MoR 05 - Rubikon
Rom einen besonders wertvollen Verbündeten verloren.«
»Ich denke ja.« Hirtius zog eine dünne Schriftrolle hervor. »Dieses Schreiben erhielt ich von Commius. Ich fand es bei meiner Rückkehr aus Samarobriva vor. Da es an dich gerichtet ist, wollte ich es nicht öffnen. Und anstatt dir zu schreiben, kam ich lieber persönlich.«
Caesar nahm den Brief, brach das Siegel auf und rollte ihn auf.
Ich wurde verraten und habe allen Grund anzunehmen, daß es Dein Werk war, Caesar. Du duldest keine Männer um Dich, die Deinen Befehlen nicht gehorchen oder aus eigener Initiative eine solche Tat begehen würden. Da ich Dich für einen Ehrenmann hielt, schreibe ich dies mit einer Enttäuschung, die mich genauso schmerzt wie mein verletzter Kopf. Ich will nicht mehr Hochkönig von Deinen Gnaden werden. Ich will an der Seite meines Volkes kämpfen, das über solche Meuchelmorde erhaben ist. Wir töten uns gegenseitig, ja, aber wir morden nicht ehrlos wie Du. Ich habe ein Gelübde abgelegt. Solange ich lebe, werde ich mich niemals wieder freiwillig in die Gegenwart eines Römers begeben.
»Man sieht zur Zeit überall nur noch abgehackte Köpfe«, sagte Caesar mit weißen Lippen. »Aber glaube mir, Aulus Hirtius, Labienus würde ich mit Vergnügen den Kopf abhacken! Ganz langsam und erst, nachdem ich ihn ausgepeitscht hätte.«
»Und was willst du in Wirklichkeit tun?«
»Überhaupt nichts.«
»Nichts?« Hirtius sah ihn verblüfft an.
»Nichts.«
»Aber — aber — du könntest wenigstens dem Senat in deiner nächsten Depesche davon berichten!« rief Hirtius. »Auch wenn das nicht die Strafe wäre, die Labienus verdient hätte, könnte er damit doch jede Hoffnung auf eine öffentliche Karriere begraben.«
Caesar sah Hirtius an, und ein spöttischer, beinahe belustigter Ausdruck lag auf seinem Gesicht. »Das kann ich nicht, Hirtius! Würden der Senat und Cato auch nur ein Sterbenswörtchen davon erfahren, würden sie nicht über Labienus, sondern über mich herfallen.«
»Da hast du recht«, sagte Hirtius seufzend. »Das heißt also, Labienus kommt ungeschoren davon.«
»Vorläufig«, erwiderte Caesar ruhig. »Aber seine Zeit wird kommen, Hirtius. Wenn ich ihn das nächste Mal treffe, werde ich ihm ganz genau sagen, was ich von ihm halte. Und wohin seine Karriere führt, wenn ich dabei ein Wörtchen mitzureden habe. Sobald er in Gallien nicht mehr gebraucht wird, trenne ich mich von ihm unwiderruflicher als Sulla von seiner sterbenden Frau.«
»Und Commius? Vielleicht könnte ich ihn mit einiger Mühe dazu überreden, sich mit dir unter vier Augen zu treffen. Du könntest ihm deinen Standpunkt sicher schnell erklären.«
Caesar schüttelte den Kopf. »Nein, Hirtius, das würde nicht gelingen. Unsere Beziehung beruhte auf uneingeschränktem gegenseitigen Vertrauen, und das ist zerstört. Von jetzt an würde jeder dem anderen mißtrauen. Er hat geschworen, sich nie wieder freiwillig in die Gegenwart eines Römers zu begeben. Die Gallier nehmen solche Gelübde genauso ernst wie wir. Ich habe Commius verloren.«
Caesar brauchte in Ravenna auf keinen Luxus zu verzichten. Er besaß dort eine Villa, denn er unterhielt in der Stadt auch eine Gladiatorenschule. Das Klima war mild und galt als das beste von ganz Italia, was Ravenna zum idealen Ort für hartes körperliches Training machte.
Gladiatoren zu halten war ein einträgliches Hobby. Caesar war so angetan davon, daß er gleich mehrere tausend Gladiatoren besaß, von denen die meisten in einer Schule bei Capua einquartiert waren. Ravenna war für die Elite reserviert, für die, mit denen Caesar nach Beendigung ihrer Zeit in der Arena noch Pläne hatte.
Caesars Agenten hatten den Auftrag, bei den Militärgerichten nur die vielversprechendsten Burschen einzukaufen. Mit Caesar als Eigentümer waren die fünf oder sechs Jahre, die diese Männer anschließend mit Schaukämpfen verbrachten, eine gute Zeit. Die meisten waren desertierte Legionäre (und vor die Wahl zwischen Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte und einem Leben als Gladiator gestellt worden), einige auch verurteilte Mörder, und einige wenige boten ihre Dienste freiwillig an. Letztere lehnte Caesar allerdings grundsätzlich ab, da ein freier, den Kampf liebender Römer seiner Meinung nach in die Legion gehörte.
Die Gladiatorenschulen hatten mit Gefängnissen wenig gemein; in den meisten Fällen wurden die Männer anständig untergebracht und verpflegt und brauchten auch nicht übermäßig viel zu
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