MoR 03 - Günstlinge der Götter
Caesar gefallen.
Aurelia vermutete in ihrem Brief, Caesars Wahl hänge damit zusammen, daß seit der Ermordung des Augurs Lucius Caesar und des Pontifex Caesar Strabo vor dreizehn Jahren kein Julius mehr Mitglied des Kollegiums der Pontifices oder der Auguren gewesen war. Zwar sei allgemein angenommen worden, daß Lucius Caesars Sohn bei der nächsten Vakanz im Kollegium der Auguren zum Zug komme, aber niemand habe für möglich gehalten, daß Caesar in das Kollegium der Pontifices gewählt würde. Laut ihrem Gewährsmann Mamercus sei die Wahl nicht einhellig ausgefallen. Catulus habe sich gegen Caesar ausgesprochen, ebenso Metellus, der älteste Sohn des Ziegenbocks. Doch nach ausgiebiger Eingeweideschau und Konsultation der prophetischen Bücher habe schließlich Caesar gewonnen.
Aber das Wichtigste, was ihm seine Mutter mitzuteilen hatte, war Mamercus’ Hinweis, daß Caesar für seine Weihe zum Pontifex so rasch wie möglich nach Rom zurückkehren solle, andernfalls sei es möglich, daß Catulus das Kollegium doch noch zu einer Meinungsänderung bewegen könnte.
Mit seinem fünften Feldzug auf der offiziellen Liste konnte Caesar ohne Bedauern abreisen. Die einzigen Menschen, die er vermissen würde, waren seine beiden Hauswirte Apronius und Canuleius und der Legat Marcus Manius.
»Ich muß gestehen«, sagte er zu Manius, »daß ich gern noch gesehen hätte, wie das vollendete Denkmal des schlechten Geschmacks in seiner ganzen schauerlichen Pracht dasteht.«
»Pontifex zu werden ist weitaus wichtiger«, sagte Manius, der noch gar nicht recht gemerkt hatte, welche herausragende Gestalt Caesar eigentlich war. In Manius’ Augen war er immer ein uneitler, mit gesundem Menschenverstand ausgestatteter junger Mann gewesen, der jede Aufgabe glänzend löste und wie ein Besessener arbeitete. »Was wirst du tun, wenn du in das Kollegium eingeführt bist?«
»Ich suche mir einen bescheidenen Proprätor, der sich mit einem Krieg abmüht, mit dem er nicht fertig wird«, sagte Caesar. »Lucullus ist nun Prokonsul, folglich kann er die anderen Statthalter nicht mehr nach seiner Pfeife tanzen lassen.«
»Nach Spanien?«
»Zu auffällig in Kriegsberichten. Nein, ich fühle bei Marcus Fonteius vor, ob er nicht einen frischen jungen Militärtribun in der Provinz Gallia Transalpina gebrauchen kann. Er ist ein vir militaris, und das sind immer verständige Männer. Er schert sich bestimmt nicht um das, was Lucullus von mir denkt, solange ich gute Arbeit leiste.« Das freundliche Gesicht bekam plötzlich einen grimmigen Ausdruck. »Aber eins nach dem anderen. Jetzt ist erst einmal Marcus Junius Juncus dran. Ich werde ihn vor dem Gerichtshof für Erpressungsfälle verklagen.«
»Ja, weißt du’s denn noch nicht?«
»Was?«
»Daß Juncus tot ist. Er ist nie nach Rom zurückgekommen. Schiffbruch.«
Für alle war er ein Thraker, obwohl er eigentlich gar kein Thraker war. Im gleichen Jahr, in dem Caesar Gytheion verließ und zum Pontifex in Rom ordiniert wurde, betrat dieser sechsundzwanzigjährige Thraker, der keiner war, zum erstenmal die Bühne der Ge schichte.
Er stammte aus einer rechtschaffenen, wenn auch nicht berühmten Familie. Sein Vater, ein Campaner vom Vesuv, hatte zu jenen gehört, die von der lex Plautia Papiria Gebrauch gemacht hatten. Nach dieser Verordnung aus dem Bundesgenossenkrieg wurde jedem Italiker, der binnen sechzig Tagen die Waffen niederlegte und sich an einen Prätor in Rom wandte, das römische Bürgerrecht verliehen.
Nichts im bäuerlichen Herkommen des Jungen deutete darauf hin, daß er einmal eine Leidenschaft für den Krieg und alles Militärische entwickeln würde. Dennoch wunderte sich sein Vater nicht, daß sein zweiter Sohn, kaum siebzehnjährig, sich zum Dienst in der Legion meldete. Dank seiner Beziehungen konnte er ihm einen Platz als Kadett in der Legion verschaffen, die Marcus Crassus für Sulla ausgehoben hatte, als dieser in Italien landete und den Krieg gegen Carbo begann.
Der Junge gedieh unter der soldatischen Ordnung und zeichnete sich in der Schlacht aus, noch ehe er achtzehn geworden war. Darauf wurde er in eine von Sullas Elitelegionen versetzt, wo er bald zum Militärtribunanwärter ernannt wurde. Statt der Entlassung, die ihm am Ende des letzten Feldzugs in Etruria angeboten wurde, nahm er eine neue Verpflichtung im Heer des Gaius Cosconius an. Mit dessen Truppen marschierte er nach Illyrien, wo die unter dem Namen Dalmater zusammengefaßten Stämme unterworfen werden
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