MoR 02 - Eine Krone aus Gras
an, als trüge er die Schuld? Aber er war schuldig! Er wußte es. Sie hatten keine Ahnung.
Und wenn sie es nicht verstehen, dachte Sulpicius, dann warte ich ab, bis dieser neue Krieg — warum müssen wir ständig Kriege führen? — in Gang ist. Männer wie Quintus Lutatius und Lucius Cornelius Sulla werden in den Krieg ziehen, sie können mir also hier in Rom nicht in die Quere kommen. Ich kann warten. Ich werde den richtigen Augenblick abpassen. Und dann den Senat liquidieren. Die erste Klasse liquidieren.
»Lucius Cornelius Sulla«, sagte der Senatsvorsitzende Flaccus, »im Namen des Senates und des Volkes von Rom beauftrage ich dich, den Krieg gegen Mithridates zu führen.«
»Wo sollen wir nur das Geld hernehmen?« fragte Sulla später beim Abendessen in seinem neuen Haus.
Mit ihm speisten die Brüder Caesar, der Jupiterpriester Lucius Cornelius Merula, der Zensor Publius Licinius Crassus, der Bankier und Händler Titus Pomponius, der Bankier Gaius Oppius, der Pontifex Maximus Quintus Mucius Scaevola und Marcus Antonius Orator, der an diesem Tag nach längerer Krankheit in den Senat zurückgekehrt war. Sullas Gäste sollten helfen, diese Frage zu beantworten — wenn es überhaupt eine Antwort gab.
»Hat das Schatzamt denn wirklich kein Geld?« fragte Antonius Orator ungläubig. »Ich meine, wir kennen die städtischen Quästoren und Beamten des Schatzamtes doch alle — sie versichern beharrlich, die Staatskasse sei leer, auch wenn dort reichlich Geld vorhanden ist.«
»Glaube mir, Marcus Antonius, dort ist nichts«, sagte Sulla überzeugt. »Ich war selbst mehrere Male dort — und habe sorgfältig darauf geachtet, daß niemand von meinem Kommen wußte.«
»Und der Tempel der Ops?« fragte Catulus Caesar.
»Ebenfalls leer.«
»Wir könnten alle Grundstücke verkaufen, die der Staat noch in der Umgebung des Forum Romanum besitzt«, sagte Merula. »Dazu brauchen wir nicht das Volk zu fragen.«
Alle schwiegen entsetzt.
»Die Zeit war nie ungünstiger für den Verkauf staatlichen Eigentums«, jammerte Titus Pomponius. »Der Markt ist momentan nur für Käufer günstig.«
»Ich fürchte, ich weiß nicht einmal, was außer den Häusern der Priester dem Staat gehört«, sagte Sulla, »und die können wir unmöglich verkaufen.«
»Natürlich, die zu verkaufen wäre Frevel«, sagte Merula, der in einem solchen Haus wohnte. »Es gibt allerdings noch andere Grundstücke. Die Hänge des Kapitols diesseits der Porta Fontinalis und gegenüber von Velabrum. Erstklassiges Land für große Häuser. Dann das Gelände, zu dem Hauptmarkt und Macellum Cuppedenis gehören. Beide Grundstücke könnten unterteilt werden.«
»Den Verkauf aller Grundstücke kann ich auf keinen Fall gutheißen«, sagte Sulla entschieden. »Die Gelände um den Hauptmarkt, ja. Dort sind nur Märkte und der Spielplatz der Liktorenschule. Auch einen Teil des Kapitols — in Richtung Velabrum westlich des Clivus Capitolinus — und von der Porta Fontinalis bis zu den Lautumiae. Aber keine Grundstücke auf dem Forum oder auf dem Kapitol in Richtung Forum.«
»Ich kaufe die Märkte«, sagte Gaius Oppius.
»Nur, wenn niemand mehr bietet«, sagte Pomponius, der ebenfalls Interesse daran hatte. »Denn damit es gerecht zugeht und wir den besten Preis erzielen, muß alles versteigert werden.«
»Vielleicht sollten wir den Hauptmarkt behalten und nur den Gewürzmarkt verkaufen«, sagte Sulla, dem es ein Greuel war, aus Not diese herrlichen Grundstücke versteigern zu müssen.
»Ich bin ganz deiner Meinung, Lucius Sulla«, sagte Catulus Caesar.
»Auch ich schließe mich an«, sagte Lucius Caesar.
»Wenn wir den Cuppedenis verkaufen, werden die Mieten für die Gewürz- und Blumenhändler vermutlich steigen«, sagte Antonius Orator. »Die werden sich bei uns bedanken!«
Aber Sulla hatte eine andere Idee. »Und wenn wir das Geld leihen?«
»Wo?« Merula sah ihn mißtrauisch an.
»In den Tempeln von Rom. Und unsere Schulden begleichen wir dann aus der Kriegsbeute. Juno Lucina, Venus Libitina, Juventas, Ceres, Juno Moneta, Magna Mater, Castor und Pollux, die beiden Jupiter Stator, Diana, Hercules Musarum, Hercules Olivarius — sie alle sind reich.«
»Nein!« riefen Scaevola und Merula gleichzeitig.
Ein schneller Blick in die Runde belehrte Sulla, daß er auch bei den anderen nicht mit Unterstützung rechnen konnte. »Also gut, wenn die römischen Tempel nicht für meinen Feldzug bezahlen dürfen, hättet ihr etwas dagegen, wenn die
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