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MoR 01 - Die Macht und die Liebe

MoR 01 - Die Macht und die Liebe

Titel: MoR 01 - Die Macht und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Lagebesprechung im Feldstab. »Kein germanischer Fuß wird italienischen Boden berühren!« wiederholte er, erhob sich majestätisch von seinem Stuhl und blickte seine Offiziere der Reihe nach an. »Wir marschieren los!«
    Sulla starrte ihn entsetzt an. »Wir marschieren?« fragte er. »Wohin denn?«
    »Natürlich die Etsch hinauf«, antwortete Catulus Caesar. Sein Gesichtsausdruck zeigte deutlich, daß er Sulla für einen ausgemachten Dummkopf hielt. »Ich werde die Germanen über die Alpen zurückjagen, bevor der erste Schnee mich daran hindert.«
    »Wie weit die Etsch hinauf?« fragte Sulla.
    »Bis wir auf sie stoßen.«
    »In dem engen Etschtal?«
    »Natürlich«, sagte Catulus Caesar. »Wir sind den Germanen überlegen. Wir haben ein diszipliniertes Heer, sie sind nur ein riesiger, unorganisierter Haufen. Das ist unsere beste Chance.«
    »Eine gute Chance haben wir nur, wenn die Legionen genügend Platz haben, um sich zu formieren«, widersprach Sulla.
    »Im Etschtal gibt es mehr als genug Platz für die Legionen, sich zu formieren.« Und Catulus Caesar duldete keine weitere Widerrede.
    Sulla verließ den Feldstab in völliger Verwirrung, die Pläne, die er für die Begegnung mit den Kimbern ausgearbeitet hatte, waren jetzt überflüssig geworden. Er hatte sogar geübt, wie er Catulus Caesar die passende Alternative so einflüstern könnte, daß dieser sie für seinen eigenen Einfall halten würde. Jetzt mußte Sulla feststellen, daß seine Pläne nutzlos waren, daß er nicht einmal einen neuen Plan entwerfen konnte. Jedenfalls nicht, bevor er Catulus Caesar überredet hatte, seinen Entschluß zu ändern.
    Aber Catulus Caesar dachte nicht daran, seinen Entschluß zu ändern. Er gab den Befehl zum Aufbruch und marschierte an der Etsch entlang. Der Strom floß wenige Meilen östlich am Gardasee vorbei, dem größten der wunderbaren Alpenseen, die in den Lücken zwischen den Vorhügeln der italischen Alpen lagen. Und je weiter das kleine Heer zog - es bestand aus 22 000 Soldaten, 2 000 Reitern und etwa 8 000 nichtkämpfenden Männern -, desto enger und abweisender wurde das Etschtal.
    Endlich erreichte Catulus Caesar einen Handelsposten namens Tridentum. Hier ragten drei mächtige Alpenberge in die Höhe, drei bizarre Gipfel, die dem Ort seinen Namen gegeben hatten: die drei Zähne. Die Etsch floß hier sehr tief und reißend, denn sie entsprang hoch in den Bergen im ewigen Schnee und führte deshalb das ganze Jahr über viel Wasser. Hinter Tridentum verengte sich das Tal noch mehr, bis der Weg, der sich zum Dorf hinabwand, an einer Stelle endete, wo der Fluß reißend unter einer langen Holzbrücke auf Steinblöcken hindurchschoß.
    Catulus Caesar, der mit seinen Offizieren an der Spitze des Heeres ritt, blickte sich um und nickte zufrieden.
    »Das hier erinnert mich an die Thermopylen«, sagte er. »Die Stelle ist wie geschaffen, um die Germanen aufzuhalten, bis sie aufgeben und sich wieder nach Norden zurückziehen.«
    »Die Spartaner sind bei der Verteidigung der Thermopylen gefallen, bis auf den letzten Mann«, warf Sulla ein.
    Catulus Caesar hob hochmütig die Augenbrauen. »Und welche Rolle spielt das, wenn wir die Germanen zurückschlagen?«
    »Aber sie werden sich nicht zurückziehen, Quintus Lutatius! Bei einem Rückzug nach Norden hätten sie nichts als Schnee vor sich. Ihr Proviant ist aufgebraucht, und nur ein paar Meilen südlich von hier liegt die ganze fruchtbare Landschaft des italischen Gallien!« Sulla schüttelte heftig den Kopf. »Wir werden sie hier nicht aufhalten.«
    Die anderen Offiziere wurden unruhig, denn im Verlauf des Marsches an der Etsch entlang hatten alle Sullas Befürchtungen eingesehen, und ihr gesunder Menschenverstand sagte ihnen, daß Catulus Caesars Entscheidung töricht war. Sulla hatte ihnen seine Befürchtungen genau dargelegt, denn wenn er Catulus Caesar gewaltsam davon abhalten mußte, seine Legionen sinnlos zu opfern, würde er die Unterstützung aller hohen Offiziere des Heeres benötigen.
    »Wir stellen uns hier zum Kampf«, entschied Catulus Caesar, und von diesem Entschluß war er nicht mehr abzubringen. Er träumte von dem unsterblichen Leonidas und seiner kleinen Gruppe von Spartanern. Welche Rolle spielte es schon, daß der Körper starb, wenn dafür ewiger Ruhm winkte?
    Die Kimbern waren jetzt sehr nahe. Die Römer hätten ihren Marsch über Tridentum hinaus gar nicht mehr fortsetzen können, selbst wenn Catulus Caesar es gewollt hätte. Dennoch bestand er

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