MoR 03 - Günstlinge der Götter
Geheimhaltung achten. Nicht einmal im Traum würde Carbo vermuten, daß wir uns nach Ancona zurückziehen. Warum also sollte er auch nur einen einzigen Späher über den Aesis nach Süden aussenden? Pompeius und Crassus, ihr müßt hierbleiben und Carbo fünf zusätzliche Legionen vorgaukeln. Ihr setzt euch erst in Bewegung, wenn Varro Lucullus und ich uns in Ancona eingeschifft haben. Versucht, Carrinas einzuholen. Wenn möglich, nagelt ihr ihn fest. Das gleiche gilt für Censorinus. Anfangs wird Carbo noch bei ihnen sein, aber sobald er erfährt, daß ich in Ravenna an Land gegangen bin, wird er Norbanus zu Hilfe eilen. Natürlich könnte er auch Censorinus oder Carrinas nach Forum Cornelii schicken, aber das glaube ich nicht. Carbo weiß, daß er seine Mitte nicht schwächen darf.«
»Das wird ein Riesenspaß!« rief Pompeius aufgeregt aus.
Die in dem Zelt Versammelten waren so zuversichtlich, daß keiner Pompeius’ Bemerkung als zu kindisch empfand; selbst Marcus Terentius Varro nicht, der ruhig in einer Ecke saß und eifrig Notizen machte.
Der Plan ging auf. Während Metellus Pius mit Varro Lucullus und fünf Legionen nach Ancona eilte, spielten die restlichen sechs Legionen Theater und gaukelten Carbo vor, elf Legionen zu sein. Pompeius und Crassus ließen einige Tage verstreichen, dann brachen sie das Lager ab und setzten über den Aesis, ohne auf Widerstand zu stoßen. Offensichtlich wollte Carbo sie in Richtung Ariminum locken und auf dem ihm vertrauteren Gelände eine Entscheidungsschlacht herbeiführen.
Pompeius blieb mit seiner Reiterei Carbos Nachhut, die Censorinus mit einer Reiterschar bildete, dicht auf den Fersen und führte immer wieder kleinere Attacken gegen sie aus. Das irritierte Censorinus, der sich noch nie durch besonders große Geduld ausgezeichnet hatte, so sehr, daß er in der Nähe von Sena Gallica Halt machen ließ und seinen Reitern befahl, Pompeius anzugreifen. Pompeius, der ein Talent für die Führung der Reiterei entwik- kelt hatte, behielt die Oberhand, und der schwer angeschlagene Censorinus mußte sich mit seinen Fußsoldaten und seiner Reiterei in Sena Gallica verschanzen. Doch es dauerte nicht lange, bis Pompeius die bescheidenen Befestigungen des Städtchens überrannt hatte. Censorinus opferte seine Reiterei, brach mit seinen acht Legionen Fußsoldaten aus Sena Gallica aus und beeilte sich, die Via Flaminia zu erreichen. Das war das Klügste, was er in dieser Situation tun konnte.
Zu diesem Zeitpunkt hatte Carbo bereits von Metellus Pius’ unwillkommenem Eintreffen in Faventia erfahren: Norbanus war somit von Ariminum abgeschnitten. Carbo eilte nach Faventia, Carrinas mit acht Legionen im Schlepptau. Censorinus sollte für sich selbst sorgen.
Doch dann stieß Brutus Damasippus, der bereits auf dem Weg nach Faventia war, zu Carbo und unterrichtete ihn von der vernichtenden Niederlage, die Sulla dem jungen Marius bei Sacriportus zugefügt hatte. Sulla rückte inzwischen auf der Via Cassia nach Arretium vor. Carbo warf seine bisherige Strategie über den Haufen, jetzt blieb ihm nur noch eine Möglichkeit. Norbanus mußte allein sehen, wie er das italische Gallien gegen Metellus Pius halten konnte. Carbo selbst wollte Sulla bei Arretium abfangen, was ihm angesichts der Tatsache, daß Sulla nur mit drei Legionen anrückte, nicht allzu schwierig erschien.
Pompeius und Crassus erfuhren ungefähr zur gleichen Zeit wie Carbo von Sullas Sieg bei Sacriportus und feierten ihn mit lautem Jubel. Sie wandten sich westwärts und verfolgten Carrinas und Censorinus, die mit jeweils acht Legionen versuchten, den bei Arretium an der Via Cassia stehenden Carbo zu erreichen. Sie legten eine mörderische Marschgeschwindigkeit vor, aber die Verfolger hielten mit. Je mehr sie sich der Via Flaminia näherten, desto bergiger wurde die Gegend. Pompeius erkannte, daß seine Reiter in diesem Gelände wenig würden ausrichten können, sandte sie zurück in das Lager am Aesis und übernahm wieder das Kommando über die Veteranen-Legionen seines Vaters. Crassus schien ihm die Führung willig zu überlassen, solange seine Vorschläge mit den Kalkulationen übereinstimmten, die er in seinem Dickschädel anstellte.
Erneut gaben die Veteranen-Legionen den Ausschlag. Auf der Via Flaminia zwischen Fulginum und Spoletium holten Pompeius und Crassus Censorinus ein. Doch es kam zu keiner Schlacht. Ausgelaugt, hungrig und mutlos suchten die Legionen des Censorinus ihr Heil in der Flucht. Die drei Legionen,
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