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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Tullius.«
    »Erster Name und Familienname des Vaters?«
    »Marcus Tullius.«
    »Erster Name und Familienname des Großvaters?«
    »Marcus Tullius.«
    »Tribus?«
    »Cornelia.«
    »Beiname, falls vorhanden?«
    »Cicero.«
    »Klasse?«
    »Erste — eques.«
    »Hat der Vater ein Staatsroß?«
    »Nein.«
    »Kannst du dir eine eigene Ausrüstung leisten?«
    »Natürlich!«
    »Du gehörst einer ländlichen Tribus an. Welcher Bezirk?«
    »Arpinum.«
    »Sieh an, das Land von Gaius Marius! Wer ist der Patron deines Vaters?«
    »Lucius Licinius Crassus Orator.«
    »Also augenblicklich keiner?«
    »Augenblicklich keiner, nein.«
    »Schon ein militärisches Training absolviert?«
    »Nein.«
    »Kannst du bei einem Schwert oben und unten unterscheiden?«
    »Wenn du damit meinst, ob ich damit umgehen kann, nein.«
    »Ein Pferd reiten?«
    »Ja.«
    Der Vorsitzende schrieb zu Ende und blickte mit säuerlichem Lächeln auf. »Komm zwei Tage vor den Nonen des Januars wieder, Marcus Tullius. Dann erfährst du, wohin du abkommandiert wirst.«
    Damit war es geschehen. Ausgerechnet an seinem Geburtstag mußte er sich wieder melden. Cicero verließ die Bude zutiefst gedemütigt. Sie hatten nicht bemerkt, wer er war! Und sie hatten seine Glanzleistungen auf dem Forum doch sicher gesehen oder wenigstens davon gehört! Falls sie ihn doch erkannt hatten, hatten sie es jedenfalls geschickt übergangen. Und jetzt wollten sie ihn offenbar zum Soldaten machen. Wenn er um eine Arbeit als Schreiber gebeten hätte, wäre er in ihren Augen ein Feigling gewesen. Er war klug genug, daß er das erkannt und geschwiegen hatte. Eines Tages, in einigen Jahren, wollte er für das Amt des Konsuls kandidieren, und dann sollte es keinen Makel in seiner Vergangenheit geben, den ein Gegenkandidat sich zunutze machen konnte.
    Da seine Freunde alle älter waren, konnte er sich keinem anvertrauen. Sie leisteten fern von Rom Militärdienst, von Titus Pomponius über die verschiedenen Neffen und Großneffen seines verstorbenen Patrons bis hin zu seinen eigenen Vettern. Der junge Sulla, der einzige Freund, den er in Rom vielleicht noch angetroffen hätte, war tot. Er konnte nur nach Hause gehen. Er lenkte seine Schritte in Richtung des Viertels Vicus Cuprius und trottete dann, ein Häufchen Elend, zum Haus seines Vaters im Viertel Carinae.
    Jeder männliche römische Bürger, der das siebzehnte Lebensjahr erreicht hatte, mußte sich zum Militärdienst melden, neuerdings sogar die Besitzlosen. Cicero war es vor Ausbruch des Krieges gegen die Italiker freilich nie in den Sinn gekommen, daß man je von ihm verlangen würde, als richtiger Soldat zu dienen. Er hatte die Absicht gehabt, seine Lehrer vom Forum dafür sorgen zu lassen, daß er ein Tätigkeitsfeld bekam, wo er mit seinem literarischen Talent glänzen konnte. Außer bei einer Parade hätte er nie ein Kettenhemd oder Schwert tragen müssen. Nun war nur allzu deutlich, daß ihm dieses Glück nicht beschieden sein würde. Cicero schwante, daß man ihn zu einer Lebensweise zwingen würde, die er verabscheute, und daß er vielleicht sogar sterben würde.
    Sein Vater, der in Rom nie richtig glücklich gewesen war und sich nie wohl gefühlt hatte, war nach Arpinum zurückgekehrt und bereitete dort seine ausgedehnten Ländereien für den Winter vor. Cicero wußte, daß sein Vater erst nach Rom zurückkehren würde, wenn er selbst, der älteste Sohn, schon eingezogen wäre. Sein jüngerer Bruder, der jetzt achtjährige Quintus, hatte den Vater nach Hause begleitet. Er hatte nicht die glänzenden Fähigkeiten wie Marcus und mochte eigentlich das Leben auf dem Land lieber. Deshalb hatte Ciceros Mutter Helvia in Rom bleiben müssen, um für den Sohn zu sorgen, was sie freilich nicht gerne tat.
    »Du gehst einem bloß auf die Nerven!« sagte sie, als er eintrat, so einsam und unglücklich, daß er sogar in ihr eine mitfühlende Zuhörerin suchte. »Ohne dich wäre ich jetzt zu Hause bei deinem Vater. Und die unverschämt teure Miete für das Haus brauchte ich auch nicht zu zahlen. In der ganzen Stadt gibt es keinen anständigen Sklaven, alles Diebe und Gauner! Ständig muß ich die Abrechnungen prüfen und sie bei jedem Handgriff überwachen. Sie panschen den Wein, stellen mir die besten Oliven für die schlechtesten in Rechnung, bringen beim Einkauf bloß die halbe Menge Brot und Öl, die man uns berechnet. Und sie fressen und saufen zuviel. Ich muß wohl selbst einkaufen gehen.« Sie holte tief Luft. »Und alles bloß wegen

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