MoR 03 - Günstlinge der Götter
wollte Cicero besuchen. Er mußte sich von Rom, von den Gerichten, von Terentia und von seinem Alltag erholen. Seine Stimme war weg, und Apollonius Molon lehrte, daß Stimme und Körper eines Redners seinen geistigen Fähigkeiten entsprechen müßten. Obwohl Cicero Reisen haßte und Angst hatte, seine Abwesenheit von Rom könne seine Karriere bei Gericht gefährden, freute er sich auf sein selbst- auferlegtes Exil. Zeit zum Ausruhen.
Für Caesar hingegen gab es keine Ruhepause — einer von Caesars Temperament hatte keine Ruhepause nötig. Er ging in Paphos von Bord, dem Sitz des zyprischen Herrschers Ptolemaios des Zyprioten, des jüngeren Bruders des neuen Königs von Ägypten, Ptolemaios Auletes. Ptolemaios war eher ein Tunichtgut als eine Null. Sein langer Aufenthalt an den Höfen von Mithridates und Tigranes machte sich bereits bei Caesars erster Begegnung mit ihm in eklatanter Weise bemerkbar. Er verstand nicht nur nichts, er wollte auch nichts verstehen. Anscheinend war seine Erziehung völlig vernachlässigt worden, und seine verborgenen sexuellen Neigungen waren just in dem Moment zutage getreten, als er aus der Obhut der beiden Könige entlassen wurde, so daß es in seinem Palast nicht anders zuging als bei dem alten König Nikomedes. Außer daß Ptolemaios der Zypriot nicht sympathisch war. Die Alexandriner hatten ihn bereits durchschaut, als er das erste Mal mit seinem älteren Bruder und den beiden Frauen in Alexandria eingetroffen war. Und obwohl die Alexandriner sich seiner Ernennung zum Regenten von Zypern nicht widersetzt hatten, hatten sie ein Dutzend tüchtige Beamte mit ihm nach Zypern geschickt. Wie Caesar bald feststellte, waren es im Grunde diese Männer, die Zypern im Namen Ägyptens regierten.
Nachdem Caesar den Annäherungsversuchen von Ptolemaios dem Zyprioten geschickt ausgewichen war, verwendete er seine Energie auf die alexandrinischen Beamten. Es war nicht leicht, mit ihnen zu verhandeln, da sie keine Freunde Roms waren. Sie sahen in Vatias bevorstehendem Feldzug keinen Vorteil für Zypern, und sicher hatten sie daran Anstoß genommen, daß Vatia einen einundzwanzigjährigen Legaten als Bittsteller geschickt hatte.
»Mein Alter ist unwichtig«, erklärte Caesar hochmütig. »Ich bin ein mit Orden ausgezeichneter Kriegsheld, Senator — obwohl in dem Alter eine Aufnahme in den Senat normalerweise nicht zulässig ist — und Publius Servilius Vatias wichtigster militärischer Berater. Ihr solltet euch glücklich schätzen, daß ich mich dazu herabgelassen habe, bei euch vorbeizukommen!«
Zwar fanden Caesars Worte bei den Bürokraten Beachtung, aber ihre Einstellung änderte sich dadurch nicht wesentlich. Obwohl Caesar wie ein Politiker argumentierte, hatte er damit keinen Erfolg.
»Auch Zypern ist von der Piraterie betroffen. Warum könnt ihr nicht einsehen, daß die Bedrohung durch Seeräuber nur dann ausgeschaltet werden kann, wenn alle Länder, die unter den Plünderungen zu leiden haben, sich zusammentun, um die Piraten unschädlich zu machen? Publius Servilius Vatias Flotte muß groß genug sein, um die Seeräuber einzukreisen und vor sich herzutreiben bis zu einem Ort, von wo es kein Entrinnen mehr gibt. Es wird reiche Beute geben, und Zypern wird sich wieder den Handelsmärkten im Mittelmeer anschließen können. Wie ihr wißt, haben die cilicischen und pamphylischen Seeräuber Zypern gegenwärtig von den übrigen Märkten abgeschnitten.«
»Zypern braucht sich den Handelsmärkten im Mittelmeer nicht anzuschließen«, erklärte der alexandrinische Führer. »Alles, was Zypern produziert, gehört Ägypten, und dorthin geht es. Wir dulden keine Seeräuber zwischen Zypern und Ägypten.«
Noch einmal suchte Caesar den Regenten Ptolemaios auf, und diesmal hatte er Glück. Der Regent war in Gesellschaft seiner Frau, Mithridatidis Nysa. Hätte Caesar die Familie des Mithridates gekannt, hätte er sofort bemerkt, daß diese junge Frau eine typische Vertreterin ihres Geschlechts war — groß von Gestalt, mit strohblondem Haar und grünlichgoldenen Augen. Sie besaß einen aufreizenden Charme, und obwohl sie im Grunde keine Schönheit war, fand Caesar sofort Gefallen an ihr. Umgekehrt machte auch sie keinen Hehl daraus, daß Caesar ihr gefiel. Und nachdem das alberne Gespräch mit Ptolemaios dem Zyprioten beendet war, spazierte sie am Arm des Gastes ihres Mannes nach draußen, um ihm die Stelle zu zeigen, wo die Göttin Aphrodite aus dem Schaum des Meeres emporgestiegen war, um auf
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