MoR 04 - Caesars Frauen
anzuklagen. Er war geschehen, nachdem Sulla die Schlacht am Kollinischen Tor Roms gewonnen hatte. Marius Gratidianus war damals Sullas Schwager gewesen. Catilina hatte später seinen Besitz geerbt.
»Er taugt nichts, aber ich werde ihn mir holen«, sagte Cato zu Caesar. »Sonst wird der Kerl womöglich noch Konsul nächstes Jahr.«
»Und was befürchtest du, falls er Konsul wird?« fragte Caesar neugierig. »Ich finde auch, daß er nichts taugt, aber... «
»Wenn er Konsul wird, dann macht er sich zum neuen Sulla.«
»Zum Diktator? Das kann er nicht.«
In jenen Wochen hatte Cato oft traurige Augen, aber sie blickten Caesar fest in die kalten, blassen Pupillen. »Er ist ein Sergius; in ihm fließt das älteste Blut Roms, Caesar, es ist älter als deines. Ohne seine Herkunft hätte Sulla niemals Erfolg gehabt. Deshalb traue ich keinem von euch alten Aristokraten über den Weg. Ihr stammt von Königen ab, und ihr wollt Könige sein. Alle.«
»Du irrst dich, Cato. Zumindest, was mich betrifft. Und was Catilina angeht — gewiß, sein Verhalten unter Sulla verdient Abscheu, also warum sollten wir ihn nicht anklagen? Ich fürchte nur, daß du keinen Erfolg haben wirst.«
»O doch, ich werde Erfolg haben!« rief Cato. »Ich habe Dutzende von Zeugen, die gesehen haben, wie Catilina Gratidianus den Kopf abgeschlagen hat.«
»Du solltest das Verfahren lieber bis kurz vor den Wahlen aufschieben«, sagte Caesar mit fester Stimme. »Mein Gericht ist schnell, ich verschwende keine Zeit. Wenn du ihn jetzt vor Gericht bringst, ist das Verfahren vorbei, bevor die Bewerbungen für die kurulischen Wahlen abgeschlossen sind. Im Falle eines Freispruchs könnte Catilina sich also aufstellen lassen. Dagegen würde mein Vetter Lucius Caesar als Wahlleiter niemals einen Kandidaten akzeptieren, dem ein Mord vorgeworfen wird.«
»Das«, erwiderte Cato starrköpfig, »würde seinen Unglückstag nur verschieben. Ich will, daß Catilina aus Rom verstoßen wird und sein Traum vom Konsulat endgültig ausgeträumt ist.«
»Also gut, auf deine Verantwortung!« sagte Caesar.
In Wahrheit waren Cato seine bisherigen Siege zu Kopf gestiegen. Beträge von zwei Talenten purzelten jetzt zuhauf in die Kassen des Schatzamts, denn Cato bestand darauf, einem Gesetz Geltung zu verschaffen, das der Konsul und Zensor Lentulus Clodianus einige Jahre zuvor erlassen hatte und das die Rückzahlung eines jeden solchen Betrages verlangte, egal auf welch friedliche Weise sein Besitzer ihn sich verdient hatte. Cato sah keine Hindernisse im Fall des Lucius Sergius Catilina. Als Quästor vertrat er die Anklage nicht persönlich, aber er hatte lange über den geeigneten Ankläger nachgedacht und entschied sich für Lucius Lucceius, einen engen Freund von Pompeius und einen ausgezeichneten Redner. Cato wußte wohl, daß es ein kluger Schachzug war; er tat damit kund, daß die Anklage gegen Catilina nicht etwa eine Marotte der boni war, sondern eine Angelegenheit, die jeder Römer ernst nehmen mußte, denn schließlich arbeitete ein Freund des Pompeius mit den boni zusammen, ebenso wie Caesar.
Als Catilina zu Ohren kam, was sich gegen ihn zusammenbraute, knirschte er vor Wut mit den Zähnen und fluchte. Schon bei den beiden letzten konsularischen Wahlen hatte er nicht kandidieren dürfen, weil er sich vor Gericht verantworten mußte. Und jetzt drohte schon wieder eine Anklage. Höchste Zeit, diesem Spuk ein Ende zu machen und solchen seltsamen Beschuldigungen von Parvenüs wie diesem Cato, einem Abkömmling der Sklaven, der es auf die Patrizier abgesehen hatte, einen Riegel vorzuschieben. Viele Generationen lang hatte man die Sergii wegen ihrer Armut von allen höhen Ämtern ausgeschlossen, ein Schicksal, das auch den Julii Caesares widerfahren war, bis Gaius Marius ihnen gestattet hatte, wieder nach oben zu kommen. Gut, und dann hatte Sulla es den Sergii ermöglicht, sich wieder zu fangen, und Lucius Sergius Catilina würde seine Familie zurück auf den elfenbeinernen Stuhl des Konsuls bringen, auch wenn er dafür ganz Rom auf den Kopf stellen müßte! In der wunderschönen Aurelia Orestilla besaß er eine äußerst ehrgeizige Ehefrau; er liebte sie abgöttisch und wollte ihr um jeden Preis gefallen. Er mußte also Konsul werden.
Erst als ihm klargeworden war, daß der Prozeß lange vor den Konsulatswahlen stattfinden würde, entwarf er seinen Schlachtplan. Diesmal würde er rechtzeitig vor seiner Kandidatur freigesprochen werden — falls er diesen Freispruch
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