MoR 03 - Günstlinge der Götter
habe ich mich immer wieder geirrt.«
»Das glaube ich dir gem. Du bist nicht annähernd so intelligent wie ich.«
Das saß. Polygonus richtete sich auf. »Jedenfalls intelligent genug, einen römischen Senator gefangenzunehmen und ihn um fünfzig Talente ärmer zu machen!«
»Du sprichst von Eiern, die noch nicht ausgebrütet sind.«
»Sollten sie es nicht, dann werden sie hier verfaulen!«
Polygonus hielt es nach diesem Schlagabtausch nicht länger aus und verließ überstürzt seinen Gefangenen, der allein den Weg in seine Gemächer finden mußte. Dort wartete ein sehr hübsches Mädchen auf ihn — eine Gabe, die er zu schätzen wußte, aber erst nachdem er sie zu Demetrius geschickt hatte, um sicherzugehen, daß sie sauber war.
Caesar blieb vierzig Tage in dem Piratennest. Während der ganzen Zeit sah er sich in seiner Freiheit nicht eingeschränkt; er konnte gehen, wohin er wollte, und sprechen, mit wem er wollte. Sein Ruf verbreitete sich im ganzen Ort, und schon bald wußten alle, daß er vorhabe, nach seinem Freikauf mit einer Flotte zurückzukommen, sie gefangenzunehmen und anschließend zu kreuzigen.
»Nein, nein, nur die Männer!« entgegnete Caesar lächelnd einer Schar Frauen, die ihn mit Fragen bestürmten. »Wie könnte ich Schönheiten wie euch ans Kreuz schlagen lassen?«
»Was hast du denn mit uns vor?« fragte ihn eine der Frauen keck.
»Ich verkaufe euch. Wie viele Frauen und Kinder gibt es hier?«
»Etwa tausend.«
»Tausend. Wenn der Durchschnittspreis, den ihr auf jedem beliebigen Sklavenmarkt erzielt, bei tausenddreihundert Sesterzen pro Kopf liegt, kann ich die Summe, die andere als Lösegeld für mich aufbringen mußten, zurückzahlen und ihnen sogar noch einen kleinen Gewinn verschaffen. Aber ihr Frauen und Kinder seid schöner als die Sklaven, die man gewöhnlich in kleinen Städten findet, daher rechne ich mit einem Durchschnittspreis von zweitausend Sesterzen. Damit erhalten meine Geldgeber einen fetten Gewinn.«
Die Frauen kicherten, denn war er nicht wirklich reizend? Sie mochten ihn alle sehr gern. Er war immer so freundlich und vergnügt, stets zu Späßen aufgelegt, und nie zeigte er die leiseste Spur von Furcht oder Niedergeschlagenheit. Seine Scherze und seine Geschichten, wie er die Männer kreuzigen und die Frauen und Kinder in die Sklaverei verkaufen wolle, gehörten bald zur gängigen Unterhaltung in der Stadt. Auch er hatte seinen Spaß dabei, wenn er augenzwinkernd seine Geschichten zum besten gab. Das erste Mädchen, das er nach seiner Ankunft erhalten hatte, schwärmte von seinen Fähigkeiten als Liebhaber und bescherte ihm damit die sehnsüchtigen Blicke anderer Frauen. Die Männer hatten aber bald herausgefunden, daß er bei der Wahl der Frauen taktvoll war: Nie nahm er eine Frau, auf die ein anderer ein angestammtes Recht hatte.
»Ich mache nur solche Ehemänner zum Hahnrei, die mir ebenbürtig sind«, sagte er in einem überheblichen Ton, der ganz den Aristokraten verriet.
»Freunde?« fragten die Frauen ihn dann unter Gelächter.
»Nein, Feinde«, entgegnete Caesar.
»Ja, sind wir etwa nicht deine Feinde?«
»Meine Feinde schon, aber keine Ebenbürtigen. Ihr seid doch bloß elendes Piratenpack.«
An dieser Stelle verfielen seine Zuhörer gewöhnlich in Gelächter, denn sie ließen sich gern beleidigen, wenn er alles mit dem ihm eigenen warmen Humor erzählte.
Eines Abends speiste er gerade mit Polygonus, als der Piratenanführer plötzlich seufzte.
»Ich werde dich leider verlieren, Caesar.«
»Ah! Die Lösegeldsumme ist also beisammen.«
»Sie wird morgen mit deinem Freigelassenen hier eintreffen.«
»Wie hast du das eingerichtet? Ich nehme an, daß er geführt werden muß, da du behauptest, keiner werde allein den Weg hierher finden.«
»Oh, ein paar meiner Männer haben ihn die ganze Zeit über begleitet. Als das letzte Silbertalent im Beutel war, bin ich benachrichtigt worden. Sie kommen morgen gegen Mittag hier an.«
»Und dann darf ich gehen?«
»Ja.«
»Wie steht es mit meinem gemieteten Schiff?«
»Das darfst du mitnehmen.«
»Und Kapitän und Mannschaft?«
»Die sind an Bord. Du segelst gegen Abend nach Westen.«
»Dann ist also mein gemietetes Schiff im Lösegeld inbegriffen.«
»Natürlich nicht!« gab Polygonus erstaunt zurück. »Der Kapitän hat zehn Talente bezahlt, um sein Schiff und seine Mannschaft auszulösen.«
»Ach!« stöhnte Caesar. »Noch eine Schuld, die ich in allen Ehren abzahlen muß.«
Wie angekündigt,
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