MoR 03 - Günstlinge der Götter
wenn du die Arbeit als eine Herausforderung betrachtest und sie eine wertvolle gesetzgeberische Erfahrung für dich ist, dann mach das Gesetz. Niemand wird davon erfahren — dafür wird er schon sorgen.«
»Da hast du allerdings recht«, lachte Caesar. Dann wurde er ernst. »Ich würde es tatsächlich gerne tun. Wir haben keine ordentlichen Volkstribunen mehr gehabt, seit ich ein Junge war — Sulpicius war der letzte. Und ich sehe eine Zeit voraus, in der wir die Gesetze der Tribunen alle dringend brauchen werden. Für mich als Patrizier war es eine interessante Erfahrung, mit den Volkstribunen zusammenzuarbeiten. Palicanus hat mir übrigens schon den Mann vorgestellt, mit dem ich als nächstes arbeiten werde.«
»Wen?«
»Einen gewissen Plautius, aber nicht aus der alten Familie der Silvani. Er stammt wie Palicanus aus Picenum, und seine Familie scheint auf einen Freigelassenen zurückzugehen. Ein guter Mann. Er ist bereit, alles durchzusetzen, was ich durch die wiedererstarkte Versammlung der Plebs erreichen will.«
»Die tribunizischen Wahlen haben noch nicht stattgefunden«, sagte Crassus. »Vielleicht wird er nicht gewählt.«
»Er kann nicht verlieren«, sagte Caesar zuversichtlich. »Er ist einer von Pompeius’ Leuten.«
»Sind sie nicht ein Fluch unserer Zeit?«
»Pompeius hat Glück, daß er dich zum Kollegen hat, Marcus Crassus. Ich muß mir immer Metellus das Zicklein an deiner Stelle vorstellen. Eine Katastrophe! Aber es tut mir leid, daß du nicht die Ehre hast, erster Konsul zu sein.«
Crassus lächelte milde. »Mach dir keine Sorgen, Caesar. Ich habe ein paar Überraschungen für ihn auf Lager. Wenn unsere Amtszeit Ende nächsten Jahres zu Ende ist, wird Rom mehr Grund haben, meinen Abschied zu beklagen als den seinen, das garantiere ich dir.«
»Na dann«, sagte Caesar und erhob sich. »Höchste Zeit, daß ich nach Hause gehe. Ich habe die Frauen in meiner Familie noch kaum gesehen, seit ich nach Rom zurückgekehrt bin. Sie brennen sicher darauf, alles über die Wahlen zu hören.«
Caesar bereute seinen Entschluß, kaum daß er einen Blick in sein Wohnzimmer geworfen hatte. Es schienen unzählige Frauen auf ihn zu warten. Als er sie trotzdem zählte, waren es sechs: seine Mutter, seine Frau, seine Schwester Ju-ju, seine Tante Julia, die Frau des Pompeius und noch eine weitere Frau, die er nach einigem Überlegen als seine Cousine Julia identifizierte. Sie wurde Julia Antonia genannt, weil sie mit Marcus Antonius, dem Piratenjäger, verheiratet war. Aller Augen waren auf sie gerichtet, und das war kein Wunder. Sie saß mit steif von sich gestreckten Beinen auf dem Rand ihres Stuhls und heulte wie ein Schloßhund.
Caesar hatte noch kein Wort sagen können, da erhielt er einen gewaltigen Stoß ins Kreuz, und als er herumwirbelte, sah er einen großen Knaben hinter sich stehen, der unübersehbar ein Antonius war und ein breites Grinsen aufgesetzt hatte. Das Grinsen verging ihm rasch. Caesars Hand schoß vor, er packte den Jungen an der Nase und riß ihn grob zu sich her. Der Knabe stieß ein Heulen aus, das dem seiner Mutter in nichts nachstand, aber er dachte nicht daran, sich hilflos zusammenzukrümmen. Statt dessen versuchte er mit seinem großen Fuß Caesars Schienbein zu treffen, ballte die Hände zu Fäusten und schlug wild um sich. In diesem Augenblick stürzten sich zwei weitere kleinere Jungen auf Caesar und bearbeiteten seine Flanken und seine Brust mit ihren Fäustchen. Doch der dreifache Angriff verpuffte wirkungslos in den Falten von Caesars riesiger Toga.
Im Nu waren alle drei Knaben außer Gefecht gesetzt — zu schnell, als daß eine der Anwesenden hätte sehen können, wie es geschah. Die beiden kleineren Jungen knallten hörbar mit den Köpfen zusammen und flogen gegen die Wand; der größere Junge erhielt eine Ohrfeige, die ihm die Tränen in die Augen trieb, und wurde mit einigen kräftigen Tritten in den Hintern zu seinen Brüdern befördert.
Die Mutter hatte aufgehört zu heulen, als der ungleiche Kampf begann, und sprang jetzt auf, um über den Peiniger ihrer Lieblinge herzufallen.
»Setz dich, Weib!« donnerte Caesar so laut, daß sie zurück zu ihrem Stuhl wankte und erneut in Tränen ausbrach.
Caesar faßte nun die Jungen ins Auge, die sich halb liegend, halb sitzend an die Wand drückten und genauso laut heulten wie ihre Mutter.
»Wenn sich einer von euch von der Stelle rührt, wird er wünschen, nie geboren zu sein. Dies ist mein Haus, und nicht die
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