MoR 03 - Günstlinge der Götter
nächstes Jahr Konsuln — ein großer Vorteil! Wir können dann mit Leichtigkeit das Losverfahren manipulieren, damit Marcus den Vorsitz bekommt, und gleichgültig, ob die Gerichte des nächsten Jahres mit Senatoren oder Rittern besetzt sind — wir werden sie bestechen!«
»Aber wir haben erst April«, sagte Verres bedrückt. »Ich sehe keine Möglichkeit, wie wir das Verfahren bis zum Jahresende verzögern könnten.«
»Doch, das können wir«, sagte Hortensius zuversichtlich. »In Fällen wie diesem, wo die Beweise in großer Entfernung von Rom gesammelt werden müssen, und das in einem so großen Land wie Sizilien, braucht jeder Ankläger sechs bis acht Monate, um seinen Prozeß vorzubereiten. Ich weiß, daß Cicero noch nicht einmal begonnen hat, denn er ist noch immer in Rom und hat auch noch keine Agenten nach Sizilien geschickt. Er hofft natürlich, daß er rasch Beweise und Zeugen auftreiben kann, aber da wird ihm Lucius Metellus einen Strich durch die Rechnung machen. Er ist Statthalter von Sizilien und wird Cicero oder seinen Agenten jeden erdenklichen Knüppel zwischen die Beine werfen.«
Hortensius strahlte. »Ich sage voraus, daß Cicero das Verfahren frühestens im Oktober eröffnen kann. Natürlich hätte er auch dann noch genug Zeit für einen Prozeß. Doch wir werden ihn nicht stattfinden lassen! Wir beantragen nämlich, daß Glabrios Gericht vor deinem Fall einen anderen verhandelt, Verres. Das Opfer muß jemand sein, der eine Menge hieb- und stichfester Beweise hinterlassen hat, die wir schnell zusammentragen können. Irgendein armer Idiot, der ein paar kleine Unterschlagungen auf dem Kerbholz hat, kein so großer Fisch wie ein Provinzstatthalter. Wir sollten uns den Präfekten eines Verwaltungsbezirks aussuchen, beispielsweise in Griechenland. Ich habe da schon ein Opfer im Auge. Bis Ende des Monats Quinctilis haben wir genügend Beweise, um den Stadtprätor zufriedenzustellen. Cicero kann bis zu diesem Zeitpunkt unmöglich prozeßbereit sein. Aber wir werden es sein!«
»Wen hast du denn als Opfer vorgesehen?« fragte Metellus das Zicklein erleichtert.
»Ich hatte an Quintus Curtius gedacht«, sagte Hortensius. »Er war Varro Lucullus’ Legat und Präfekt von Achaia, als Varro Statthalter von Mazedonien war. Wenn Varro nicht vollauf damit beschäftigt gewesen wäre, die Besser in Thrakien zu unterwerfen und mit dem Boot die Donau bis zum Meer hinunterzufahren, hätte er selbst dafür gesorgt, daß Curtius angeklagt wurde. Als er jedoch zurückkehrte und von Curtius’ kleinen Unterschlagungen erfuhr, hielt er den Zeitpunkt für zu spät und die Sache für zu unbedeutend, um noch ein Verfahren einzuleiten. Die Beweise sind jedoch vorhanden. Wir brauchen sie nur zusammenzutragen, und Varro Lucullus wird uns mit Vergnügen helfen, unseren kleinen Fisch an Land zu ziehen. Ich beantrage sofort beim Stadtprätor, das Verfahren gegen Quintus Curtius noch dieses Jahr zu eröffnen.«
»Dann gibt Lucius Cotta Glabrio die Anweisung, dasjenige Verfahren zuerst zu eröffnen, das zuerst vorbereitet ist«, sagte Verres eifrig. »Und das wird, wie du sagst, der Fall Curtius sein. Wenn der Prozeß erst einmal eröffnet ist, kannst du ihn leicht bis zum Ende des Jahres verschleppen! Cicero wird mit seinem Prozeß warten müssen. Das ist genial, Quintus Hortensius, einfach genial!«
»Ja«, sagte Hortensius selbstgefällig, »ich glaube, meine Idee ist nicht schlecht.«
»Cicero wird schäumen vor Wut«, sagte Metellus.
»Es wäre mir ein Hochgenuß, das zu erleben!« sagte Hortensius.
Sie mußten letztlich doch auf den Genuß verzichten. Als Cicero hörte, daß Hortensius gegen einen früheren Präfekten von Achaia ein Verfahren vor dem Gericht für Erpressungsfälle angemeldet hatte, wußte er sofort, was Hortensius bezweckte. Er war entsetzt, und dann fiel er in eine rabenschwarze Depression.
Sein geliebter Vetter Lucius Cicero war aus Arpinum zu Besuch gekommen und sah sofort, wie verstört Cicero war. »Was ist los?« fragte er.
»Hortensius! Er will einen anderen Fall vor das Gericht bringen, bevor ich die Beweise gegen Gaius Verres beisammen habe.« Cicero ließ sich entmutigt auf seinen Stuhl sinken. »Unser Prozeß wird sich bis ins nächste Jahr hinziehen, und ich würde mein ganzes Vermögen darauf wetten, daß die Zicklein-Meteller und Hortensius bereits einen Weg ausgebrütet haben, wie sie Marcus dem Zicklein die Zuständigkeit für den Gerichtshof für Erpressungsfälle zuschanzen
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