MoR 03 - Günstlinge der Götter
den Tagen, als er Krieg gegen Carbo und die Samniter geführt hatte. Er mußte sehr rasch sechs Legionen ausheben. Mancher, der ihm nicht wohlgesonnen war, erinnerte sich daran, daß seine Soldaten damals wenig Verständnis für seine Weigerung hatten, die Beute aus Städten wie Tuder nicht zu verteilen, und prophezeite, er werde nur wenige Freiwillige zusammenbringen. Möglicherweise hatte sich aber mit den Jahren der Groll gelegt, auf jeden Fall strömten seine Veteranen in hellen Scharen zu seinen Feldzeichen. Als daher Anfang November bekannt wurde, daß Spartacus’ Rebellenarmee kehrtgemacht hatte und nun die Via Aemilia hinunterzog, war Crassus mit seinen militärischen Vorbereitungen fast fertig.
Er hatte sich auch um die Überreste der konsularischen Legionen kümmern müssen, die seit den Niederlagen von Gellius und Clodianus ihr Lager bei Firmum Picenum nicht verlassen hatten. Sie umfaßten zwanzig Kohorten, also die gewöhnliche Kohortenzahl zweier Legionen, waren aber die Überlebenden von vier Legionen, weshalb nur die wenigsten unter ihnen in der gleichen Einheit gekämpft hatten. Sie hatten nicht nach Capua verlegt werden können, solange Crassus’ sechs Legionen dort ausgehoben und zusammengestellt wurden. In den letzten Jahren waren so wenig neue Truppen ausgehoben worden, daß man die Hälfte des Lagers um Capua geschlossen und aufgelöst hatte.
Crassus wußte, daß Spartacus mit seiner Armee bis in die Nähe von Ariminum gelangt war, als er Marcus Mummius und die zwölf Militärtribunen nach Firmum Picenum schickte, um die zwanzig Kohorten abzuholen. Er hatte daher Mummius den strikten Befehl erteilt, jede Berührung mit dem Feind zu vermeiden, der immer noch nördlich von Firmum Picenum vermutet wurde. Es war Mummius’ Unglück, daß Spartacus Troß und Zivilisten in Ariminum zurückgelassen hatte und mit seinen Truppen weitergezogen war, da er wußte, daß ihm keine Gefahr im Rücken drohte. So kam es, daß zur gleichen Zeit, da Mummius in dem von Gellius und Clodianus errichteten Lager eintraf, auch die Vorausabteilung der Rebellenarmee dort auftauchte.
Ein Zusammenstoß der feindlichen Truppen war unvermeidlich. Mummius gab sein Bestes, aber weder er noch seine Militärtribunen, unter ihnen auch Caesar, konnten etwas ausrichten. Keiner von ihnen kannte die Truppe, die nie richtig ausgebildet worden war und zudem Angst vor den Rebellen hatte. Was dann kam, verdiente den Namen Schlacht nicht. Die Rebellen walzten das Lager nieder, als bestehe es gar nicht, während die Soldaten der konsularischen Legionen von Panik ergriffen in alle Winde davonstoben. Sie warfen Waffen, Schilde, Leibpanzer und Helme fort, alles, was sie am Laufen hinderte. Die Letzten wurden erschlagen, das Gros der Fußtruppen kam mit dem Leben davon. Die Rebellen dachten gar nicht daran, die Flüchtenden zu verfolgen, sondern sammelten nur die zurückgelassenen Waffen und Rüstungen ein und fledderten die Leichen der Gefallenen.
»Es stand nicht in deiner Macht, dieses Fiasko zu verhindern«, sagte Caesar zu Mummius. »Die Schuld liegt bei unserer militärischen Aufklärung.«
»Marcus Crassus wird wütend sein«, rief Mummius verzweifelt.
»Das ist noch gelinde ausgedrückt«, sagte Caesar grimmig. »Aber auch die Spartacani sind ein undisziplinierter Haufen.«
»Immerhin über hunderttausend!«
Sie waren auf dem Gipfel eines Berges postiert und beobachteten, wie sich ganze Völkerscharen nach Süden wälzten. Caesar, der scharfe Augen besaß, wies in die Ferne.
»An Truppen besitzt Spartacus nicht mehr als achtzigtausend Mann, vielleicht noch weniger. Was wir jetzt sehen, sind die Zivilisten — Frauen, Kinder und Männer, die keine Waffen tragen. Insgesamt zahlen sie gewiß wenigstens fünfzigtausend. Spartacus hat einen Mühlstein am Hals, denn er muß die Familien und das Hab und Gut seiner Krieger mit sich schleppen. Wir haben es nicht mit einer Armee, sondern mit einem Volk ohne Heimat zu tun, Mummius.«
Mummius nahm sich zusammen. »Wir haben keinen Grund, weiter hier zu bleiben. Marcus Crassus muß Meldung über das Geschehen erstattet werden, je eher, desto besser.«
»Die Spartacani werden in ein oder zwei Tagen verschwunden sein«, schätzte Caesar. »Ich schlage vor, daß wir hier bleiben, bis alle weitergezogen sind, und dann die versprengten Reste der konsularischen Legionen sammeln. Wenn wir sie sich selbst überlassen, sehen wir sie nie wieder. Ich glaube, Marcus Crassus wäre es lieber, sie zu
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