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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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plebejischen Ädil gekürt. Cicero und Caesonius hatten das Gefühl, gut zusammenarbeiten zu können, und Cicero gefiel es besonders, daß sein Kollege ein wirklich reicher Mann war.
    Dank der amtierenden Konsuln Pompeius und Crassus fanden in Rom diesen Sommer so viele wichtige Ereignisse statt, daß die Wahlen kein großes Aufsehen erregten. Die Wahlleiter und der Senat wollten dieses Jahr alles, was mit den Wahlen zu tun hatte, möglichst schnell hinter sich bringen. Deshalb wurden schon am Tag nach der letzten Wahlversammlung die Lose gezogen, die den Staatsbeamten für das nächste Jahr ihre Tätigkeitsbereiche zuwiesen. Niemand war überrascht, als das Los wie durch ein Wunder Marcus dem Zicklein den Vorsitz im Gericht für Erpressungsfälle bescherte. Damit war alles vorbereitet, um Gaius Verres zu Beginn des nächsten Jahres den Freispruch zu sichern.
    Am letzten Tag des Quinctilis schlug Cicero zu. Da keine Versammlungen der Komitien anberaumt waren, war der Gerichtshof des Stadtprätors offen, und Lucius Aurelius Cotta war persönlich anwesend. Cicero marschierte mit seinen Mandanten im Schlepptau schnurstracks auf ihn zu, verkündete, daß er den Prozeß gegen Gaius Verres komplett vorbereitet habe, und bat Lucius Cotta zusammen mit Manius Acilius Glabrio, dem Vorsitzenden des Gerichtshofs für Erpressungsfälle, einen passenden Termin für das Verfahren festzusetzen, damit es sobald wie möglich beginnen könne.
    Alle Senatoren hatten das Duell zwischen Cicero und Hortensius mit Spannung verfolgt. Die Anhänger der Familie Caecilius Metellus stellten nur eine Minderheit im Senat, und weder Lucius Cotta noch Glabrio gehörten zu ihnen; tatsächlich wären die meisten eingeschriebenen Väter durchaus glücklich gewesen, wenn Cicero das ausgeklügelte Verteidigungssystem überwunden hätte, das Hortensius und die Zicklein-Meteller für Verres aufgebaut hatten. Lucius Cotta und Glabrio waren daher entzückt, Cicero mit dem nächstmöglichen Termin dienen zu können.
    Die ersten beiden Tage des Sextilis waren feriae, an denen keine Strafprozesse stattfinden durften, und am dritten Tag fand die Prozession der gekreuzigten Hunde statt. Als die Gallier vierhundert Jahre zuvor in Rom einmarschiert waren und das Kapitol als Brückenkopf besetzen wollten, schlugen die Wachhunde nicht an. Nur das Schnattern der heiligen Gänse hatte den Konsul Marcus Manlius geweckt und es ihm ermöglicht, den gallischen Angriff abzuschlagen. Seit jener Nacht formierte sich in der Arena des Circus Maximus jedes Jahr ein feierlicher Zug: Neun Hunde wurden an Kreuze aus Holunderholz genagelt, und eine Gans wurde mit Blumen bekränzt auf einer purpurnen Sänfte im Zug mitgetragen, um der Feigheit der Hunde und des Heldentums der Gänse zu gedenken. Der Tag war schlecht geeignet für einen Strafprozeß, denn der Hund galt als ein Tier der Unterwelt.
    So wurde der Prozeßbeginn auf den fünften Tag des Sextilis gelegt, inmitten einer Stadt, die trotz der drückenden Sommerhitze von Besuchern überquoll und begierig der Genüsse harrte, die Pompeius und Crassus für sie vorbereitet hatten. Trotzdem nahm niemand an, daß der Prozeß gegen Gaius Verres unter Zuschauermangel leiden werde, selbst wenn das Verfahren mit Crassus’ öffentlichem Festessen und den Siegesspielen des Pompeius würde wetteifern müssen.
    Sulla hatte für seine neuen ständigen Gerichtshöfe die Verfahrensregeln von Gaius Servilius Glaucia im wesentlichen beibehalten, aber beträchtlich verfeinert, was sich nachteilig auf die Dauer der Verfahren auswirkte. Jeder Prozeß gliederte sich in zwei Teile, die actio prima und die actio secunda. Zwischen dem ersten und dem zweiten Teil mußte eine Frist von einigen Tagen liegen, die der Vorsitzende des Gerichts auf Wunsch, jedoch beliebig verlängern konnte.
    Die actio prima bestand aus einer langen Rede des Chefanklägers, der eine ähnlich lange Rede des Hauptverteidigers folgte. Danach hielten die anderen Anwälte der Anklage und der Verteidigung abwechselnd weitere lange Reden, bis sämtliche Vertreter beider Seiten zu Wort gekommen waren. Danach wurden die Zeugen der Anklage vernommen, wobei die Verteidigung jeden einzelnen ins Kreuzverhör nahm und ihn die Anklage wenn nötig erneut in den Zeugenstand rufen konnte. Wenn eine der beiden Parteien das Verfahren verzögern wollte, konnte die Zeugeneinvernahme sehr lange dauern. Danach wurden die Zeugen der Verteidigung aufgerufen, wobei die Anklage jeden einzelnen ins

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