MoR 04 - Caesars Frauen
verstanden. Wie von Zauberhand wurden jede Aufstellung und jedes Haushaltsbuch in Ordnung gebracht; Schuldner wurden veranlaßt, jahrealte Zahlungsrückstände auszugleichen, Kreditgebern wurden seit Jahren ausstehende Summen wie aus heiterem Himmel zurückerstattet. Marcellus, Lollius, Catulus und die restlichen Senatoren wußten jetzt, woran sie waren. Der große Krieg um das Schatzamt war vorbei, und nur ein einziger Mann stand noch auf beiden Beinen: Marcus Porcius Cato. Und ganz Rom war begeistert von ihm, die Leute wunderten sich, daß die Regierung endlich einmal einen unbestechlichen Mann hervorgebracht hatte, einen Mann, der sich von niemandem kaufen ließ. Cato war berühmt geworden.
»Ich verstehe nicht ganz«, sagte der erschütterte Catulus zu seinem heißgeliebten Schwager Hortensius, »was Cato mit seinem Leben vorhat! Glaubt der Kerl wirklich, er könnte mit seiner Unbestechlichkeit Stimmen gewinnen? So etwas funktioniert vielleicht bei den Tribuswahlen, aber wenn er so weitermacht, wie er angefangen hat, wird er in den Zenturien keine einzige Wahl gewinnen. Keiner aus der Ersten Klasse gibt so einem seine Stimme.«
Hortensius wollte sich da nicht festlegen. »Ich weiß, in was für eine undankbare Situation er dich gebracht hat, Quintus, aber ich muß sagen, daß ich ihn bewundere. Du hast recht, er wird niemals eine konsularische Wahl in den Zenturien gewinnen. Stell dir einmal vor, wieviel Eifer dazugehört, um so redlich zu sein wie Cato.«
Als Sieger des Krieges um das Schatzamt machte sich Marcus Porcius Cato sogleich auf die Suche nach neuen Betätigungsfeldern, und er wurde fündig, als er die Finanzunterlagen in Sullas Tabularium einmal genauer in Augenschein nahm. Sie mochten veraltet sein, aber die Unterlagen in einem besonders gut geordneten Archiv brachten ihn auf das Thema seines nächsten Feldzugs. Es waren die Unterlagen, in denen jene Männer verzeichnet waren, denen man während Sullas Diktatur zwei Talente dafür gezahlt hatte, daß sie einen Mitbürger als Verräter denunzierten. Zunächst hatten sie keine größere Aussagekraft, als Zahlenkolonnen nun einmal haben, aber Cato machte sich daran, über jede in der Liste genannte Person, die zwei Talente (und manchmal auch wesentlich mehr als zwei Talente) bekommen hatte, Ermittlungen anzustellen, mit der Absicht, all jene vor Gericht anzuklagen, die sich das Geld mit Gewalt beschafft hatten. Damals war es rechtens gewesen, einen Mann zu töten, wenn er vogelfrei war, aber Sullas Zeiten waren vorbei, und Cato glaubte nicht, daß diese gehaßten und geschmähten Männer vor den gegenwärtigen Gerichten große Chancen haben würden — selbst wenn Sulla der geistige Vater ebendieser Gerichte war.
Auf die Selbstlosigkeit und Gerechtigkeit von Catos Motiven fiel leider ein kleiner Schatten, denn mit diesem Plan bot sich — ganz nebenbei — die Möglichkeit, Gaius Julius Caesar das Leben sehr schwer zu machen. Nachdem Caesar sein Jahr als kurulischer Ädil absolviert hatte, gab man ihm eine neue Aufgabe: Er wurde Richter am Mordgericht.
Es wäre Cato niemals in den Sinn gekommen, daß Caesar bereit sein könnte, mit einem Angehörigen der boni zusammenzuarbeiten und gegen diejenigen zu verhandeln, die sich ihre zwei Talente mit einem Mord erkauft hatten. Er hatte mit den üblichen Verzögerungstaktiken gerechnet, zu denen alle Gerichtsvorsitzenden griffen, wenn sie nicht gegen Leute verhandeln wollten, die ihrer Meinung nach nicht vor Gericht gehörten; aber Cato mußte zu seinem Leidwesen feststellen, daß Caesar nicht nur guten Willens war, sondern sogar seine Unterstützung anbot.
»Du schickst sie mir, ich urteile sie ab«, sagte Caesar gut gelaunt zu Cato.
In Rom hatte es gesummt wie in einem Bienenkorb, als Cato Atilia ohne Mitgift aus dem Haus gejagt und Caesar als ihren Liebhaber genannt hatte, aber es lag nun einmal nicht in Caesars Natur, sich im alltäglichen Umgang mit Cato durch Schuldgefühle behindern zu lassen, und auch wegen Atilias Schicksal plagten ihn weder Mitleid noch Gewissensbisse; sie war das Risiko eingegangen, niemand hatte sie dazu gezwungen. Und so arbeiteten der Vorsitzende des Mordgerichts und der unbestechliche Quästor gut zusammen.
Cato hielt sich nicht mit den kleinen Fischen auf, mit den Sklaven, den Freigelassenen und den Zenturios, die mit der Belohnung von zwei Talenten ihre bescheidenen Vermögen gegründet hatten. Er zog es vor, Catilina wegen des Mordes an Marcus Marius Gratidianus
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