das neue Designhotel. »Also mir war schon klar, dass er mir nicht seine Briefmarkensammlung zeigen wollte. Aber nach diesem Seminar hatte ich irgendwas Tantrisches erwartet, bewusstseinserweiternd! Und nicht so etwas …«
»Ach, sag bloß, unser cooler Yogi hat eine dunkle Seite?« Antonellas Gesicht strahlte vor Entzücken. Für einen kurzen Moment schien sie glatt vergessen zu haben, dass Georgia ernsthaft verletzt war.
»Nein, es ist bloß … er hat diese Schwäche für das Kamasutra! Ich meine, kannst du dir das vorstellen? Da habe ich einen ganzen Tag lang bis zur Erschöpfung Asanas durchgeturnt, so dass ich schon beim Essen vor Anstrengung kaum noch die Gabel halten konnte. Und dann kommt Kem tatsächlich auf die Idee, dass ich Spaß daran haben könnte, die ganze Nacht Sport zu treiben!«
»Wie – die ganze Nacht?«, fragte Antonella neugierig nach.
»Na ja, irgendwas Bewusstseinserweiterndes macht er wohl schon. Dieser Mensch hat ein … ähm, Durchhaltevermögen … Das ist doch nicht normal!« Georgia klang ernsthaft empört. »Langer Rede kurzer Sinn: Irgendwann war ich so erschöpft, dass mir einfach die Knie weggesackt sind. Dummerweise standen wir da gerade auf den Stufen zum Schlafzimmer. Ich bin gestolpert, und Kem wollte mich noch auffangen, aber da hat er nur noch meinen Arm erwischt. Und das war’s dann. Ich lag am Boden und habe gedacht, ich muss sterben vor Schmerz. Aber ich war sogar zu k.o., um zu schreien, und habe mir nur gedacht: Gott sei Dank, jetzt ist es endlich vorbei.«
Georgia unterbrach sich, weil Antonella – trotz ernsthafter Versuche – das Lachen nicht länger zurückhalten konnte. »Sorry«, gluckste sie, »tut mir echt leid, dass er dir den Arm ausgekugelt hat, aber die Geschichte ist der Knüller! ›Gefahren des Kamasutras. Betroffene erzählen ihre Geschichten‹ – das wäre glatt ein Artikel für eine Frauenzeitschrift, findest du nicht?« Und erneut brach sie in Lachen aus.
Mit etwas mehr Selbstironie erzählte Georgia den Rest der peinlichen Geschichte: Kem hatte gleich erkannt, um was für eine Art von Verletzung es sich handelte, und einen Krankenwagen gerufen. Erst da war wieder Leben in Georgia gekommen, die keinesfalls nackt von zwei Sanitätern auf eine Trage verfrachtet werden wollte. Aber die Schmerzen waren so stark gewesen, dass es Kem trotz eifrigster Bemühungen nicht gelungen war, ihr mehr als den Slip anzuziehen. Daraufhin hatte er sie gerade noch rechtzeitig in seinen schwarzen Seidensari gewickelt. »Ich wäre vor Scham am liebsten im Boden versunken, als der eine Sanitäter Kem nach dem Unfallhergang befragt hat. Aber da war er
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