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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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entschlossener Miene trat er vor seinen Passagier. »Es tut mir leid, Gaius Marius, ich bin ein angesehener Mann, der ein Schiff und ein Geschäft hat. Ich habe noch nie in meinem Leben etwas geschmuggelt, und ich fange jetzt nicht mehr damit an. Ich habe immer die Hafengebühren und die Verbrauchssteuern bezahlt, und niemand in Ostia oder Puteoli kann das Gegenteil behaupten. Und jetzt muß ich immerzu denken, daß der ungünstige Wind ein Zeichen der Götter an mich ist. Pack deine Sachen, dann helfe ich dir ins Ruderboot. Du mußt dir ein anderes Schiff suchen. Ich habe dich mit keinem Wort verraten, aber meine Matrosen werden früher oder später reden. Wenn du dich gleich auf den Weg machst und nicht versuchst, hier ein anderes Schiff zu mieten, wirst du schon durchkommen. Geh nach Tarracina oder Caieta und versuche es dort.«
    »Ich danke dir, daß du mich nicht verraten hast, Publius Murcius«, sagte Marius freundlich. »Wieviel schulde ich dir noch für die Fahrt hierher?«
    Doch Murcius lehnte eine zusätzliche Bezahlung ab. »Was du mir in Ostia gegeben hast, genügt. Jetzt geh bitte!«
    Mit Murcius’ Hilfe und der Hilfe zweier Sklaven, die an Bord geblieben waren, gelang es Marius, unbemerkt das Ruderboot zu besteigen. Er sah sehr alt und niedergeschlagen aus. Er war ganz allein, und Publius Murcius hatte den Eindruck, daß Marius’ Hinken in den sechzehn Tagen auf See schlimmer geworden war. Obwohl der Kapitän mürrisch und schlechtgelaunt war, brachte er es nicht fertig, Marius an einer Stelle an Land zu setzen, wo er schnell festgenommen werden würde, deshalb setzte er ihn ein ganzes Stück südlich von Circei am Ufer ab und schickte einen der beiden Sklaven los. Dann warteten sie mehrere Stunden, bis der Sklave mit einem Mietpferd und einem Proviantpaket zurückkam.
    »Es tut mir wirklich sehr leid«, sagte Publius Murcius traurig, als er und die beiden Sklaven Marius mit viel Mühe auf sein Pferd gehievt hatten. »Ich würde dir gerne noch weiterhelfen, aber ich traue mich nicht.« Er zögerte, dann brach es aus ihm heraus. »Du bist wegen Hochverrats verurteilt worden. Wenn du geschnappt wirst, wird man dich töten.«
    Marius starrte ihn fassungslos an. »Hochverrat?«
    »Du und alle deine Freunde wurden vor den Zenturien angeklagt und von den Zenturien verurteilt.«
    »Die Zenturien!« Marius schüttelte benommen den Kopf.
    »Reite jetzt besser los«, sagte Murcius. »Viel Glück.«
    »Auch du wirst jetzt Glück und einen günstigeren Wind haben, weil du die Ursache deines Unglücks los bist«, sagte Marius. Er trat seinem Pferd in die Seiten und trabte in ein Wäldchen hinein.
    Er hatte recht gehabt, aus Rom zu fliehen, dachte er. Die Zenturien! Sulla war entschlossen, ihn zu töten. Während der letzten zwölf Tage hatte Marius mit sich gehadert, weil er Rom verlassen hatte. Hatte Sulpicius doch recht gehabt? Aber es war zu spät für eine Rückkehr gewesen. Und jetzt erfuhr er, daß er doch richtig gehandelt hatte! An einen Prozeß vor den Zenturien hatte er allerdings nicht im Traum gedacht. Er kannte Sulla, und er hatte angenommen, Sulla wolle sie heimlich umbringen lassen. Und jetzt ein Prozeß! Für so dumm hätte er ihn nicht gehalten! Oder was für einen Grund hatte Sulla?
    Sobald Marius die menschlichen Behausungen hinter sich gelassen hatte, stieg er vom Pferd und ging zu Fuß weiter. Seine Schwäche machte das Reiten zur Qual, aber das Tier war nützlich, um das Gold und die Münzen zu tragen. Wie weit war es noch bis Minturnae? Ungefähr fünfunddreißig Meilen, wenn er sich von der Via Appia fernhielt. Er kam durch Sumpfland, in dem es von Stechmücken wimmelte, das aber nur dünn besiedelt war. Da er wußte, daß sein Sohn nach Tarracina unterwegs war, vermied er diese Stadt. Minturnae war auch sehr geeignet — eine große und ruhige Stadt, wohlhabend und fast unberührt vom italischen Bürgerkrieg.
    Er benötigte vier Tage für die Reise. Vier Tage, in denen er kaum etwas aß, nachdem er seinen Proviant verzehrt hatte. Nur von einer allein lebenden, alten Frau bekam er einmal eine Schale mit Gemüsebrei, und mit einem vagabundierenden Samniten, der sich erbot, etwas einzukaufen, wenn Marius ihm das Geld dafür gebe, teilte er etwas Brot und Hartkäse. Weder die alte Frau noch der Samnite hatten Grund, ihre Wohltätigkeit zu bedauern, denn Marius belohnte beide mit einem kleinen Goldstück.
    Seine linke Seite fühlte sich an wie ein bleiernes Gewicht, das er überallhin

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