MoR 03 - Günstlinge der Götter
auf mein Schiff bringan, während ich einen Teil meiner Mannschaft an die Ruder deines Schiffes setze, und dann fahren wir so schnell wie möglich nach Süden. Bis Sonnenuntergang haben wir Knidos hinter uns, fahren aber noch weiter. In drei Tagen bist du in meinem Haus, wo du als mein Gast wohnst, bis dein Lösegeld bezahlt ist.«
»Wäre es nicht einfacher, ein paar meiner Diener schon hier in der Nähe von Bord gehen zu lassen? Ein Leichter könnte sie zurück nach Milet bringen. In so einer reichen Stadt dürften sie keine Schwierigkeiten haben, die nötige Summe zusammenzubringen. Wie hoch ist übrigens mein Lösegeld?«
Der Anführer überhörte die zweite Frage und schüttelte heftig den Kopf. »Nein, das Lösegeld, das wir letztens bekommen haben, stammte aus Milet. Wir verteilen die Last auf die Städte in der Gegend, weil die losgekauften Männer sich manchmal viel Zeit lassen, das Lösegeld an die Gemeinden zurückzuzahlen, die es für sie aufgebracht haben. Jetzt sind Xanthos und Patara an der Reihe, also Städte in Lycia. Wir erlauben dir erst dann, deine Diener auszuschicken, wenn wir Patara erreichen.« Polygonus warf seinen Kopf in den Nacken, damit ihm die Locken frei über die Schultern fielen. »Und was die Summe betrifft: zwanzig Silbertalente.«
Caesar wich empört zurück. »Wie? Zwanzig Silbertalente? Mehr soll ich nicht wert sein?«
»Das ist die übliche Summe für Senatoren, auf die sich alle Piraten geeinigt haben. Für einen Magistraten bist du noch zu jung.«
»Ich bin Gaius Julius Caesar!« sagte der Gefangene selbstbewußt. »Guter Mann, du hast noch nicht begriffen, mit wem du es zu tun hast. Ich bin nicht nur Patrizier, sondern Sproß des Julier- geschlechts. Und wenn du mich fragst, was es heißt, ein Julius zu sein: Nun, es heißt, daß ich über Aeneas von der Göttin Aphrodite abstamme. Meine Vorfahren waren Konsuln, und ich selbst werde, wenn ich das Alter erreicht habe, ebenfalls Konsul sein. Ich bin nicht bloß Senator. Ich bin Träger des Bürgerkranzes — ich spreche im Senat — bei den Sitzungen habe ich meinen Platz in der mittleren Reihe — und wenn ich das Haus betrete, müssen sich alle, auch die Konsulare und Zensoren, erheben und mir applaudieren. Zwanzig Silbertalente sagst du? Ich bin fünfzig Silbertalente wert!«
Polygonus hatte gebannt zugehört. Solch einen Gefangenen hatte er bisher noch nie! So selbstbewußt, so unerschrocken und so hochmütig! Doch irgend etwas gefiel ihm an dem einnehmenden Gesicht dieses jungen Römers. War da nicht ein Zwinkern in seinen Augen? Machte sich dieser Gaius Julius Caesar über ihn lustig? Aber warum machte er sich einen Scherz, der ihn das Doppelte der üblichen Lösegeldsumme kosten würde? Er meinte es ernst, er mußte es einfach ernst meinen. Oder... Nein, er war sich sicher, daß der andere ihm zugezwinkert hatte.
»Sehr wohl, Hoheit, fünfzig Silbertalente ist der Preis!« sagte Polygonus ebenfalls mit einem Zwinkern.
»So ist es recht«, sagte Caesar und kehrte seinem Gegenüber den Rücken.
Nach drei Tagen Fahrt über das Meer, wo ihnen kein Kriegsschiff aus Rhodos oder einer anderen Hafenstadt begegnete, wurde Caesars Gefolge bei Patara an Land gesetzt. Da Polygonus auf seiner Galeere gereist war, hatte ihn Caesar seit ihrer ersten Begegnung nicht mehr gesehen. Jetzt kam er wieder auf das Handelsschiff und beobachtete, wie Caesars Männer in einen Leichter umstiegen.
»Du kannst sie alle bei dir behalten bis auf einen«, sagte der Piratenanführer. »Ein Mann reicht, um das Lösegeld zu beschaffen.«
»Einer genügt nicht für einen Mann meines Standes«, entgegne- te Caesar kühl. »Ich behalte nur drei Männer als Gefolge: meinen Leibdiener Demetrius und zwei Schreiber. Wenn ich lange auf das Lösegeld warten muß, brauche ich jemanden, dem ich meine Verse diktieren kann. Vielleicht schreibe ich auch ein Schauspiel. Eine Komödie! Ja, Stoff für eine Komödie habe ich hier reichlich. Oder noch besser eine Farce.«
»Wer soll deine Männer anführen?«
»Mein Freigelassener, Gaius Julius Burgundus.«
»Was für ein Hüne! Als Sklave würde er ein Vermögen einbringen.«
»Das hat er früher auch. Er muß unbedingt seinen Neseaner reiten. Und die anderen brauchen auch ihre Reittiere. Sie sollen standesgemäß reisen, darauf lege ich Wert.«
»Hoheit mögen darauf großen Wert legen, und in der Tat sind die Pferde ausgezeichnet, aber eben deshalb behalte ich sie für mich.«
»Das wirst du nicht!«
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