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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Metellus Pius nur bei Nacht, und tagsüber ließ er seine Männer im Schatten ihrer Zelte schlafen.
    Welcher Instinkt ihn veranlaßt hatte, gleich auf das nördliche Ufer des Sucro zu wechseln, als er ihn erreichte, konnte Metellus später nicht mehr sagen. Jedenfalls war es eine gute Entscheidung gewesen, denn ein Stück flußabwärts war das Flußbett ein tückisches Gemisch aus Treibsand und Kies, und es wäre sehr zeitraubend gewesen, den Fluß dort zu überschreiten. So aber standen seine Truppen schon auf dem nördlichen Ufer, als sie sich vor Sonnenuntergang marschbereit machten und plötzlich in der Ferne das unverkennbare Geräusch einer Schlacht hörten. Man schrieb den zweitletzten Tag des Quinctilis.

    Quintus Sertorius hatte vom Morgengrauen bis eine Stunde vor Sonnenuntergang die Legionen des Pompeius beobachtet, wie sie in Schlachtordnung warteten. Und während der Tag sich dahinschleppte, hatte er sich immer wieder gefragt, ob Pompeius bei seiner Entscheidung bleiben oder ob er wieder abmarschieren werde. Sertorius hätte letzteres bei weitem vorgezogen, denn wenn Pompeius ihm den Rücken zugewandt hätte, hätte er schnell herausgefunden, daß er einen schrecklichen Fehler gemacht hatte. Doch leider war das Kind entweder schlau genug, um zu wissen, was es tat, oder aber es hatte eine Glücksgottheit neben sich stehen, die es dazu überredete, Stunde um Stunde unter der brennenden Sonne zu warten.
    Die Sache lief nicht gut für Sertorius, trotz seiner vielen Vorteile: Seine Truppen konnten die Hitze besser ertragen, sie hatten Wasser im Überfluß, und er kannte die Umgebung genau. Doch erstens hatte er von Lucius Hirtuleius nichts mehr gehört, seit dieser ihm eine kurze Meldung geschickt hatte: Er habe Segovia erreicht, aber Metellus Pius sei noch nicht da. Nun werde er dreißig Tage lang warten, um zu sehen, ob das alte Weib doch noch auftauche. Wenn nicht, werde er wie befohlen an den Sucro marschieren und sich mit Sertorius verbinden. Zweitens hatten seine Kundschafter, die er auf den höchsten Hügeln der Gegend postiert hatte, noch keine Staubwolke gemeldet, die angezeigt hätte, daß Hirtuleius das trockene Tal des Sucro heruntermarschierte. Und drittens — das war seine größte Sorge — war Diana verschwunden.
    Das weiße Hirschkalb hatte ihn, seit er Osca verlassen hatte, ständig begleitet. Es hatte sich von dem Getümmel und Chaos einer Armee auf dem Marsch nicht stören lassen und auch nicht von der Sommersonne, die einen Albino eigentlich hätte verbrennen müssen, ihm aber überhaupt nicht schadete — ein weiteres Zeichen für seinen göttlichen Ursprung. Doch dann, als Sertorius hier am Sucro sein Lager aufgeschlagen und Herennius und Perperna bei Valentia in eine gute Position gebracht hatte, um Pompeius zu zermürben, war Diana plötzlich verschwunden. Eines Nachts hatte er sich schlafen gelegt, und das Tier hatte sich wie üblich auf dem Schaffell neben seinem Lager zusammengerollt, doch als er im Morgengrauen erwachte, war es verschwunden.
    Zunächst hatte er sich über seine Abwesenheit keine Sorgen gemacht. Es war absolut stubenrein und beschmutzte niemals ein Gebäude mit seinen Exkrementen. Deshalb hatte er angenommen, es sei einfach nach draußen gegangen, um sein Geschäft zu verrichten. Wenn er jedoch frühstückte, dann pflegte es auch zu fressen, und im Sommer war es nach der Nachtruhe immer am hungrigsten. Diesmal aber war es nicht zum Fressen zurückgekehrt.
    Das war jetzt dreiunddreißig Tage her. Sertorius hatte erfolglos immer größere Teile der Gegend abgesucht, bis er schließlich Leute fragen mußte, ob sie das Kalb gesehen hätten. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer, bis schließlich das ganze Lager fieberhaft nach Diana suchte. Sertorius sah sich gezwungen, den strengen Befehl zu erlassen, daß die Disziplin auch dann aufrechterhalten werden müsse, wenn er selbst einmal verschwinden sollte.
    Das Tier bedeutete so viel, besonders den Spaniern. Als ein Tag dem anderen folgte, ohne daß man eine Spur von ihm entdeckt hatte, begann die Moral seiner Truppen zu sinken, eine Entwicklung, die durch die dumme Niederlage bei Valentia noch verstärkt wurde, an der Perperna die Schuld trug, weil er sich weigerte, mit Herennius zusammenzuarbeiten. Sertorius war sich völlig darüber im klaren, daß der Fehler bei Perperna lag, aber seine Leute waren der festen Überzeugung, daß der Fehler im Verschwinden von Diana lag. Das weiße Hirschkalb war das Glück

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