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MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Winter will er nur die aufsässigen Stämme unterwerfen. Da er mich zur Zeit noch weit weg auf der anderen Seite der Alpen wähnt und sich einbildet, mir, wenn ich komme, den Weg zu meinen Truppen abschneiden zu können, geht er davon aus, daß er in Ruhe nach Carnutum zurückkehren und das Heer für den Sommer einberufen kann. Wir müssen ihn also so beschäftigen, daß er dazu vor dem Sextilis keine Zeit hat. Und ich muß innerhalb der nächsten sechzehn Tage zu meinen Legionen stoßen. Allerdings kann ich nicht den Rhodanus aufwärts ziehen, weil Vercingetorix dann wüßte, daß ich komme, bevor ich die halbe Strecke nach Valentia zurückgelegt hätte, und mich bei Vienna oder Lugdunum abfangen könnte. Mit nur einer Legion wäre ich ihm nicht gewachsen.«
    »Aber einen anderen Weg gibt es nicht!« sagte Hirtius ratlos.
    »Es gibt einen anderen Weg. Wenn ich Narbo morgen bei Tagesanbruch verlasse, werde ich geradewegs nach Norden marschieren. Wie meine Kundschafter mir berichtet haben, steht die Armee des Lucterius weiter westlich und belagert die Rutener in deren oppidum Carantomagus. Die Gabaler wiederum haben angesichts eines Krieges dieser Größenordnung beschlossen, sich mit Vercingetorix zu vereinigen, was in Anbetracht ihrer Nachbarschaft zu den Arvernern durchaus vernünftig ist. Deshalb sind sie jetzt eifrig dabei, sich zu bewaffnen und für ihren geplanten Einsatz im Frühling zu üben — die Unterwerfung der Helvier.«
    Caesar machte eine Pause, um die Spannung auf den Höhepunkt zu treiben. Dann sagte er: »Ich habe vor, Lucterius und die oppida der Gabaler östlich zu passieren und mitten durch das Cebenna-Gebirge zu ziehen.«
    »Im Winter?« Selbst Decimus Brutus war entsetzt.
    »Jawohl, im Winter. Es ist möglich. Als ich damals von Rom nach Genava eilte, um die Helvetier aufzuhalten, habe ich die Alpen in über zehntausend Fuß Höhe überquert. Obwohl alle es für unmöglich hielten, habe ich es geschafft. Zugegeben, das war im Herbst, aber in einer Höhe von zehntausend Fuß herrscht immer Winter. Mit einer Armee hätte ich es nicht geschafft, denn nach Octodorum führte lediglich ein Ziegenpfad hinunter. Aber das Gebirge der Cebenna ist längst nicht so gefährlich, Decimus. Von den Pässen liegt keiner höher als dreibis viertausend Fuß, und die Wege sind einigermaßen ausgebaut. Die Gallier durchqueren das Gebirge scharenweise — warum also nicht auch ich?«
    »Warum also nicht«, wiederholte Decimus mit Grabesstimme.
    »Wir müssen zwar durch Tiefschnee, aber wir können uns den Weg freischaufeln.«
    »Du willst also bei den Quellen des Oltis aufsteigen und irgendwo in der Gegend von Alba Helviorum am Westufer des Rhodanus wieder herunterkommen?« fragte Lucius Caesar, der sich, seit Caesar ihm die Befehlsgewalt über die Provinz übertragen hatte, bei jeder Gelegenheit mit Galliern unterhielt, um möglichst viel über sie und ihr Land in Erfahrung zu bringen.
    »Nein, ich will noch ein Stück weiter durch die Berge marschieren«, sagte Caesar. »Ich möchte sie möglichst erst in der Nähe von Vienna verlassen. Je länger wir unsichtbar bleiben, desto weniger Zeit hat Vercingetorix. Ich will, daß er meine Verfolgung aufnehmen muß, bevor er die Gelegenheit hat, sein Heer zu versammeln. Nach Vienna muß ich ohnehin, weil ich hoffe, dort Verstärkung durch vierhundert germanische Reiter zu bekommen. Wenn Arminius von den Ubiern Wort gehalten hat, müßten sie jetzt eigentlich dort sein und sich an den Umgang mit ihren neuen Pferden gewöhnen.«
    »Du willst also innerhalb von sechzehn Tagen die winterliche Cebenna überwinden und bei Agedincum zu deinen Legionen stoßen«, überlegte Lucius Caesar. »Das sind mindestens vierhundert Meilen — eine weite Strecke durch tief verschneites Gelände.«
    »Allerdings. Ich habe vor, im Schnitt fünfundzwanzig Meilen am Tag zurückzulegen. Zwischen Narbo und dem Oltis werden wir erheblich mehr schaffen, ebenso später beim Abstieg nach Vienna. Selbst wenn wir zwischendurch auf der schlimmsten Strecke nur noch fünfzehn Meilen täglich schaffen, sind wir immer noch rechtzeitig in Agedincum.« Caesar sah Lucius ernst an. »Ich will, daß Vercingetorix nie weiß, wo wir gerade sind, Lucius. Das heißt, ich muß schneller vorrücken, als er mir zutraut. Ich will ihn verwirren. Und sobald er es einmal weiß, wird er feststellen müssen, daß er vier oder fünf Tage zu spät dran ist.«
    »Er ist ehrgeizig, aber unerfahren«, meinte Decimus Brutus

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