Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
Vom Netzwerk:
von seinem Urin in eine flache Schüssel und stellte sie ins Freie. Alle möglichen Insekten schwirrten herbei und tranken davon. Lucius Cornelius scheidet konzentrierten Honig aus.«
    »Und verliert sichtlich an Gewicht«, sagte Metrobius.
    Valeria hielt den Atem an und schluckte trocken. »Wird er sterben?«
    »Ja«, erwiderte Lucius Tuccius. »Abgesehen von dem Honig — ich weiß nicht, was es bedeutet, nur, daß es tödlich ist — ist seine Leber krank. Zu viel Wein.«
    Metrobius’ Augen füllten sich mit Tränen. Seine Lippen zitterten, und er seufzte. »Das war zu erwarten.«
    »Was sollen wir tun?« fragte Valeria.
    »Abwarten, Herrin.« Sie sahen zu, wie Lucius Tuccius davonging, um sich um seinen Patienten zu kümmern. Dann sagte Metrobius ohne eine Spur von Traurigkeit: »Ich habe ihn so viele Jahre geliebt. Vor langer Zeit bat ich ihn einmal, bei ihm bleiben zu dürfen, auch wenn ich dafür mein angenehmes Leben gegen ein hartes hätte eintauschen müssen. Er lehnte ab.«
    »Er hat dich zu sehr geliebt«, meinte Valeria sentimental.
    »Nein! Er war in die Vorstellung von seiner patrizischen Herkunft verliebt. Er wußte, was er wollte, und das zählte weit mehr als ich.« Metrobius drehte sich um und blickte sie mit hochgezogenen Brauen an. »Hast du noch nicht begriffen, daß Liebe für verschiedene Menschen verschiedene Bedeutungen hat und daß sie nicht immer im gleichen Maß erwidert wird? Ich habe ihm nie Vorwürfe gemacht. Wie sollte ich auch? Schließlich stecke ich nicht in seiner Haut. Immerhin hat er mich vor seinen Kollegen anerkannt, auch wenn er mich so oft weggeschickt hat. >Mein Freund!< Ich würde alles noch einmal erdulden, nur um zu hören, wie er zu Männern wie Vatia und Lepidus diese Worte sagt.«
    »Er wird mein Kind nicht mehr sehen.«
    »Ich bezweifle sogar, daß er die Zunahme deines Leibesumfangs noch erleben wird, Herrin.«
    Auf den furchtbaren Schmerz folgte eine neue Marotte. Diesmal ging es um die finanzielle Notlage der Stadt Puteoli. Puteoli war nicht weit von Misenum entfernt und wurde von der Familie Granius beherrscht, die dort seit Generationen die Bankgeschäfte führte und viele Schiffe besaß. Ein Beamter der Stadt, der nichts von Sullas Ausschweifungen wußte — geschweige denn von seinen vielen Gebrechen —, suchte um eine Unterredung nach. Er wollte Sulla davon unterrichten, daß ein gewisser Quintus Granius der Stadtkasse eine große Summe schulde, aber die Zahlung verweigere, und Sulla um Hilfe bitten.
    Der Name Granius war Sulla ebenso verhaßt wie der Name Gaius Marius. Tatsächlich bestanden zwischen den Marii, den Gratidii, den Tullii aus Arpinum und den Granii aus Puteoli enge verwandtschaftliche Beziehungen; Gaius Marius’ erste Frau war eine Grania gewesen. Deshalb waren mehrere Granii in die Verbannung geschickt worden, und die, die nicht verbannt wurden, verhielten sich ruhig, für den Fall, daß Sulla sich an sie erinnerte. Zu denen, die glücklich entkommen waren, gehörte auch Quintus Granius, der jetzt von einem Trupp Sullaner in Gewahrsam genommen und zu Sulla nach Misenum gebracht wurde.
    »Ich bin diese Summe nicht schuldig«, beteuerte Quintus Granius hartnäckig. Seine Haltung verriet, daß er nicht nachgeben wollte.
    Sulla saß erhaben in seinem Amtssessel und starrte Granius wütend an. »Du wirst tun, was der Magistrat von Puteoli verlangt! Du wirst bezahlen!«
    »Nein. Man soll mich in Puteoli vor Gericht stellen und den Fall untersuchen.«
    »Bezahle, Granius!«
    »Nein!«
    Sulla erhob sich, zitternd vor Wut und die Hände zur Faust geballt. »Bezahle, Granius, oder ich lasse dich hier und jetzt aufhängen!«
    »Du magst vielleicht Diktator von Rom gewesen sein«, sagte Quintus Granius verächtlich, »aber heute hast du nicht mehr Autorität als ich und kannst mir nichts befehlen. Geh wieder zu deinen Zechkumpanen und laß Puteoli seine Probleme selbst lösen!«
    Sulla öffnete den Mund, um den Befehl zu geben, Granius aufzuhängen, aber er brachte keinen Ton heraus. Ein Schwächeanfall überkam ihn, und ihm war schrecklich übel und schwindlig. Es kostete ihn Mühe, sich aufrecht zu halten, aber er schaffte es, und sein Blick wanderte zu dem Hauptmann der wartenden Sullaner, »Hängt diesen Kerl auf«, flüsterte er.
    Noch ehe der Hauptmann etwas tun konnte, öffnete sich Sullas Mund erneut. Er spuckte Blut; es spritzte nach allen Seiten und lief ihm sogar über die schneeweiße, zerfurchte Stirn. Dann kam schon der nächste Schwall.

Weitere Kostenlose Bücher