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MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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besten Willen nicht helfen. Cicero schicke ich gerne nach Ravenna. Auf Dich wird er hören, schließlich schuldet er ja Dir das ganze Geld. Auf mich hört er nicht, denn ich bin nur ein Pompeius aus Picenum. Auch mit dem Gesetz über die Kandidatur in absentia komme ich Dir gerne entgegen, ich erledige das, sobald ich kann, sei unbesorgt. Wenn ich alle zehn Volkstribunen überreden könnte, dafür zu stimmen, das wäre eine Überraschung, wie?
    Der Blutfaden, der von seinem zerkratzten Schädel tröpfelte, erinnerte ihn daran, daß er sein Arbeitszimmer verwüstet hatte. Er klatschte in die Hände, das Zeichen für seinen Verwalter Doriscus.
    »Räum hier auf«, befahl er Doriscus. »Und schicke meinen Sekretär herein. Ich brauche eine Reinschrift dieses Briefes.«

    In den ersten Februartagen kehrte Brutus aus Kilikien nach Rom zurück, zu seiner Frau Claudia und seiner Mutter Servilia. Zwar zog er die Gesellschaft seines Schwiegervaters Appius Claudius der seiner Frau bei weitem vor, doch er und Scaptius hatten in Kilikien als Geldverleiher so gute Geschäfte gemacht, daß er Appius Claudius’ Angebot, bei ihm Quästor zu bleiben, hatte ablehnen müssen. Seine Rückkehr nach Rom war zwingend geworden, nachdem Aulus Gabinius, dieser Schurke, ein Gesetz erlassen hatte, das es für Römer äußerst schwierig machte, Nichtbürgern in der Provinz Geld zu leihen. Als Senator, der mit mindestens der Hälfte der Senatoren beste Beziehungen unterhielt, konnte Brutus jedoch die Befreiung der Firma Matinius & Scaptius von der lex Gabinia bewirken. Matinius & Scaptius war ein bekanntes Unternehmen von Geldverleihern und Wucherern, und nirgends in den Büchern tauchte auf, daß es eigentlich Brutus & Brutus hätte heißen müssen. Senatoren durften, vom Kauf und Verkauf von Grundstücken abgesehen, keine Geschäfte machen, doch viele Senatoren hatten ihre Mittel und Wege, diese Hürde zu umschiffen. In Rom hieß es, Marcus Licinius Crassus sei in dieser Hinsicht der schlimmste Senator gewesen, doch hätte er noch gelebt, er hätte Rom eines Besseren belehren können, denn viel schlimmer als er war noch der junge Marcus Junius Brutus, durch Adoption Quintus Servilius Caepio und Erbe des legendären Goldes von Tolosa. Nicht daß es dieses Gold noch gab, es war schon seit fünfzig Jahren weg. Servilias einziger leiblicher Bruder hatte es in den Kauf eines Geschäftsimperiums gesteckt, und als er vor fünfzehn Jahren ohne männlichen Erben gestorben war, hatte er Brutus alles vermacht.
    Brutus liebte das Geld weniger um seiner selbst willen — wie es der unselige Crassus getan hatte —, als für die Macht, die es mit sich brachte. Sein berühmter Name reichte ihm nicht. Er war weder groß noch gutaussehend, noch klug oder geistreich in der Art, wie die Römer es liebten. An seinem Aussehen konnte er wenig ändern, denn die schreckliche Akne, die ihm in seiner Jugend solche Komplexe verursacht hatte, war auch im Erwachsenenalter geblieben. Die Römer waren damals ausnahmslos alle glattrasiert, Brutus’ mit Pickeln übersäte Haut vertrug jedoch keine Rasur. Er versuchte zwar, seinen dichten, schwarzen Bart so kurz wie möglich zu stutzen, doch sein Gesicht mit den traurigen, braunen Augen unter den schweren Lidern sah trotzdem entstellt aus. Weil er das wußte, hielt er sich von allen Gelegenheiten fern, wo er Spott und Hohn oder Mitleid ausgesetzt war. So hatte er — oder besser seine Mutter — auch seine Befreiung von der allgemeinen Wehrpflicht erreicht, und er war nur für eine kurze Zeit auf dem Forum aufgetaucht, um die Regeln und Gepflogenheiten des öffentlichen Lebens zu lernen. Denn das öffentliche Leben wollte er nicht aufgeben, das wäre für einen Junius Brutus undenkbar gewesen, dessen Stammbaum väterlicherseits bis auf Lucius Junius Brutus zurückreichte, den Gründer der Republik, und mütterlicherseits bis zu Gaius Servilius Ahala, der Maelius getötet hatte, als dieser das Königtum wieder hatte einführen wollen.
    Seine ersten dreißig Lebensjahre hatte er nur auf die Erfüllung seines sehnlichsten Wunsches gewartet: Senator und dann Konsul zu werden. Im Senat würde sein Aussehen ihm keine Schwierigkeiten machen, dazu hatten die Senatoren, die eingeschriebenen Väter, viel zu großen Respekt vor Namen und Geld. Die Macht sollte ihm bringen, was sein Gesicht, sein Körper und seine schöngeistigen Ambitionen, die freilich nicht tiefer gingen als die Haut auf der Schafsmilch, ihm versagten. Dabei war

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