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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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allerdings zu ahnen, wie schnell sein erklärter Feind begriffen hatte, was er selbst sich so hart erarbeiten mußte.
    Quästoren pflegten ihren Dienst auf die leichte Schulter zu nehmen und sich nicht allzusehr mit der Überwachung dessen zu beschäftigen, was im Schatzamt vor sich ging; für den gewöhnlichen Stadtquästor ging es in erster Linie darum, die Zusammenarbeit mit dem Senat zu pflegen, der über die Staatsfinanzen beriet und die Gelder verteilte. Es hatte sich so eingespielt, daß die Quästoren sich hin und wieder von den Beamten des Schatzamts die Bücher vorlegen ließen, die Zahlen nach oberflächlicher Prüfung absegneten und die römischen Finanzen dem Senat überließen. Freunden und Familienangehörigen konnte man als Quästor so manchen Gefallen tun; wenn einer von ihnen dem Staat etwas schuldig war, drückten sie das eine oder andere Auge zu und sorgten dafür, daß die Namen aus den Unterlagen verschwanden. Mit einem Wort: Die in Rom ansässigen Quästoren sorgten dafür, daß die festangestellten Beamten des Schatzamts möglichst ungestört ihrer Arbeit nachgehen konnten. Mit Sicherheit hatten weder diese Beamten noch die beiden anderen städtischen Quästoren im Traum daran gedacht, daß diese Zustände sich plötzlich radikal verändern könnten.
    Cato stand der Sinn nicht nach solcher Großzügigkeit. Er wollte im Schatzamt mit gründlicherem Besen kehren als Pompeius der Große auf dem Meer. Am frühen Morgen des fünften Tages im Dezember, dem Datum seines Amtsantritts, klopfte er an die Tür zum Untergeschoß des Saturn-Tempels und mußte zu seinem Mißfallen feststellen, daß die Leute erst zur Arbeit zu kommen pflegten, wenn die Sonne bereits hoch am Himmel stand.
    »Der Arbeitstag beginnt bei Sonnenaufgang«, sagte er zu Marcus Vibius, dem Leiter des Schatzamts, als der Würdenträger, von einem aufgeregten Boten aus dem Bett geholt, schwer atmend vor ihm stand.
    »Es gibt keine Vorschrift, die das besagt«, erwiderte Marcus Vibius glattzüngig. »Wir halten unsere Arbeitszeit flexibel.«
    »Unsinn!« rief Cato erzürnt. »Ich bin der gewählte Aufseher über solche Einrichtungen, und ich werde dafür sorgen, daß der Senat und das Volk von Rom den angemessenen Gegenwert für jede einzelne Sesterze ihrer Steuergelder zurückerhalten. Vergiß nicht, daß du und alle anderen, die hier arbeiten, von diesen Steuergeldern bezahlt werden!«
    Kein guter Anfang. Aber von diesem Tag an wurde für Marcus Vibius alles nur noch schlimmer. Ein Besessener schaute ihm auf die Finger. In jenen seltenen Fällen der Vergangenheit, in denen ein widerspenstiger Quästor ihm das Leben schwermachen wollte, hatte er den Kerl in seine Schranken verwiesen, indem er mit den eigenen Fachkenntnissen hinter dem Berg hielt; ein Quästor, der sich im Schatzamt nicht auskannte, konnte nur das tun, was er ihn tun ließ. Leider war Cato mit einer solchen Strategie nicht aufzuhalten, denn es wurde schnell klar, daß er ebensogut über die Funktionsweise des Schatzamts Bescheid wußte wie Marcus Vibius selber. Wahrscheinlich sogar besser.
    Cato hatte mehrere Sklaven mitgebracht, die er in den verschiedenen Sparten der Arbeit im Schatzamt hatte ausbilden lassen, und jeden Tag bei Sonnenaufgang war er mit seinem kleinen Gefolge zur Stelle und trieb Marcus Vibius und seine Untergebenen beinahe zum Wahnsinn. Was ist dies? Warum das? Wo war Soundso dann und dann? Wann hat der und der dies getan? Wie konnte jenes passieren? Und so weiter und so fort. Cato war hartnäckig bis zur Impertinenz, mit vorgefertigten Antworten ließ er sich nicht abspeisen, und er war weder durch Ironie, Sarkasmus, Beleidigungen, Schmeicheleien, Ausreden noch durch Ohnmachtsanfäüe zu beeindrucken.
    »Ich komme mir vor«, schnaubte Marcus Vibius, als er nach zwei Monaten seinen ganzen Mut zusammengenommen und bei seinem Patron Catulus Trost und Beistand gesucht hatte, »als würde ich von den Furien gehetzt, viel unerbittlicher noch, als sie den Orest gehetzt haben! Es ist mir egal, was du tun mußt, um Cato zum Schweigen zu bringen und ihn in die Wüste zu schicken, Hauptsache du tust es! Seit über zwanzig Jahren bin ich dein treuer und ergebener Klient, ich bin immer ein erstklassiger tribunus aerarius gewesen, und jetzt sind auf einmal meine Position und meine Gesundheit in Gefahr. Sorge dafür, daß dieser Cato verschwindet!«
    Der erste Versuch scheiterte kläglich. Catulus schlug dem Senat vor, Cato mit einer Sonderaufgabe zu betrauen, der

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