MoR 03 - Günstlinge der Götter
die er dann im Senat mit wenigen, aber wohlbedachten Worten vortrug. Für Caesar, der von seinem Platz auf der anderen Seite der Curia Hostilia aufmerksam zuhörte, war es Anschauungsunterricht dafür, wie sich das Fluidum einer Persönlichkeit und die Macht des Geldes zu einer mächtigen Allianz verbanden.
Crassus war recht groß, wirkte jedoch nicht so, weil er sehr breit gebaut war. Nicht, daß er fettleibig gewesen wäre, vielmehr hatte er einen mächtigen Leib mit kräftigen Gelenken, großen Händen, einem Stiernacken und breiten Schultern. In der Toga machte er den Eindruck massiver Korpulenz, sobald er aber seine muskulösen Arme entblößte oder mit kräftigem Druck Hände schüttelte, merkte man, aus welchem Holz er geschnitzt war. Sein Gesicht war groß und breit, ausdruckslos, aber nicht unangenehm, seine hellgrauen Augen strahlten freundliche Gelassenheit aus. Haupthaar und Augenbrauen zeigten ein helles Braun, und seine Haut bekam in der Sonne rasch eine dunkle Tönung.
Er sprach nun mit seiner gewöhnlichen Stimme, die überraschend hell klang — Apollonius von Molon hätte dies auf Crassus’ kurzen Hals zurückgeführt, dachte Caesar —, und wandte sich an die versammelten Senatoren: »Eingeschriebene Väter, ich weiß die Ehre zu schätzen, daß ihr mir diese umfassende Befehlsgewalt anvertrauen wollt. Ich würde gern annehmen, aber... «
Er hielt inne und ließ seinen freundlichen Blick von einem Gesicht zum anderen wandern. »... ich allein bin nicht maßgebend. Wenn ich über einigen Einfluß verfüge, dann verdanke ich ihn den rund tausend Männern aus dem Ritterstand, die ihr politisches Gewicht in diesem Haus nicht direkt zum Tragen bringen können. Ich kann das Imperium nicht annehmen, ohne ihrer Zustimmung sicher zu sein. Deshalb ersuche ich das hohe Haus, einen Senatsbeschluß zur Ratifizierung an die Versammlung der Plebs weiterzuleiten. Wenn diese Versammlung die Vergabe des Imperiums an mich gutheißt, nehme ich liebend gern an.«
Das ist schlau, Crassus! mußte Caesar anerkennen. Wenn der Senat ein Imperium vergab, konnte er es auch wieder entziehen, wie es Gellius und Clodianus erleben mußten. Aber wenn der Senat der Versammlung der Plebs einen Beschluß zur Ratifizierung zuleitete und die Versammlung ihn tatsächlich ratifizierte, dann konnte nur diese Körperschaft ihn auch wieder annullieren. Unmöglich war es nicht, aber da den Volkstribunen seit Sullas Reformen der Biß fehlte und der Senat sich zudem nicht gerade durch Entschlußfreudigkeit auszeichnete, würde eine von der Versammlung der Plebs ratifizierte Imperiumsvergabe Crassus in eine sehr starke Position versetzen. Wirklich schlau, Crassus!
Niemand wunderte sich, daß der Senat seinen Beschluß folgsam der Versammlung der Plebs zuleitete und daß diese ihn auch einhellig ratifizierte. Marcus Licinius Crassus konnte sich als Imperiumsträger im Krieg gegen Spartacus in einer stärkeren Position fühlen als Pompeius in Hispania Citerior; Pompeius war das Imperium nur vom Senat verliehen worden, es war also kein Gesetz in Roms Tabularien.
Marcus Crassus stürzte sich nun mit der gleichen Energie in seine neue Aufgabe, mit der er sonst spottbillige Sklaven in bestimmten Fertigkeiten drillen ließ, um sie dann teuer zu verkaufen.
Als erstes gab er die Namen seiner Legaten bekannt: der zwei- undfünfzigjährige Lucius Quinctius, der Konsuln und Gerichten das Leben schwermachte; Marcus Mummius, der fast das Alter für die Prätur erreicht hatte; Gaius Pomptinus, ein junger Kriegsherr; und Quintus Arrius, der einzige Veteran aus dem Krieg gegen Spartacus, auf den Crassus große Stücke hielt.
Dann wählte er seine Stabsoffiziere aus. Da die Truppen der Konsuln durch Verluste im Gefecht und durch Fahnenflucht zahlenmäßig von vier auf zwei Legionen gesunken waren, wollte er nur die ersten zwölf der vierundzwanzig Militärtribunen einsetzen, aber nicht diejenigen, die für dieses Jahr gewählt worden waren. Ihre Dienstzeit ging zu Ende, und Crassus schien nichts gefährlicher für seine arg gebeutelten Legionen, als ihre Offiziere knapp einen Monat nach Beginn des Feldzugs schon wieder austauschen zu müssen. Deshalb wollte er die für das kommende Jahr gewählten Tribunen möglichst früh einberufen. Er berief auch einen der Quästoren des kommenden Jahres: Gnaeus Tremellius Scrofa, Sproß einer alten Prätorenfamilie.
Bis es soweit war, ging Crassus nach Capua und schickte von dort aus Werber zu seinen Veteranen aus
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