MoR 04 - Caesars Frauen
Schmährede ging weiter, und die Entrüstung unter den Zuhörern wuchs. Was Caesar sagte, war die Wahrheit; jeder konnte es mit eigenen Augen sehen.
Quintus Lutatius Catulus kam im Laufschritt von Kapitol herunter, gefolgt von Cato, Bibulus und den übrigen boni.
»Da ist er!« rief Caesar und streckte den Zeigefinger aus. »Seht ihn euch an! Welche Schamlosigkeit, welche Dreistigkeit dieser Mann besitzt! Immerhin, Quirites, den Mut kann man ihm nicht absprechen. Seht nur, wie dieser dreiste Betrüger läuft! Daß jemand überhaupt so schnell laufen kann, wenn er die Taschen voller Geld hat. Quintus Lutatius Peculatus. Der Veruntreuer!«
»Was soll das hier bedeuten, praetor urbanus?« fragte Catulus, noch ganz außer Atem. »Heute ist ein Feiertag, da darfst du keine Versammlung einberufen!«
»Als Pontifex Maximus steht es mir jederzeit frei, das Volk zusammenzurufen, um mit ihm Fragen von religiöser Bedeutung zu erörtern! Und das hier ist zweifellos eine Frage von religiöser Bedeutung. Ich erkläre dem Volk gerade, warum Jupiter Optimus Maximus immer noch kein angemessenes Domizil hat, Catulus.«
Catulus hatte das verächtliche Wort »Veruntreuer« mitbekommen, deshalb brauchte er keine weiteren Informationen, um die richtigen Schlüsse zu ziehen. »Caesar, für das hier will ich deinen Kopf!« rief er und schüttelte die Faust.
»Oh!« rief Caesar und wich in gespieltem Erschrecken zurück. »Habt ihr das gehört, Quirites? Ich stelle ihn hier als nimmersatten Veruntreuer öffentlicher Gelder bloß, und er will mir dafür das Fell abziehen lassen. Hör auf, Catulus, warum gibst du nicht zu, was ohnehin jeder weiß? Die Beweise liegen vor aller Welt offen — weitaus mehr Beweise, als du zu bieten hattest, als du mich im Senat als Verräter hinstellen wolltest. Man muß nur einen Blick auf die Wände, die Fußböden, die leeren Sockel und die fehlenden Gaben werfen, um zu sehen, welche Demütigung du Jupiter Optimus Maximus zugefügt hast!«
Catulus fehlten die Worte, denn er hatte natürlich keine Ahnung, wie er einer aufgebrachten Menge seine Lage erklären sollte — eine Lage, in die Sulla ihn gebracht hatte! Die Leute machten sich ja keine Vorstellung von den ungeheuren Kosten, die so ein riesiges, für die Ewigkeit errichtetes Bauwerk wie der Tempel des Jupiter Optimus Maximus verschlang. Was auch immer er zu seiner Verteidigung vorbringen konnte, es würde sich wie ein Geflecht aus erbärmlichen Lügen anhören.
»Volk von Rom«, sagte Caesar zu der düster gestimmten Menge, »ich schlage vor, daß wir über zwei Gesetze beraten: das eine, um Quintus Lutatius Catulus wegen der Veruntreuung von Staatsgeldern anzuklagen, das andere, um ihn wegen Religionsfrevels vor Gericht stellen zu können!«
»Ich lege mein Veto gegen jede Diskussion in dieser Sache ein!« brüllte Cato.
Woraufhin Caesar die Achseln zuckte, mit den Händen eine resignierende Geste machte — denn was konnte man schon tun, wenn Cato erst einmal mit seinen Vetos anfing — und mit lauter Stimme verkündete: »Die Versammlung ist aufgelöst! Geht nach Hause, Quirites, bringt dem Großen Gott Opfer dar und bittet ihn, daß er weiterhin seine schützende Hand über Rom hält, obwohl es hier Männer gibt, die ihm seine Gelder stehlen und die heiligen Verträge brechen!«
Leichten Fußes kam er von der Rostra herunter, schenkte den boni ein gutgelauntes Lächeln und ging die Via Sacra hinauf, begleitet von Hunderten von empörten Menschen, die offensichtlich nicht bereit waren, die Sache auf sich beruhen und Catulus davonkommen zu lassen.
Bibulus bemerkte, daß Catulus stoßweise zu atmen begonnen hatte, und eilte ihm zu Hilfe. »Schnell!« sagte er zu Cato und Ahenobarbus und streifte seine Toga ab. Zu dritt machten sie eine Hängematte daraus, zwangen den protestierenden Catulus, sich darauf niederzulegen, und trugen ihn, nachdem Metellus Scipio den vierten Zipfel ergriffen hatte, nach Hause. Catulus’ Gesicht war eher grau als blau, vielleicht ein gutes Zeichen, aber sie waren trotzdem erleichtert, als sie den Führer der boni zu Hause in seinem Bett untergebracht hatten, wo seine Frau Hortensia sogleich aufgeregt um ihn herumflatterte. Er würde wieder zu Kräften kommen — dieses eine Mal noch.
»Aber wie oft kann der arme Quintus Catulus das noch ertragen?« Bibulus stellte die Frage, als sie auf den Clivus Victoriae hinaustraten.
»Irgendwie müssen wir diesem irrumator Caesar endlich das Maul stopfen!« sagte
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