MoR 01 - Die Macht und die Liebe
tauglichen Mann an Bord nehmen. Ein Verstoß wird mit der Todesstrafe geahndet, sowohl für den Passagier als auch für die Mannschaft.«
Keiner der anwesenden Senatoren sagte etwas, weder der Senatsvorsitzende Scaurus noch Metellus Numidicus, weder der Pontifex maximus Metellus Delmaticus noch Ahenobarbus der Ältere, weder Catulus Caesar noch Scipio Nasica. Gut, dachte Rutilius Rufus. Sie werden sich zumindest nicht gegen dieses Gesetz stellen.
»Jeder verfügbare Beamte wird mit der Rekrutierung von Soldaten, von einfachsten Fußsoldaten bis zu den höchsten Rängen, beauftragt. Das bedeutet auch, eingeschriebene Väter, daß jeder von euch, der unter fünfunddreißig ist, in die Legionen eingezogen wird, unabhängig davon, an wie vielen Kriegszügen er schon teilgenommen hat. Wenn wir dieses Gesetz mit aller Strenge durchführen, können wir wenigstens ein paar Soldaten zusammenbekommen. Aber bei weitem nicht genug, so fürchte ich. Quintus Servilius hatte beinahe jeden landbesitzenden Italiker in seiner Armee und Gnaeus Mallius fast siebzigtausend Besitzlose, entweder als Soldaten oder als nichtkämpfende Männer.
Wir müssen also sehen, welche Armeen wir noch zur Verfügung haben: zwei Legionen in Makedonien, beide von Verbündeten gestellt und beide in Makedonien unabkömmlich, drei Legionen in Spanien, zwei in Hispania Ulterior und eine in Hispania Citerior, zwei davon sind römische Legionen, eine besteht aus Soldaten von Verbündeten. Sie müssen nicht nur in Spanien bleiben, sondern unbedingt verstärkt werden. Die Germanen beabsichtigen ja schließlich, nach Spanien zu ziehen.« Er machte eine Pause.
Der Senatsvorsitzende Scaurus wurde wieder lebendig. »Nun mach schon, Publius Rutilius!« Er klang gereizt. »Komm endlich zur Sache - zu Africa und zu Gaius Marius!«
Rutilius Rufus blinzelte und heuchelte Überraschung. »Oh, ich danke dir, princeps senatus , ich danke dir sehr! Wenn du das nicht erwähnt hättest, hätte ich womöglich nicht daran gedacht! Du wirst ganz zu Recht der Wachhund des Senats genannt! Was würden wir nur ohne dich tun?«
»Verschone mich mit deinem Sarkasmus, Publius Rutilius!« knurrte Scaurus. »Mach endlich weiter.«
»Natürlich! Meines Erachtens gibt es zu Africa drei Dinge zu sagen: Erstens wurde der Krieg dort erfolgreich beendet, der Feind ist vernichtend geschlagen, der feindliche König und seine Familie warten in diesem Moment hier in Rom auf ihre gerechte Bestrafung. Sie befinden sich als Gäste im Haus unseres edlen Quintus Caecilius Metellus Schweine... hoppla! Ich bitte dich vielmals um Verzeihung, Quintus Caecilius, ich meine selbstverständlich Numidicus! Nun, sie befinden sich hier in Rom.
Zweitens besteht die africanische Armee aus sechs Legionen - alle Plebejer, zugegeben, doch sie sind tapfer, ausgezeichnet trainiert und werden von hervorragenden Offizieren befehligt - vom jüngsten Zenturio bis hin zu den Legaten. Zu der Armee gehören außerdem zweitausend Reiter, ebenfalls sehr erfahren und tapfer.«
Rutilius Rufus machte eine Pause, wippte von den Fersen auf die Fußspitzen und zurück und bedachte seine Zuhörer dann mit einem wölfischen Grinsen. »Der dritte Punkt schließlich, patres conscripti , ist ein Mann. Ein einziger Mann. Ich meine natürlich Gaius Marius, den Oberbefehlshaber der africanischen Armee. Er ist der einzige, der einen so uneingeschränkten Sieg erringen konnte, daß er mit den Siegen von Scipio Aemilianus gleichzusetzen ist. Numidien wird sich nie mehr gegen uns erheben. Die Bedrohung für die römische Provinz Africa, die römischen Bürger und den römischen Besitz gibt es nicht mehr, die Weizenlieferungen aus Africa sind gesichert. Gaius Marius hinterläßt ein Land, das so vollständig unterworfen und befriedet ist, daß wir nicht einmal eine Legion dort lassen müssen.«
Er trat vom Podium herab, auf dem die Elfenbeinstühle der Inhaber von kurulischen Ämtern standen, und ging über die schwarzweißen Fliesen der Halle zu den Bronzetüren. Dort stellte er sich so, daß die Menschen auf dem Forum ihn besser verstehen konnten.
»Rom braucht einen fähigen Feldherren, und zwar noch dringender als Soldaten und Zenturionen. Gaius Marius selbst sagte einmal hier vor diesem Senat, daß in den paar Jahren seit Gaius Gracchus’ Tod Tausende und Abertausende römischer Soldaten sterben mußten, nur weil sie von unfähigen Feldherren geführt wurden! Als Gaius Marius diese Worte sprach, war Rom noch um hunderttausend Mann
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