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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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gefangen worden war. Weder bei Hadria noch bei Firmum Picenum hatte er Gellius, Clodianus oder Arrius zu Gesicht bekommen. Aber hier in Mutina hatte er nun zwei hochrangige römische Gefangene, Gaius Cassius und Gnaeus Manlius, in seiner Gewalt, und ihm gefiel der Gedanke, mit ihnen zu sprechen. Wurde es nicht Zeit, so dachte er, daß Mitglieder des Senats endlich mit dem Mann bekannt wurden, von dem ganz Italien redete? Sollte der Senat nicht endlich wissen, wer er war? Er hatte durchaus nicht die Absicht, Cassius und Manlius zu töten oder in Gefangenschaft zu halten, vielmehr wollte er sie nach Rom zurückschicken, damit sie selber Bericht erstatteten.
    Das hatte ihn jedoch nicht daran gehindert, seine hohen Gefangenen in Eisen legen zu lassen. Als sie ihm vorgeführt wurden, saß er, in eine makellose weiße Toga gekleidet, im Empfangssaal auf einem erhöhten Platz. Cassius und Manlius schauten ihn verblüfft an, und erst als er sie in einem Latein mit campanischer Färbung anredete, begriffen sie, mit wem sie es zu tun hatten.
    »Du bist Italiker!« rief Cassius.
    »Nein, Römer«, verbesserte ihn Spartacus.
    Ein Cassius war nicht so leicht zu beeindrucken. Dieses Patriziergeschlecht blickte auf eine stolze kriegerische Tradition zurück, und wenn auch einmal ein Cassius einen militärischen Fehler begangen haben mochte, so war doch keiner von ihnen je vor dem Feind weggelaufen. Auch dieser Cassius erwies seinem Geschlecht alle Ehre, denn er hob einen seiner in Ketten gelegten Arme, ballte die Hand zur Faust und drohte dem großen, stattlichen Mann.
    »Befreie mich von diesen entwürdigenden Ketten, dann bist du bald ein toter Römer!« stieß er hervor. »Ein Deserteur aus der Legion bist du, stimmt’s? Einer, den man als Thraker in die Arena geführt hat!«
    Spartacus errötete. »Ich bin kein Deserteur«, sagte er aufgebracht. »Vor dir steht ein Militärtribun, der wegen angeblicher Meuterei in Illyrien zu Unrecht verurteilt worden ist. Du findest deine Ketten entwürdigend? Was glaubst du wohl, wie ich meine Ketten empfunden habe, als ich in die Gladiatorenschule dieses Unmenschen Batiatus gesteckt wurde? Deine Ketten gegen meine Ketten, Prokonsul Cassius!«
    »Töte uns, dann haben wir es hinter uns«, sagte Cassius.
    »Dich töten? O nein, mit dir habe ich etwas Besseres vor«, sagte Spartacus jetzt höhnisch. »Ich schicke dich nach Rom. Dort wirst du dem Senat berichten, wer ich bin und wohin ich gehe, weiterhin, was ich tun werde, einmal dort angekommen, und schließlich, was ich sein werde, wenn ich zurückkomme.«
    Manlius machte Anstalten zu antworten; Cassius warf ihm einen zornigen Blick zu, worauf er es unterließ.
    Cassius schäumte. »Wer du bist? — Ein Meuterer. Wohin du gehst? — Ins Verderben. Was du tust, einmal dort angekommen? - Ein Fraß für die Würmer. Was du sein wirst, wenn du zurückkommst? — Ein seelenloser Schatten. Das werde ich dem Senat mit Freuden berichten!«
    »Wenn du schon dabei bist, dann erzähle dem Senat auch gleich das noch«, fauchte Spartacus, sprang auf und riß sich die Toga vom Leib; er trat mit den Füßen danach wie ein Hund, der mit den Hinterläufen seinen Kot wegscharrt, dann beförderte er sie mit einem Fußtritt vom Podium. »Auf mein Kommando hören achtzigtausend Mann, die wie römische Legionäre ausgerüstet und ausgebildet sind. Die meisten von ihnen sind Samniter und Lucaner, aber sogar die Sklaven, die in meiner Armee dienen, sind tapfere Männer. Meine Kriegsbeute ist mehrere Tausend Talente wert.
    Jetzt bin ich auf dem Weg zu Quintus Sertorius in Hispania Citerior. Gemeinsam werden wir Roms Legionen und Feldherren in beiden Teilen Spaniens vernichtende Niederlagen beibringen, und anschließend kommen Quintus Sertorius und ich nach Italien zurück. Dann hat für dein Rom die — letzte Stunde geschlagen, Prokonsul! Noch vor Ende des nächsten Jahres ist Quintus Sertorius römischer Diktator und ich sein tribunus militum!«
    Cassius und Manlius hörten sich Spartacus’ Tirade mit wechselnden Gefühlen an, die sich in rascher Folge auf ihren Gesichtern malten — Wut und Schrecken, Staunen und Verstörtheit —, aber als sie sicher waren, daß er geendet hatte, zeigten sie sich auf einmal höchst belustigt! Beide warfen den Kopf in den Nacken und lachten aus voller Kehle.
    Spartacus stand da und fühlte, wie ihm die Schamröte ins Gesicht stieg. Was fanden sie nur so lustig an seiner Rede? Lachten sie über seine Kühnheit? Hielten sie ihn

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