MoR 03 - Günstlinge der Götter
Römer?
Als die Kundschafter meldeten, daß Sertorius nur zwei kleine Legionen mit sich führe, blieb Pompeius vor Staunen der Mund offenstehen. Was für eine Frechheit! Welch ein Leichtsinn! Dieser Mann hatte die Stirn, eine römische Stadt zu belagern, wenn sechs römische Elitelegionen und fünfzehnhundert Reiter in der Nähe standen! Unglaublich! Pompeius brach sofort nach Lauro auf. Er fieberte vor Erwartung und war überglücklich, daß ein gnädiges Schicksal ihn so früh auf den obersten Feldherrn des Feindes treffen ließ.
Pompeius stand auf einem erhöhten Aussichtspunkt im Norden Lauros und blickte mit kühlem, leidenschaftslosem Blick auf das Heer des Sertorius hinunter, das auf der kleinen Ebene vor der Stadt in Stellung gegangen war. Was er sah, war geeignet, seine Zuversicht noch zu steigern. Eine Meile östlich der Stadtmauern lag das Meer, und im Westen erhob sich ein kleiner Tafelberg. Von seinem Hügel aus war klar zu erkennen, daß der Berg für eine Schlacht die ideale Operationsbasis war. Aber Sertorius hatte ihn einfach ignoriert! Pompeius hatte seinen Entschluß schnell gefaßt. Er ließ sein Heer im Schnellschritt auf den Tafelberg zumarschieren, völlig sicher, daß er schon bald auf seinem Hochplateau stehen werde. Der neunundzwanzigjährige Feldherr ritt auf seinem großen, protzigen Staatsschimmel den Truppen voran, damit ihn auf Lauros Stadtmauern auch jeder sehen konnte.
Obwohl Pompeius den Berg auf dem ganzen Weg nicht aus den Augen gelassen hatte, merkte er erst, als er unmittelbar davorstand, daß sein flacher Gipfel von Speeren nur so starrte. Plötzlich war die Luft von Buhrufen, Geschrei und Gelächter erfüllt. Die Männer des Sertorius überschütteten Pompeius mit Hohn und Spott. Da müsse er schon früher aufstehen, riefen sie, wenn er Quintus Sertorius einen Berg abnehmen wolle.
Der Tumult verebbte, und auf dem Berg erhob sich eine einzelne Stimme. »Hast du wirklich gedacht, ich wüßte nicht, daß du es auf den Hügel abgesehen hast, Kind? Du warst einfach zu langsam! Ich weiß, du hältst dich für klüger als Africanus und für tapferer als Horatius Codes. Aber du bist eben nur ein kleiner Amateur und kannst einem wirklichen Feldherrn nicht das Wasser reichen. Aber bleib noch ein bißchen, dann zeigt dir Quintus Sertorius, wie ein Profi arbeitet!«
Pompeius war nicht so dumm, Sertorius in seiner uneinnehmbaren Stellung anzugreifen. Er fühlte, wie ihm die Schamröte ins Gesicht stieg, riß sein Pferd herum, sprengte mit stierem Blick geradewegs durch die eigenen Linien und hielt erst an, als er seinen alten Aussichtspunkt wieder erreicht hatte.
Inzwischen hatte die Sonne den Zenit bereits überschritten, aber der Tag war noch lang genug für ein weiteres Manöver. Pompeius war zu stolz, darauf zu verzichten. Er atmete tief durch, bis er wieder klar denken konnte, dann ließ er seinen Blick erneut prüfend über die Ebene schweifen. Unter ihm standen seine Soldaten und zapften gierig das letzte Wasser aus den Schläuchen auf den Rücken der Lastesel. Es war unschwer zu erkennen, daß sie miteinander sprachen, während sie, auf ihre Speere und Schilde gestützt, die schweißbedeckten Köpfe an den Strahlen der Sonne trockneten. Offensichtlich unterhielten sie sich über die Demütigung, die ihrem wunderbaren jungen Feldherrn widerfahren war, fragten sich, ob er auch diesen Feldzug werde gewinnen können, und kamen zu dem Schluß, daß sie wohl besser ihr Testament gemacht hätten.
Er hatte Afranius und Petreius eigentlich nicht bei sich haben wollen, und den Gedanken an die jüngeren Legaten konnte er nicht einmal ertragen, besonders was Aulus Gabinius betraf. Trotzdem rief er jetzt Afranius und Petreius herbei, und als sie ihre Pferde links und rechts neben seinem Staatspferd zum Stehen gebracht hatten, zeigte er mit einem Stab in die Ebene hinunter. »Seht ihr, wo Sertorius steht?« sagte Pompeius — eine rhetorische Frage, auf die er keine Antwort erwartete. »Er ist mit der Stadtmauer beschäftigt. Wahrscheinlich will er sie untergraben. Sein Lager liegt gleich da drüben, unter der Stadtmauer. Er hat also den Tafelberg wieder aufgegeben. Er will ihn eigentlich gar nicht, er ist nur scharf auf die Stadt. Aber«, zischte Pompeius mit zusammengebissenen Zähnen, »auf diesen Trick falle ich kein zweites Mal herein! Er ist ungefähr eine Meile von uns entfernt«, fuhr er dann ruhig fort. »Und seine Front ist ungefähr halb so lang. Sie ist sehr dünn — das ist
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