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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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sprach mit keinem Wort davon, seine Truppen abzuziehen. Zahlenmäßig war er Sulla immer noch weit überlegen, der denn auch keine Anstalten machte, aus seinem Lager auszubrechen. Während Carbo darauf wartete, daß die Dinge ihren Lauf nahmen und ihm die Entscheidung darüber, was zu tun sei, abnehmen würden, traf aus dem italischen Gallien die Nachricht ein, daß Norbanus mitsamt seinen Legaten Quinctius und Albinovanus besiegt worden war und Metellus Pius und Varro Lucullus die Provinz besetzt hielten. Am niederschmetterndsten aber waren die Begleitumstände der Niederlage. Publius Albinovanus, der lucanische Legat, hatte Norbanus und die anderen Mitglieder des militärischen Oberkommandos unter dem Vorwand einer Unterredung nach Ariminum gelockt und dort alle Anwesenden bis auf Norbanus selbst ermorden lassen. Dann hatte er Metellus Pius die Stadttore geöffnet und ihm im Austausch gegen seine Begnadigung Norbanus ausgeliefert. Später war Norbanus, der den Wunsch geäußert hatte, irgendwo im Osten um Asyl nachzusuchen, erlaubt worden, ein Schiff zu besteigen. Der einzige überlebende Legat war also Lucius Quinctius, der sich in Varro Lucullus’ Gewahrsam befunden hatte, als die Morde verübt wurden.
    Tiefe Gedrücktheit senkte sich über Carbos Lager. Männer wie Censorinus sehnten sich in ihrem unstillbaren Tatendrang nach einem Kampf, aber Sulla verhielt sich immer noch ruhig. Unfähig, Censorinus weiter zurückzuhalten, schickte Carbo ihn mit acht Legionen nach Praeneste, wo er versuchen sollte, den Belagerungsring um den jungen Marius zu zerschlagen. Zehn Tage später kehrte Censorinus zurück. Er hatte keine Möglichkeit gesehen, dem jungen Marius zu helfen. Die von Ofella errichteten Verteidigungsanlagen hatten sich als unüberwindbar erwiesen. Daraufhin sandte Carbo eine zweite Armee nach Praeneste, die aber in einen von Sulla gelegten Hinterhalt geriet und dabei zweitausend gute Soldaten verlor. Eine dritte Streitmacht unter dem Kommando des Brutus Damasippus versuchte, einen Weg durch die Berge zu finden und über die Schleichpfade in die Stadt vorzudringen. Aber auch dieses Unternehmen scheiterte. Angesichts der hinter der Stadt errichteten Belagerungsanlagen gab Brutus Damasippus alle Hoffnung auf und kehrte unverrichteter Dinge nach Clusium zurück.
    Selbst die Nachricht, daß der gelähmte Samniterführer Gaius Papius Mutilus in Aesernia eine vierzigtausend Mann starke Armee um sich geschart habe und mit ihr auf Praeneste vorrücke, konnte Carbos Stimmung nicht heben, Tag für Tag versank er tiefer in seiner Depression. Da half auch der Brief von Mutilus nichts, der ihn davon unterrichtete, daß er nicht vierzig-, sondern siebzigtausend Männer ins Feld schicken werde. Marcus Lamponius sandte zwanzigtausend Männer aus Lucanien zu Hilfe und T iberius Gutta weitere zehntausend Soldaten aus Capua.
    Der Juni ging ins Land, und der Quintilis brach an, aber Carbo zermarterte sich sein Hirn immer noch auf der Suche nach einer befriedigenden Lösung. Der einzige, dem er wirklich vertraute, war Marcus Junius Brutus, sein Proquästor. Schließlich wandte er sich in seiner Verzweiflung an ihn.
    »Wenn Albinovanus nicht davor zurückschreckt, Männer hinzuschlachten, mit denen zusammen er lange Monate hindurch gelacht und gekämpft hat, wie kann ich mir dann noch meiner eigenen Legaten sicher sein?« fragte er.
    Er und Brutus folgten der drei Meilen langen Via Principalis, einer der beiden durch das Lager führenden Hauptstraßen. So breit, wie die Straße war, konnten sie sicher sein, daß keine unerwünschten Mithörer ihrem Gespräch lauschten.
    Der alte Mann blinzelte in dem hellen Sonnenlicht und bewegte seine blau verfärbten Lippen, ohne jedoch etwas zu sagen. Er nahm sich Zeit und wog die Frage in seinem Kopf ab, bevor er schließlich trocken antwortete: »Nein, du kannst ihrer nicht sicher sein, Gnaeus Papirius.«
    »O ihr Götter, was soll ich nur tun?« rief Carbo verzweifelt aus und faßte sich mit zittriger Hand an den Kopf.
    »Im Moment gar nichts. Du mußt dich in sichere Gefilde absetzen, bevor einer oder mehrere deiner Legaten deinen Tod als die für sie vorteilhafteste Lösung betrachten.«
    »Mich absetzen?«
    »Ja, absetzen«, erwiderte Brutus mit fester Stimme.
    »Aber meine Legaten würden das nie zulassen!« Carbo zitterte inzwischen am ganzen Körper.
    »Wohl kaum. Aber sie brauchen davon ja auch nichts zu wissen. Ich werde mich um alles Notwendige kümmern. Du tust weiterhin so, als

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