MoR 03 - Günstlinge der Götter
unverschämt? »Marcus Crassus, du bist verschlagen und hinterhältig«, sagte er schließlich. »Eingedenk des Rufs deiner Familie und deiner Stellung schenke ich dir diesmal Glauben. Aber sei gewarnt! Sollte ich jemals entdecken, daß du dich in meinen Diensten auf Kosten des Staates bereichert hast, will ich dich nie mehr sehen.«
»Das ist nur gerecht«, nickte Crassus zur Antwort und trollte sich.
Publius Servilius Vatia, der die Unterhaltung verfolgt hatte, lächelte Sulla an. »Einfach unmöglich, Crassus sympathisch zu finden.«
»Dafür gibt es auch nur wenige Männer, denen er wohlgesonnen ist«, sagte Sulla und legte seinen Arm um Vatias Schultern. »Aber du, Vatia, du bist ein Glückspilz.«
»Ich?«
»Ja, weil ich dich mag. Du bist ein guter Verbündeter — weder überschreitest du jemals deine Grenzen, noch streitest du mit mir. Was auch immer ich von dir verlange, du tust es.« Sulla gähnte, und Tränen traten ihm in die Augen. »Ich fühle mich so ausgetrocknet. Was ich jetzt brauche, ist ein Krug Wein.«
Vatia, ein schlanker und gutaussehender Mann mit dunklen Haaren, gehörte nicht zu den patrizischen Servilii, doch sein Stammbaum reichte weit genug zurück, um ihn auch den strengsten gesellschaftlichen Ansprüchen genügen zu lassen. Zudem war seine Mutter, die Tochter des Metellus Macedonius, eine der angesehensten Caecilii Metelli. Was nicht mehr und nicht weniger hieß, als daß Vatia irgendwie mit allen verwandt war, deren Stimme Gewicht hatte. Unter anderem auch, dank einer Heirat, mit Sulla. So fühlte er sich von Sullas Arm auf seiner Schulter nicht bedroht, sondern erwiderte die Umarmung und geleitete Sulla zum Feldherrenzelt. Sulla hatte an diesem Tag bereits sehr ausgiebig dem Wein zugesprochen und konnte eine Stütze gut gebrauchen.
»Was soll ich mit diesen Männern nur tun, wenn ich Rom erobert habe?« wandte sich Sulla an Vatia, der ihm gerade einen Becher mit dem für ihn reservierten Wein füllte. Vatia schenkte sich selbst aus einem anderen Krug ein und achtete darauf, daß sein Wein gut verwässert war.
»Welche Männer meinst du? Crassus?«
»Ja, Crassus. Und Pompeius Magnus.« Sulla verzog die Lippen, und Vatia konnte sein Zahnfleisch sehen. »Ich frage dich, Vatia, was soll das? Magnus! In seinem Alter!«
»Nun«, lächelte Vatia und setzte sich auf einen Klappstuhl, »wenn Pompeius zu jung ist, dann bin ich zu alt. Ich hätte bereits vor sechs Jahren zum Konsul gewählt werden sollen. Jetzt ist es wohl endgültig zu spät.«
»Sei unbesorgt, Vatia. Wenn ich siege, wirst du Konsul werden. Ich bin ein gefährlicher Feind, aber auch ein aufrechter Freund.«
»Ich weiß, Lucius Cornelius«, erwiderte Vatia sanft.
»Nun, was meinst du, was soll ich mit ihnen anstellen?« kehrte Sulla zu seiner Frage zurück.
»Pompeius, ja, der wird dir Schwierigkeiten machen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß er sich zur Ruhe setzt, wenn die Kämpfe vorüber sind. Oder wie du verhindern willst, daß er sich vor der Zeit um irgendwelche politischen Ämter bewirbt.«
»Pompeius ist auf kein Amt aus«, lachte Sulla, »Pompeius jagt dem Ruhm der Schlachtfelder hinterher. Ich glaube, genau den werde ich ihm auch geben. Ja, wenn man die Dinge so sieht, kommt er eigentlich gerade zur rechten Zeit.« Durstig streckte er Vatia seinen leeren Becher hin. »Und Crassus? Was soll ich mit Crassus anfangen?«
»Oh, der schaut schon für sich selbst«, sagte Vatia und schenkte Sulla ein. »Er wird sich, und das kann ich auch sehr gut verstehen, ein Vermögen zusammenscheffeln. Nach dem Tod seines Vaters und seines Bruders hätte er mehr zu erwarten gehabt als eine reiche Witwe. Das Vermögen des Licinus Crassus war über dreihundert Talente schwer, aber natürlich wurde es beschlagnahmt. Da kannst du dich getrost auf Cinna verlassen, der hat sich garantiert jeden Sesterz unter den Nagel gerissen. Und der arme Crassus hatte bei weitem nicht den Einfluß, über den Catulus verfügte.«
»Der arme Crassus!« Sulla schnaubte wütend. »Er hat das Gold aus Tuder gestohlen, da bin ich mir ganz sicher.«
»Höchstwahrscheinlich«, entgegnete Vatia unbeeindruckt. »Aber du kannst es dir im Moment nicht leisten, ihn dafür zur Rechenschaft zu ziehen. Du brauchst ihn! Und das weiß er auch ganz genau. Was du vorhast, ist äußerst gewagt.«
Carbo wurde unverzüglich von der Ankunft von Pompeius und Crassus mit ihren Legionen unterrichtet. Seinen Legaten gegenüber gab er sich wie die Ruhe selbst und
Weitere Kostenlose Bücher