MoR 04 - Caesars Frauen
zuständig. Und dazu gehört auch, daß du die rote Fahne im Auge behältst, die auf dem Janiculum gehißt ist, wenn die Zenturien sich außerhalb der Stadtmauern versammeln — für den Fall, daß Invasoren gesichtet werden.«
Celer mußte wieder lachen. »Nein, Caesar!«
»Mein lieber Freund, wir stehen unter dem Senatus Consultum Ultimum, weil Catilina mit einer Armee in Etruria steht! Es würde diesen verfluchten Beschluß gar nicht geben, wenn Catilina keine Armee hätte, und die fünf Männer wären heute noch am Leben.
Unter normalen Umständen kümmert sich kein Mensch um das Janiculum, am allerwenigsten der Stadtprätor — er hat genug mit dem zu tun, was auf ebener Erde passiert. Aber wenn jeden Tag damit zu rechnen ist, daß Catilina mit seiner Armee über Rom herfällt, dann wird zweifellos Panik ausbrechen, wenn die rote Fahne auf einmal heruntergelassen wird. Die Zenturien pfeifen auf die Abstimmung und machen, daß sie nach Hause kommen, um sich wie zu Zeiten der Etrusker und Volsci gegen die Invasoren zu bewaffnen. Ich schlage vor«, fuhr Caesar gelassen fort, »daß du jemanden auf dem Janiculum postierst, der die rote Fahne herunterläßt. Ihr müßt ein Signal verabreden, vielleicht ein Feuer, wenn die Sonne noch nicht weit genug im Westen steht, ansonsten einen reflektierenden Spiegel.«
»Alles schön und gut«, stellte Lucius Caesar fest, »aber was wollen wir mit dieser umständlichen Abfolge von Ereignissen eigentlich erreichen, wenn Rabirius nicht verurteilt und das Senatus Consultum Ultimum nicht aufgehoben wird, bis Catilinas Armee besiegt ist? Welche Lektion willst du Cicero erteilen? Bei Cato ist ohnehin Hopfen und Malz verloren. Der ist so schwerfällig, der kapiert das nicht.«
»Was Cato betrifft, so gebe ich dir recht, Lucius. Aber Cicero ist ein anderer Fall. Wie gesagt, er ist eine ängstliche Seele. Zur Zeit schwimmt er auf der Woge des Erfolgs. Er wollte eine Krise während seiner Amtszeit als Konsul, und er hat sie bekommen. Bis jetzt ist ihm noch nicht in den Sinn gekommen, welche Gefahren für ihn selbst in der Situation lauern könnten. Wir müssen ihm nur deutlich genug unter die Nase reiben, daß die Zenturien Rabirius verurteilt hätten. Er wird die Botschaft schon verstehen, glaube es mir.«
»Aber wie lautet die Botschaft eigentlich, Gaius?«
»Kein Mann, der unter dem Schutz des Senatus Consultum Ultimum handelt, darf sich darauf verlassen, daß er später nicht zur Rechenschaft gezogen wird. Auch ein Erster Konsul kann es sich nicht leisten, ein so bedeutendes Gremium wie den Senat von Rom dazu zu verleiten, römische Männer ohne Prozeß hinrichten zu lassen. Vom Recht auf Berufung ganz zu schweigen. Cicero wird die Botschaft erkennen, Lucius. Jeder einzelne Mann in den Zenturien, der für eine Verurteilung von Rabirius stimmt, wird Cicero klarmachen, daß er und die Senatoren sich nicht zu Herren über das Schicksal römischer Männer aufschwingen dürfen. Und darüber hinaus werden sie ihm zu verstehen geben, daß er mit der Hinrichtung von Lentulus Sura und den anderen ihr Vertrauen und ihre Bewunderung verspielt hat. Und das ist für Cicero noch schlimmer als jeder andere Aspekt dieser unseligen Angelegenheit«, sagte Caesar.
»Dafür wird er dich hassen!« rief Celer.
Caesar hob die blonden Augenbrauen und blickte sein Gegenüber voller Hochmut an. »Was sollte mir das schon ausmachen?« fragte er.
Der Prätor Lucius Roscius Otho war Volkstribun in den Diensten von Catulus und den boni gewesen. Er hatte sich den Mißmut der meisten römischen Männer zugezogen, als er im Theater die vierzehn Sitzreihen hinter den Plätzen der Senatoren an die Ritter der Achtzehn zurückgegeben hatte. Seine Zuneigung jedoch gehörte Cicero seit dem Tag, als ein Theater voller Leute ihn dafür ausgebuht hatte, daß er diese ausgezeichneten Plätze per Gesetz reservieren ließ, und Cicero den wütenden Pöbel mit ein paar passenden Worten beruhigt hatte.
In seiner Eigenschaft als zuständiger Prätor für Rechtsstreitigkeiten mit Ausländern hielt Otho sich gerade im unteren Forum auf, als ein grimmiger Titus Labienus entschlossenen Schrittes zum Tribunal hinaufstieg und eindringlich auf Metellus Celer einzureden begann. Von Neugier getrieben, schlenderte Otho hinüber zu den beiden und bekam gerade noch mit, wie Labienus den Antrag stellte, Gaius Rabirius nach einem Gesetz aus der Zeit des Königs Tullus Hostilius wegen Hochverrats vor Gericht zu stellen. Celer zog
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