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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Priester in Toga mit verhülltem Haupt Weihrauch in die Kohlen auf dem Dreifuß streute und dazu die Gebete zum Sonnenuntergang sprach.
    »Warum ist dieser Tierzauber eigentlich so wichtig?« fragte Marius.
    »Die Gallier sind sehr abergläubisch. Sie glauben, daß in allen wilden Tieren Geister wohnen. Soviel ich weiß, gilt das auch für die Kimbern. Quintus Sertorius wird sich als Schamane eines spanischen Stammes verkleiden, der in einer so abgelegenen Gegend lebt, daß sogar die Stämme der Pyrenäen ihn kaum kennen.«
    »Wann willst du aufbrechen?«
    »Sehr bald. Es wäre mir allerdings lieber, wenn du Quintus Sertorius in den Plan einweihen würdest. Er kommt sicher gern mit, aber er ist dir völlig ergeben. Es ist also besser, wenn du es ihm sagst.« Sulla schneuzte sich. »Niemand anders darf davon erfahren. Niemand!«
    »Ganz deiner Meinung. Allerdings gibt es drei Sklaven, die etwas wissen: die Sklaven, die dich und Sertorius in ihren Sprachen unterrichtet haben. Willst du, daß sie verkauft und mit dem Schiff in eine entlegene Provinz gebracht werden?«
    »Warum so viele Umstände?« fragte Sulla überrascht. »Ich wollte sie töten.«
    »Eine ausgezeichnete Idee. Allerdings verlierst du dabei Geld.«
    »Aber kein Vermögen«, sagte Sulla leichthin. »Nimm es als meinen Beitrag zum Erfolg dieses Feldzugs gegen die Germanen.«
    »Ich werde sie töten lassen, sobald du weg bist.«
    Sulla schüttelte den Kopf. »Nein, ich tue die dreckige Arbeit selbst. Und zwar jetzt gleich. Sie haben mir und Quintus Sertorius beigebracht, was sie wissen. Morgen schicke ich sie mit einem Auftrag nach Massilia.« Er streckte sich und gähnte ausgiebig. »Ich kann gut mit Pfeil und Bogen umgehen, Gaius Marius. Und die Salzmarschen sind sehr einsam. Jeder wird glauben, sie seien weggelaufen. Auch Quintus Sertorius.«
    Ich bin der Erde zu nahe, dachte Marius. Nicht, daß es mir etwas ausmachen würde, kaltblütig Menschen umzubringen. Das gehört zum Leben, wie wir es kennen, und kein Gott wird dadurch gekränkt. Aber Sulla gehört einem alten römischen Patriziergeschlecht an. Er steht zu hoch über der Erde. Ein wahrer Halbgott. Und Marius fielen die Worte der syrischen Prophetin Martha ein, die in diesem Augenblick als Ehrengast in seinem Haus in Rom weilte. Ein weit größerer Römer als er, gleichfalls ein Gaius, aber ein Julius, kein Marius... Fehlte ihm das? Jener fast schon göttliche Tropfen patrizischen Blutes? Ende September schrieb Publius Rutilius Rufus in einem Brief an Gaius Marius:
    Publius Licinius Nerva hat sich endlich dazu durchgerungen, dem Senat die Lage in Sizilien in völliger Offenheit zu schildern. Natürlich erhältst Du als Konsul seinen offiziellen Bericht; aber Du wirst zuerst meine Version hören, denn ich weiß, daß Du meinen Brief vor dem langweiligen offiziellen Schreiben lesen wirst, und deshalb habe ich ihm einen Platz in der Tasche des Kuriers gesichert.
    Bevor ich Dir allerdings über Sizilien schreibe, muß ich bis zum Anfang des Jahres zurückgehen. Wie du weißt, empfahl damals der Senat den Tribus des Volkes, ein Gesetz zu verabschieden, nach dem überall in unserem Reich Sklaven, die den Völkern unserer italischen Bundesgenossen angehören, befreit werden sollen. Du weißt wahrscheinlich nicht, daß das Gesetz zu unvorhergesehenen Komplikationen führte - daß nämlich die Sklaven anderer Abstammung, besonders jener Völker, die offiziell Freunde und Verbündete des römischen Volkes genannt werden, entweder das Gesetz auch auf sich bezogen oder aber sehr unzufrieden waren, daß es nicht auch für sie galt. Die Unzufriedenheit war besonders stark bei den griechischen Sklaven, die die Mehrheit der Sklaven stellen, die auf den Getreidefeldern Siziliens und zu verschiedenen Zwecken in der Campania eingesetzt werden.
    Der zwanzigjährige Sohn des Titus Vettius, eines Ritters und römischen Vollbürgers aus der Campania, wurde im Februar ganz offensichtlich verrückt. Ursache dafür waren Schulden: er hatte sich verpflichtet, sieben Talente Silber für - ausgerechnet! - ein skythisches Sklavenmädchen zu zahlen. Da der alte Titus Vettius ein Geizhals ersten Ranges ist und obendrein viel zu alt als Vater eines Zwanzigjährigen, borgte der junge Titus Vettius das Geld zu einem enormen Zins und verpfändete seine gesamte Erbschaft. Natürlich war er den Geldverleihern so hilflos ausgeliefert wie ein gerupftes Hühnchen, und sie bestanden darauf, daß er ihnen das Geld nach Ablauf von

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