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MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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arbeiten. Sie konnten nach Belieben kommen und gehen, es sei denn, sie wurden für einen Kampf engagiert. Dann erwartete man von ihnen, daß sie sich in der Schule aufhielten, nüchtern blieben und fleißig trainierten; schließlich wollte kein Gladiatorenbesitzer erleben, daß seine kostspielige Investition in der Arena getötet oder verstümmelt wurde.
    Obwohl Gladiatorenkämpfe beim Publikum äußerst beliebt waren, fanden sie nicht etwa im Zirkus, sondern an kleineren Austragungsorten wie den städtischen Marktplätzen statt. Reiche Leute gedachten ihrer verstorbenen Angehörigen üblicherweise mit Trauerspielen, die nichts anderes als Gladiatorenkämpfe waren. Dafür heuerten sie für eine stattliche Summe in einer der zahlreichen Gladiatorenschulen Soldaten an, in der Regel vier bis vierzig Paare. Die Männer kamen dann in die Stadt, kämpften und kehrten in ihre Schule zurück. Nach sechs Jahren oder dreißig Kämpfen hatten sie ihre Strafe verbüßt und konnten die Schule verlassen. Sie waren römische Bürger, hatten etwas Geld gespart, und die wirklich guten unter ihnen waren in ganz Italia berühmt.
    Einer der Gründe für Caesars Interesse an diesem Sport war das Schicksal der Männer, nachdem sie ihre Zeit abgedient hatten. Er betrachtete es als Verschwendung, wenn Männer mit solchen Fähigkeiten, wie sie diese Gladiatoren erworben hatten, sich anschließend in Rom oder anderen Städten als Leibwächter oder Rausschmeißer anheuern ließen. Lieber wollte er sie für seine Legionen gewinnen — allerdings nicht als einfache Soldaten. Hatte nämlich ein guter Gladiator nicht zu viele Schläge auf den Kopf einstecken müssen, gab er einen vortrefflichen militärischen Ausbilder ab, und nicht wenige von ihnen bildeten ganz hervorragende Zenturionen aus. Außerdem amüsierte es Caesar, wenn er ehemalige Deserteure als Offiziere zur Legion zurückschicken konnte.
    Soviel also zur Schule von Ravenna, in der Caesar seine besten Männer unterbrachte. Die Schule von Capua hatte er seit seinem Amtsantritt als Statthalter nicht mehr zu Gesicht bekommen, denn der Statthalter einer Provinz durfte, solange er eine Armee befehligte, das eigentliche Italia nicht betreten.
    Caesar hielt sich allerdings noch aus anderen Gründen besonders lange in Ravenna auf. Ravenna lag in der Nähe des Rubikon, des Grenzflusses zwischen Gallia Cisalpina und Italia, und die Straßen zum zweihundert Meilen entfernten Rom waren in ausgezeichnetem Zustand, so daß die ständig zwischen den beiden Städten hin-- und herreitenden Kuriere rasch vorankamen und die zahlreichen Besucher aus Rom eine bequeme Reise hatten.
    Nach dem Tod des Clodius verfolgte Caesar das Geschehen in Rom mit einiger Sorge, denn er war überzeugt, daß Pompeius das Amt des Diktators anstrebte. Aus diesem Grund hatte er Pompeius ja den Brief mit seinen Heirats-- und anderen Vorschlägen geschrieben, obwohl er im nachhinein wünschte, er hätte es nicht getan. Die Zurückweisung hatte einen bitteren Beigeschmack hinterlassen. Pompeius war mittlerweile so mächtig, daß er es offenbar nicht mehr für nötig hielt, sich der Gunst anderer zu versichern, nicht einmal der Caesars, der für Pompeius’ Geschmack in letzter Zeit womöglich sogar eine Spur zu berühmt geworden war. Andererseits hatte Pompeius ihm durch sein Gesetz der zehn Volkstribunen gestattet, als Konsul in absentia zu kandidieren. Caesar fragte sich also, ob seine Zweifel an Pompeius nur die Einbildungen eines Mannes waren, der all seine Informationen gezwungenermaßen aus zweiter Hand bezog. Was hätte er nicht für die Gelegenheit gegeben, einen Monat in Rom zu verbringen! Doch als Statthalter, dem elf Legionen unterstanden, durfte Caesar den Rubikon nicht überschreiten.
    Ob Pompeius es schaffen würde, sich zum Diktator ernennen zu lassen? Rom und der Senat in Gestalt von Männern wie Bibulus und Cato widersetzten sich dem zwar hartnäckig, doch hier in Ravenna, aus einem gewissen Abstand zu den Erschütterungen, die Rom täglich heimsuchten, war unschwer zu erkennen, wer hinter der ganzen Gewalt steckte: kein anderer als Pompeius. Er wollte unbedingt Diktator werden und versuchte, Druck auf den Senat auszuüben.
    Als schließlich die Nachricht eintraf, daß Pompeius zum alleinigen Konsul ernannt worden war, brach Caesar in schallendes Gelächter aus. Ein ebenso glänzender wie verfassungswidriger Schachzug! Die boni hatten Pompeius mit der Übergabe der Regierungsgewalt gleichzeitig die Hände

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