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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Sie waren Verbannte, die ihre Bürgerrechte verloren hatten und nie mehr nach Rom zurückkehren durften. Einer von ihnen war Publius Rutilius Rufus, der Freund namhafter Römer und ein geehrter und geachteter Bürger der Stadt Smyrna, der für seine frechen Porträts von Männern wie Catulus Cesar und Metellus Numidicus Schweinbacke bekannt war.
    Alles hatte hervorragend geklappt, dachte König Mithridates Anfang des Monats Anthesterion, des römischen Sextilis. Von Milet bis Andramyttium und von der Provinz Asia bis Bithynien hatten seine Satrapen die entscheidenden Positionen besetzt. Es gab keinen Anwärter auf den bithynischen Thron mehr. Der einzige von Mithridates akzeptierte Kandidat, Sokrates, war tot, denn als Sokrates nach Pontos zurückgekehrt war, fiel er dem König durch sein ständiges Gejammer so auf die Nerven, daß dieser ihn tötete, um ihn zum Schweigen zu bringen. Ganz Anatolien nördlich von Lykien, Pamphylien und Kilikien gehörte jetzt zu Pontos, und auch der Rest würde ihm bald gehören.
    Alles klappte hervorragend. Sein Sohn Mithridates regierte in Pontos. Um sich seiner Loyalität zu versichern, hatte der König die Frau und die Kinder seines Sohnes mit in die Provinz Asia genommen. Sein Sohn Ariarathes war König von Kappadokien, und Phrygien, Bithynien, Galatien und Paphlagonien waren königliche Satrapien, die unter dem persönlichen Befehl seiner älteren Söhne standen. Sein Schwiegersohn Tigranes von Armenien konnte östlich von Kappadokien tun und lassen, was er wollte, solange er Pontos nicht zu nahe kam. Sollte Tigranes nur Syrien und Ägypten erobern, das würde ihn eine Weile beschäftigen! Mithridates runzelte die Stirn. Die Ägypter würden keinen fremden König in ihrem Land dulden, also mußte ein Marionettenkönig, ein Ptolemäer eingesetzt werden. Falls eine solche Person überhaupt zu finden war. Die ägyptischen Königinnen würden aber auf jeden Fall Töchter des Mithridates sein. Er würde nicht zulassen, daß Tigranes’ Töchter einen Platz einnahmen, der seinen eigenen Töchtern zustand.
    Am beeindruckendsten waren die Erfolge der königlichen Flotte, wenn man von der blamablen Niederlage Aristions und seines »ausgezeichneten Admirals und erfahrenen Feldherrn Apellikon« einmal absah. Denn die Invasion der Athener auf Delos hatte sich als Fiasko herausgestellt. Dann aber nahm sich Archelaos der Insel an, der bereits die Kykladen eingenommen hatte. Auch auf Delos wurden über zwanzigtausend Römer, Latiner und Italiker umgebracht. Um Aristions Herrschaft zu sichern, unterstellte der pontische General Delos der Herrschaft Athens; außerdem waren die pontischen Flotten auf den Hafen von Piräus als westlichen Stützpunkt angewiesen.
    Auch die Insel Euböa war jetzt in pontischer Hand, ebenso die Insel Skiathos und ein beträchtlicher Teil Thessaliens um die Bucht von Pagasai einschließlich der bedeutenden Häfen von Demetrias und Methone. Die Besetzung dieser nordgriechischen Regionen erlaubte den pontischen Truppen, die von Thessalien nach Zentralgriechenland führenden Straßen zu sperren — eine Maßnahme, die die verbleibenden Teile Griechenlands dazu bewegte, sich auf Mithridates’ Seite zu schlagen. Der Peloponnes, Boiotien, Lakonien und Attika huldigten nun dem König von Pontos als dem Befreier aus römischer Unterdrückung — und richteten sich darauf ein, daß Macedonia von den Armeen und Flotten des Königs wie eine Wanze zertreten würde.
    Zum gegenwärtigen Zeitpunkt erwies sich Macedonia freilich als uneinnehmbar. Gaius Sentius und Quintus Bruttius Sura sahen sich zwar auf einmal zwischen den zerstrittenen griechischen Stämmen und den auf der Via Egnatia vorrückenden pontischen Landstreitkräften eingezwängt, sie bewahrten aber dennoch die Ruhe und zogen eine Kapitulation nicht in Erwägung. In aller Eile rekrutierten sie soviel Freiwillige wie möglich und vereinten sie mit den einzigen beiden römischen Legionen, die Macedonia dem pontischen König entgegenstellen konnte. Pontos würde Macedonia nicht bekommen, ohne einen bitteren Preis dafür zu bezahlen.

    Der Spätsommer begann zunächst recht ereignislos. Mithridates hatte sich in Pergamon eingerichtet und war unumstrittener Herrscher Kleinasiens. Als einzige interessante Unternehmung blieb ihm noch die Besichtigung der Leichenberge, von denen er die größten jedoch bereits gesehen hatte. In der Provinz Asia gab es zwei Städte mit dem Namen Stratonikeia. Die größere von beiden lag in

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