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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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viele, die den bestimmenden Kreisen der Plebs angehörten. Er kannte sie alle, und keiner von ihnen würde ihm seine Stimme versagen.
    Tatsächlich stand er nach der Auszählung der Stimmen an der Spitze. Wie die anderen zwanzig neugewählten Quästoren würde er sein Amt am fünften Tag des Dezember und nicht am Neujahrstag antreten. Die Lose, die den Tribunen die Legion, in der sie Dienst tun sollten, zuwiesen, würden erst kurz vor seinem Dienstantritt gezogen. Daher konnte er auch schwerlich eine konsularische Legion besuchen, selbst Capua lag außerhalb seiner Reichweite. Ein bedrückender Umstand angesichts der militärischen Katastrophen in jenem Jahr.
    Ende des Quinctilis war auch dem begriffsstutzigsten Senator klargeworden, daß die Konsuln Gellius und Clodianus den Vormarsch des Spartacus nicht aufhalten konnten. Mit Philippus an der Spitze, dem diese Aufgabe nicht leichtfiel, denn er gehörte wie die Konsuln zur Partei des Pompeius, brachte eine Abordnung des Senats den Konsuln schonend bei, daß ihnen der Oberbefehl im Krieg gegen Spartacus wieder entzogen werde. Man brauche sie in Rom zum Regieren, das Kriegführen könne man einem Senator mit prokonsularischem Imperium überlassen. Dieser Mann müsse bei den Veteranen so hohes Ansehen genießen, daß sie sich von ihm überzeugen ließen, noch einmal zu ihren alten Feldzeichen zurückzukehren. Ein Mann, der auf eine lange Kriegserfahrung zurückblicke und vorzugsweise Sullanische Ansichten vertrete. Ein Mann schließlich, der nicht bloß dem Senat angehöre, sondern mindestens schon einmal Prätor gewesen sei.
    Natürlich wußte jeder in- und außerhalb des Senats, daß es nur einen Kandidaten für diese Aufgabe gab, einen, der ohne ferne Provinz und ohne irgendwelche Kriegshändel frei von staatlichen Pflichten in Rom saß, einen zudem, der über die notwendige Veteranengefolgschaft und genügend militärische Erfahrung verfügte: Marcus Licinius Crassus. Er war im Jahr zuvor Stadtprätor gewesen, hatte dann aber einen Statthalterposten mit der Begründung abgelehnt, daß er in Rom mehr gebraucht werde als in irgendeiner fernen Provinz. Bei jedem anderen wäre dies als staatsbürgerliche Trägheit und Mangel an politischem Ehrgeiz sofort verurteilt worden, aber einem Marcus Crassus sah man dergleichen nach. Das mußte man allerdings auch, denn der größte Teil des Senats stand mit einer mehr oder weniger hohen Summe bei ihm in der Kreide. Nicht, daß er alle seine Beziehungen spielen ließ, um das Amt zu bekommen. Das entsprach nicht seiner Art. Statt dessen saß er in seinen Büros hinter dem Macellum Cuppedenis und wartete ab. Von Büros zu sprechen, mochte Eindruck machen, bis der Neugierige einmal selbst Crassus’ Haus besuchte. Keine teuren Bilder schmückten die Wände, keine bequemen Sofas standen bereit, keine großen Säle boten Raum für plaudernde Gruppen von Klienten, keine Diener reichten Falerner Wein und erlesene Käsesorten herum. Daß dergleichen anderswo üblich war, wußte man. Titus Pomponius Atticus etwa, der frühere Partner Crassus’, den er nun so verabscheute, führte seine Geschäfte in einer exquisiten Umgebung. Crassus dagegen verstand gar nicht, wie ein mit allen Wassern gewaschener Geschäftsmann überhaupt das Verlangen haben konnte, sich mit schönen und kostbaren Dingen zu umgeben. Für ihn war das vergeudetes Geld. In seinem Büro saß er hinter einem Schreibtisch in einer Ecke des überfüllten großen Raumes, umgeben von Buchhaltern, Schreibern und Sekretären. Das mochte auf den ersten Blick wie eine Unbequemlichkeit erscheinen, hatte aber den Vorteil, daß er sein Personal ständig im Auge hatte, und seinem Auge entging nichts.
    Nein, er buhlte nicht um dieses Amt, und er mußte sich die Gunst der Senatoren nicht erkaufen. Mochte Pompeius Magnus sein Geld für solche Machenschaften vergeuden! Damit brauchte er sich nicht abzugeben, der jedem Senator in Geldverlegenheit Bargeld in beliebiger Höhe zu leihen bereit war — und dazu noch zinslos. Pompeius würde sein Geld nie wiederbekommen. Crassus dagegen konnte seine geliehenen Summen jederzeit zurückfordern und litt daher nie unter Geldknappheit.
    Im September faßte der Senat endlich einen Entschluß: Er fragte Marcus Licinius Crassus, ob er, ausgestattet mit einem vollen prokonsularischen Imperium, acht Legionen übernehmen und im Krieg gegen den thrakischen Gladiator Spartacus befehligen wolle. Crassus nahm sich mehrere Tage Bedenkzeit für seine Antwort,

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