MoR 05 - Rubikon
lange mit Rom verbündet, und ich bin zwei Jahre dort zur Schule gegangen. Hast du etwas von Caesar gehört?«
»Er ist in Ravenna.«
»Ravenna... Wo genau liegt das? Hilf meinem Gedächtnis nach.«
»An der Adria, unweit von Ariminum, wenn dir das etwas sagt.«
»Auf jeden Fall.« Litaviccus stand auf. »Ich muß weiter.«
»Willst du nicht wenigstens zum Essen bleiben?«
»Lieber nicht. Ich habe weder Winterumhang noch warme Hose mitgenommen.«
»Du mit deiner Hose. Hast du in Rom denn überhaupt nichts gelernt?«
»In Italia wärmt die Luft, Trebonius, aber in der gallischen Winterluft können sogar Felsen gefrieren.«
Anfang März trafen mehr als hunderttausend Gallier aus zahlreichen Stämmen in Carnutum ein, wo Vercingetorix in aller Schnelligkeit seine Anordnungen traf.
»Ich möchte nicht, daß der Proviant erschöpft ist, bevor es losgeht«, sagte er zu den Stammesführern, mit denen er sich im geheizten Haus des Cathbad beriet. »Caesar ist immer noch in Ravenna und interessiert sich offenbar mehr für das, was in Rom passiert, als für Gallien. Die Alpenpässe sind bereits zugeschneit, das heißt, er wird trotz seiner berühmten Schnelligkeit eine Weile brauchen, bis er hier sein kann. Und wann immer er kommt, wir werden dasein und ihn von seinen Legionen abschneiden.«
Rechts von Vercingetorix saß Cathbad. Er wirkte müde und ein wenig niedergeschlagen. Vor ihm auf dem Tisch stapelten sich zahlreiche Schriftrollen. Immer wenn sich aller Augen auf Vercingetorix richteten, ließ er den Blick zu seiner Frau schweifen, die im Hintergrund Bier und Wein verteilte. Warum fühlte er sich so niedergeschlagen, so unnütz? Wie die meisten offiziellen Priester auch in anderen Ländern verfügte er nicht über die Gabe der Weissagung, jenen zweiten Blick, mit dem nur Ausgestoßene oder Fremde bedacht wurden, die wie Kassandra auf ewig dazu verdammt waren, daß niemand ihnen Glauben schenkte. Die Opfer hatten Gutes verheißen. Vielleicht fühlte er sich ja nur in den Schatten gestellt, dachte er, bemüht, gerecht und unvoreingenommen zu bleiben. Vercingetorix hatte einiges mit Caesar gemein, Cathbad spürte die Ähnlichkeit. Doch der eine war ein ungeheuer erfahrener Römer, der auf die Fünfzig zuging, und der andere ein dreißigjähriger Gallier, der noch nie ein Heer geführt hatte.
»Cathbad«, sagte Vercingetorix und riß ihn aus seinen quälenden Gedanken. »Die Biturigen sind also gegen uns, wie?«
»Sie nannten uns Narren«, erwiderte Cathbad. »Ihre Druiden haben sich zwar für uns eingesetzt, aber der Stamm lehnt unser Vorhaben geschlossen ab. Sie sind bereit, uns Eisen oder sogar Stahl zu verkaufen, wollen aber auf keinen Fall mit uns in den Krieg ziehen.«
»Dann ziehen wir gegen sie in den Krieg«, sagte Vercingetorix, ohne zu zögern, »denn sie haben Eisen. Auf ihren Stahl und ihre Schmiede sind wir nicht angewiesen.« Er lächelte, und seine Augen leuchteten. »Eigentlich ist es sogar ganz gut so. Wenn sie nicht bei uns mitmachen, brauchen wir auch nichts für das Eisen zu bezahlen. Dann nehmen wir es uns einfach. Ich habe heute zwar niemanden sagen hören, daß wir zu wenig Eisen hätten, aber wir werden bald erheblich mehr davon brauchen. Gleich morgen rücken wir gegen die Biturigen aus.«
»So bald?« japste Gutruatus.
»Der schlimmste Winter steht uns noch bevor, Gutruatus, und wir müssen ihn nützen, um abtrünnige keltische Völker davon zu überzeugen, daß sie sich uns anschließen. Im Sommer darf Gallien nicht mehr gespalten sein, sondern muß vereint gegen Rom stehen. Dann werden wir gegen Caesar kämpfen, und Caesar wird, wenn mein Plan aufgeht, nie alle Legionen einsetzen können.«
»Ich wüßte gern mehr über deinen Plan, bevor ich in den Krieg ziehe«, sagte Sedulius von den Lemovicern stirnrunzelnd.
»Deshalb sind wir ja heute hier, Sedulius!« Vercingetorix lachte. »Ich möchte mit euch besprechen, wer jetzt hier ist und wer noch kommt. Ich habe vor, einige von euch bis zum Frühjahr wieder nach Hause zu schicken. Außerdem will ich eine gerechte Kriegssteuer erheben und das Prägen unseres ersten Geldes organisieren. Ich will sicherstellen, daß die Männer, die morgen zu den Biturigen abmarschieren, richtig bewaffnet und ausgerüstet sind. Im April soll das Heer antreten, und ein Teil der Truppen soll Lucterius in die römische Provinz begleiten. Das sind nur einige der Dinge, die wir heute noch besprechen müssen!«
Vercingetorix veränderte sich sichtlich,
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