MoR 04 - Caesars Frauen
vernichten.« Cicero sah Fabius Sanga fest in die Augen. »Alles klar, Quintus Fabius? Kannst du das behalten, ohne alles durcheinanderzubringen?«
»Erklär’s mir noch mal im einzelnen«, bat ihn Sanga.
Seufzend kam Cicero der Bitte nach.
Gegen Abend des folgenden Tages erfuhr Cicero von Sanga, daß Brogus und seine Allobroger drei Briefe in Händen hielten: einen von Lentulus Sura, einen von Gaius Cethegus und einen von Lucius Satilius. Lucius Cassius habe sich geweigert, einen Brief zu schreiben. Ihm sei nicht wohl bei der Sache gewesen. Ob Cicero meine, daß drei Briefe genug seien?
Ja, ja! Cicero schickte seinen schnellsten Diener mit der Antwort.
Und so setzte sich im zweiten Viertel der Nacht von Rom aus ein kleiner Trupp in Bewegung; er verließ die Stadt auf der Via Lata, die in die große Straße nach Norden, die Via Flaminia, mündete, nachdem sie auf ihrem Weg zur Mulvianbrücke das Marsfeld überquert hatte. Zusammen mit Brogus und den Allobrogern reiste auch ihr Führer, Titus Volturcius, und außerdem waren ein gewisser Lucius Tarquinius und der Ritter Marcus Caeparius mit von der Partie.
Alles ging gut, bis die kleine Gruppe etwa vier Stunden vor Sonnenaufgang die Mulvianbrücke erreicht hatte und im eiligen Trab die gepflasterte Rampe hinauftritt. Als das letzte Pferd den Huf auf die Brücke gesetzt hatte, machte der Prätor Flaccus am südlichen Ende dem Prätor Pomptinus am nördlichen Ende ein Zeichen mit der Lampe; beide Prätoren, unterstützt von je einer Hundertschaft gut ausgebildeter Bürgermiliz, gingen in aller Ruhe daran, die Brücke abzuriegeln, Marcus Caeparius zog sein Schwert und versuchte zu kämpfen, Volturcius ergab sich, und Tarquinius, ein guter Schwimmer, stürzte sich über das Geländer in die dunklen Fluten des Tiber. Die Allobroger standen gehorsam in einem Grüppchen zusammen, die Zügel ihrer Pferde hielten sie so fest in den Händen wie die Briefe, die Brogus in einem Beutel unter seinem Wams trug.
Cicero wartete schon, als Pomptinus, Valerius Flaccus, die Allobroger, Volturcius und Caeparius kurz vor Sonnenaufgang in seinem Haus eintrafen. Natürlich war auch Fabius Sanga anwesend — er mochte nicht der Hellste sein, aber er wußte sehr wohl, was seine Pflichten als Patron waren.
»Hast du die Briefe, Brogus?« fragte Fabius Sanga.
»Vier Briefe«, antwortete Brogus, öffnete den Beutel und zog drei schlanke Schriftrollen sowie einen gefalteten und versiegelten Bogen Papier daraus hervor.
»Vier?« fragte Cicero erwartungsvoll. »Hat Lucius Cassius seine Meinung geändert?«
»Nein, Marcus Tullius. Der gefaltete ist ein privater Brief des Prätors Sura an Catilina, hat man mir gesagt.«
»Pomptinus«, sagte Cicero und nahm eine aufrechte Haltung an, »geh zu den Häusern von Publius Gabinius Lentulus Sura, Gaius Cornelius Cethegus, Publius Gabinius Capito und Lucius Statilius. Bring sie auf schnellstem Wege hier in mein Haus, aber nenne ihnen nicht den Grund dafür. Verstanden? Und vergiß deine Milizionäre nicht.«
Pomptinus nickte feierlich; die Ereignisse der Nacht kamen ihm wie ein Traum vor, er hatte gar nicht genau gewußt, worum es eigentlich ging, als er an der Mulvianbrücke auf die Allobroger wartete.
»Flaccus, dich brauche ich hier als Zeugen«, sagte Cicero zu einem anderen Prätor, »aber deine Männer sollen um den Tempel der Concordia herum Posten beziehen. Sobald ich hier einiges erledigt habe, werde ich dort den Senat zusammenrufen.«
Alle Augen waren auf ihn gerichtet, auch Terentia beobachtete ihn aus einer dunklen Ecke, wie er lächelnd bemerkte. Warum auch nicht? Sie hatte ihm während der ganzen Affäre zur Seite gestanden; einen Platz in der hintersten Reihe hatte sie sich bei diesem Schauspiel wohl verdient. Nach kurzer Überlegung schickte er die Allobroger (außer Brogus) zu Essen und Wein ins Speisezimmer und setzte sich zu Brogus, Sanga und Valerius Flaccus, um auf die Männer zu warten, nach denen er Pomptinus und seine Leute geschickt hatte. Volturcius stellte keine Gefahr dar, er kauerte in der Ecke schräg gegenüber von Terentia und weinte, aber Caeparius sah aus, als sei ihm die Kampfeslust noch nicht ganz vergangen. Cicero ließ ihn schließlich in einen Schrank sperren; es wäre ihm lieber gewesen, den Mann unter Bewachung wegbringen zu lassen — wenn Rom nur einen sicheren Verwahrungsort gehabt hätte!
»Dein improvisiertes Gefängnis ist zweifellos sicherer als die Steinbrüche«, sagte Lucius Valerius Flaccus
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