MoR 03 - Günstlinge der Götter
untergebracht?«
»Ja, wie du es angeordnet hast, Caesar. In einem Landhaus außerhalb von Cumae.«
Dann, an einem Tag Anfang Juni, kam plötzlich die Antwort. Caesar hatte eine Pause beim Gericht des praetor peregrinus, Marcus Terentius Varro Lucullus, gemacht. Der jüngere Bruder des Mannes, den die Mehrheit der Römer als den fähigsten Politiker der Zukunft ansahen, ähnelte Lucullus sehr und war ihm sehr zugetan. Das Schicksal hatte es gewollt, daß sie als Kinder getrennt wurden, dennoch hatte ihre Zuneigung nicht darunter gelitten, im Gegenteil, sie war sogar noch gewachsen. Lucullus hatte in seiner Ämterlaufbahn bewußt eine Pause eingelegt, um zusammen mit Varro Lucullus die Ädilität auszuüben. Gemeinsam hatten sie so spektakuläre Spiele inszeniert, daß die Leute immer noch davon schwärmten. Es wurde allgemein angenommen, daß sie beide in naher Zukunft das Konsulat erreichen würden; sie waren beliebt bei der Wählerschaft und entstammten der Nobilität.
»Nun, wie verbringst du deine Tage?« fragte Caesar lächelnd. Er schätzte den Prätor, an dessen Gerichtshof er in vielen kleineren Prozessen als Anwalt gewirkt und eine großzügige Freiheit genossen hatte, wie er es von anderen Richtern nicht gewohnt war. Varro Lucullus war ein hervorragender Kenner des Rechts und stand im Ruf unbedingter Integrität.
»Mit Langeweile«, sagte Varro Lucullus, ebenfalls lächelnd.
In der kurzen Spanne zwischen seiner Frage und Varro Lucullus’ Antwort war Caesar ein glänzender Einfall gekommen, der sich ihm sofort mit Evidenz aufzwang. So war es immer bei ihm: Nach monatelangem Grübeln kam ihm plötzlich der erleuchtende Gedanke, wie ein Problem zu lösen sei.
»Wann verläßt du Rom für die Sitzungsperiode auf dem Land?«
»Es ist Brauch geworden, daß der Prätor für Fremdenrecht sich immer dann an der campanischen Küste blicken läßt, wenn die sommerliche Hitze ihren Höhepunkt erreicht hat«, seufzte Varro Lucullus. »Allem Anschein nach werde ich aber mindestens noch einen Monat in Rom festgehalten.«
»Dann reiß dich bitte nicht los!«
Varro Lucullus blickte verdutzt; eben hatte er sich doch noch mit Caesar unterhalten, dessen juristischen Scharfsinn er so sehr bewunderte, nun war der Platz, an dem der junge Mann gestanden hatte, plötzlich leer.
»Ich weiß jetzt, wie wir es machen!« verkündete Caesar wenig später Iphikrates in dem Nebenzimmer, das er im Gasthaus gemietet hatte.
»Wie denn?« fragte der bedeutende Mann aus Thessalonika.
»Ich wußte doch, daß es richtig war, abzuwarten, Iphikrates. Wir werden Gaius Antonius Hybrida weder unter Mordanklage stellen noch ihn überhaupt strafrechtlich belangen.«
»Wie? Keine strafrechtliche Verfolgung?« Iphikrates tat verblüfft. »Aber allein darum geht es uns doch!«
»Durchaus nicht. Es geht darum, öffentliche Anteilnahme in ganz Rom zu erwecken. Das würde uns vor Juncus’ Gerichtshof nicht gelingen, vor allem könnten wir dort nicht das Publikum anlocken, das sonst Sicinius auf dem Forum zuhört. Juncus würde sich einen abgelegenen, stickigen Winkel in der Basilica Porcia oder Opimia aussuchen, wo jeder, dessen Anwesenheit bei dem Verfahren notwendig ist, unter der Hitze zu leiden hätte, und die, die nicht unbedingt erscheinen müssen, gar nicht erst kommen. Das Gericht würde uns nicht gewogen sein, und Juncus könnte, unterstützt von den Geschworenen und den Anwälten des Beklagten, das Verfahren durchpeitschen.«
»Welche andere Wahl haben wir dann noch?«
Caesar lehnte sich vor. »Ich lege den Fall dem Prätor für Fremdenrecht als Zivilsache vor. Statt Hybrida wegen Mordes zu belangen, verklage ich ihn auf Wiedergutmachung für das Unrecht, das er sich als Kavalleriepräfekt vor zehn Jahren in Griechenland hat zuschulden kommen lassen. Du legst eine beträchtliche Summe als sponsio beim Prätor für Fremdenrecht ein. Damit verpflichtest du Hybrida, den Beklagten, an dich, den Kläger, ebendiese Summe zu zahlen, falls sich im Verlauf des Prozesses herausstellen sollte, daß du in der Streitsache recht bekommst. Die Summe muß größer als Hybridas gesamtes Vermögen sein. Kannst du zweitausend Talente aufbringen, und bist du auch bereit, sie preiszugeben, falls etwas schiefgehen sollte?«
Iphikrates schnappte nach Luft. »In der Tat, die Summe ist hoch. Aber wir sind mit dem Willen nach Rom gekommen, keine Mühen und Kosten zu scheuen, wenn es darum geht, den Römern begreiflich zu machen, daß sie uns nicht länger
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