MoR 03 - Günstlinge der Götter
Lucullus.
In Rom herrscht helle Aufregung, wie Du Dir vorstellen kannst. Ich schreibe Dir, Caesar, weil Du die Dinge sonst nur aus der Ferne mitbekommst, auch, weil ich meine Gedanken zu Papier bringen muß, aber kein Tagebuchschreiber bin, und schließlich, weil ich niemandem lieber als Dir schreibe. Ich bin dazu verurteilt, in Rom zu bleiben, was auch geschehen mag, es sei denn, beide Konsuln würde der .Schlag treffen. Da aber der erste Konsul mein Bruder und der zweite Dein Onkel ist, kann das keiner von uns wünschen. Warum muß ich auf jeden Fall in Rom bleiben? Weil ich der designierte erste Konsul des kommenden Jahres bin! Ist das nicht prächtig? Mein Kollege ist Gaius Cassius Longinus — ein guter Mann, wie ich meine.
Zuerst ein paar Neuigkeiten aus Rom. Vielleicht hast Du schon gehört, daß unser Freund Gaius Verres sich bei der Wahlbürgerschaft und bei vielen Magistraten so gekonnt eingeschmeichelt hat, daß er nun Stadtprätor ist. Weißt Du aber, wie er dieses gewöhnlich undankbare Amt in einen einträglichen Posten verwandelt hat? Nachdem der Plutokrat Lucius Minucius Basilus gestorben war, ohne ein Testament zu hinterlassen, oblag es Verres, den Erbanspruch von dessen nächstem Verwandten entgegenzunehmen. Dies ist ein Neffe des Verstorbenen, ein gewisser Marcus Satrius. Doch wer erhob dagegen Einspruch? Rate mal. Niemand anderes als Hortensius und Marcus Crassus, die beide zu Basilus’ Lebzeiten großen Grundbesitz von dem Verstorbenen gepachtet hatten. Die beiden kamen nun zu Verres und behaupteten, Basilus hätte ihnen diesen Grundbesitz überlassen, wenn er ein Testament verfaßt hätte. Und Verres bestätigte ihre Ansprüche! Reich beschenkt gingen Hortensius und Marcus Crassus heim, während der arme Satrius leer ausging. Was Gaius Verres betrifft, so glaubst Du sicherlich auch nicht, daß er nur aus reiner Herzensgüte zugunsten von Hortensius und Marcus Crassus entschieden hat, oder?
Wie üblich gibt es auch dieses Jahr wieder eine Nervensäge unter den Volkstribunen. Diesmal ist es ein merkwürdiger Mensch, Lucius Quinctius mit Namen. Ein Mann in den Fünfzigern, der sich hochgearbeitet hat; er kleidet sich, wenn er nicht von Amts wegen die Toga tragen muß, mit Vorliebe in lange Gewänder aus tyrischem Purpur. Obendrein sind seine Sprache und sein ganzes Benehmen unerträglich geziert. Das Kollegium war noch keinen Tag im Amt, da wiegelte Quinctius schon die Menge auf dem Forum mit den alten Forderungen nach den vollen Rechten der Volkstribunen auf. Im Senat verspritzte er sein ganzes Gift auf meinen Bruder.
Quinctius verhält sich nun still und brav. Mein Bruder Lucullus hat ihn, wie er sich ausdrückt, mit einer zweizinkigen Gabel zu fassen bekommen. Zuerst, das war die erste Zinke, hat er die Hunde auf den Volkstribun des vergangenen Jahres, Quintus Opimius, losgelassen. Die Hunde waren in diesem Fall Catulus und Hortensius, die Opimius wegen wiederholter Überschreitung seiner Amtsautorität vor Gericht zogen und mit ihrer Klage Erfolg hatten. Opimius wurde mit einer Geldstrafe belegt, die genau der Höhe seines gesamten Vermögens entsprach. Als ruinierter Mann mußte er sich daraufhin aus dem öffentlichen Leben zurückziehen. Dann, und das war die zweite Zinke, begann Lucullus, sanft, aber beharrlich auf Quinctius einzureden. Ihn werde das gleiche Los wie Opimius erwarten, wenn er sich nicht mäßigen und mit seinen Forderungen an sich halten könne. Das Mittel brauchte eine Weile, bis es wirkte, aber der Erfolg war überzeugend.
Falls Du glaubst, Du seist fern und vergessen, so irrst Du Dich, lieber Caesar. Ganz Rom spricht von den Händeln, die Du mit Piraten gehabt hast, und wie Du sie entgegen dem Befehl des Statthalters hast kreuzigen lassen. Wie, höre ich Dich fragen, davon weiß man schon in Rom? Ja, allerdings. Nicht, daß Juncus geredet hätte. Sein Proquästor, dieser Pompeius, der kürzlich die Frechheit besessen hat, seinen völlig ruhmlosen Namen mit dem Siegerbeinamen Bithynicus zu schmücken, hat die Geschichte jedem, der sie hören wollte, erzählt. Offensichtlich war er bestrebt, aus Juncus einen Helden zu machen, doch die Laune des Volkes wollte es, daß jedermann, Catulus nicht ausgenommen, Dich als den Helden ansieht. Es gab sogar Stimmen, die davon sprachen, Dir zusätzlich zu Deinem Bürgerkranz auch noch den Schiffskranz zu verleihen, aber Catulus wollte dann doch nicht soweit gehen und erinnerte die eingeschriebenen Väter daran, daß Du als privatus
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