MoR 05 - Rubikon
Trebonius.«
Drappes beruhigte den aufgebrachten Biturgo und führte ihn wieder zu seinen Männern zurück. Litaviccus lenkte sein Pferd neben das des Vercingetorix, und Cathbad ritt hinter die beiden.
»Es gibt Neuigkeiten«, sagte Litaviccus.
»Nun?«
»Caesar ist aus dem Nichts mit der Fünfzehnten Legion in Vienna aufgetaucht und von dort gleich wieder Richtung Norden aufgebrochen.«
Der Falbe scheute, und Vercingetorix sah Litaviccus entsetzt an. »In Vienna? Und schon wieder fort? Wieso habe ich davon nichts erfahren? Du hast doch gesagt, ihr hättet Spione von Arausio bis zu den Toren von Matisco!«
»Hatten wir auch«, erwiderte Litaviccus ratlos. »Aber er muß einen anderen Weg genommen haben, Vercingetorix, ich schwöre es!«
»Es gibt keinen anderen Weg.«
»In Vienna wird behauptet, er und die Fünfzehnte seien durch die Cebenna marschiert. Sie sollen den Oltis hinaufgezogen sein, irgendwo die Wasserscheide überquert haben und erst heruntergekommen sein, als sie schon fast auf der Höhe von Vienna waren.«
»Und das im Winter«, sagte Cathbad langsam.
»Er hat vor, sich mit Trebonius und dessen Legionen zu vereinen«, berichtete Litaviccus weiter.
»Wo ist er jetzt?«
»Um ehrlich zu sein, Vercingetorix, ich habe keine Ahnung. Die Fünfzehnte marschiert unter dem Kommando von Decimus Brutus geradewegs nach Agedincum, aber bei ihr ist Caesar nicht. Das ist auch der Grund, weshalb ich gekommen bin. Sollen die Haeduer die Fünfzehnte angreifen? Wir könnten es gerade noch schaffen, bevor sie unser Gebiet verläßt.«
Vercingetorix wirkte plötzlich kleiner. Seine erste Strategie war zum Scheitern verurteilt, und er wußte es. Energisch straffte er die Schultern und holte tief Luft. »Nein, Litaviccus. Du mußt Caesar davon überzeugen, daß ihr auf seiner Seite steht.« Er blickte zum düsteren Winterhimmel auf. »Wohin ist er unterwegs? Wo ist er jetzt?«
»Vielleicht sollten wir nach Agedincum ziehen«, schlug Cathbad vor.
»Von hier aus, kurz vor Gorgobina? Agedincum liegt über hundert Meilen nördlich von hier, Cathbad, und wir sind so viele, daß wir für diese Strecke acht bis zehn Tage brauchten. Caesar ist viel schneller, weil er ein ausgebildetes Heer hat. Seine Männer kennen den Exerzierplatz in-- und auswendig, bevor sie den ersten Feind sehen. Unser Vorteil liegt in unserer Zahl, nicht in unserer Schnelligkeit. Nein, wir ziehen wie geplant nach Gorgobina. Wir werden Caesar zwingen, zu uns zu kommen.« Wieder holte er tief Luft. »Ich schwöre bei Dagda, daß ich ihn schlagen werde! Aber nicht auf einem Schlachtfeld seiner Wahl. Von uns bekommt er kein zweites Aquae Sextiae.«
»Also sollen Convictolavus und Cotus weiterhin so tun, als unterstützten sie Caesar?«
»Auf alle Fälle. Nur sorgt dafür, daß eure Hilfe ihn nicht erreicht.«
Litaviccus wendete sein Pferd und ritt davon. Vercingetorix stieß seinem Falben die Fersen in die Flanken, während Cathbad seinen Schimmel zugehe, um den anderen die von Litaviccus überbrachte Nachricht mitzuteilen. Sein schönes, sanftes Gesicht hatte einen grimmigen Ausdruck angenommen, denn das soeben Gehörte gefiel ihm ganz und gar nicht. Vercingetorix war allerdings viel zu sehr mit seinen Gedanken beschäftigt gewesen, um es zu bemerken.
Wo war Caesar? Was hatte er vor? Ausgerechnet auf dem Gebiet der Haeduer hatte Litaviccus ihn aus den Augen verloren. Das Bild Caesars tauchte vor Vercingetorix’ starrem Blick auf, doch gelang es ihm nicht, das Geheimnis hinter dessen kalten Augen zu ergründen, die einen so verunsichern konnten. Ein gutaussehender Mann, der fast wie ein Gallier aussah, von Mund und Nase einmal abgesehen. Gewandt, vornehm und stark. Ein Mann, in dessen Adern das Blut von Königen floß, die geherrscht hatten, als es die Gallier noch gar nicht gab, ein Mann, der — auch wenn er es abstritt — wie ein König dachte, der nicht erwartete, sondern wußte , daß seine Befehle befolgt wurden. Der niemals aus politischen Gründen einen Rückzieher machte, sondern stets alles riskierte. Nur ein anderer König konnte diesen Mann aufhalten. Oh Esus, dachte Vercingetorix, gib mir die Kraft, ihn zu besiegen! Ich bin zwar jung und unerfahren, aber ich führe ein großes Volk, und wenn die letzten Jahre uns etwas gelehrt haben, dann den Haß.
Caesar traf mit Fabius und seinen beiden Legionen noch vor Decimus Brutus und der Fünfzehnten in Agedincum ein.
»Den Göttern sei Dank!« rief Trebonius erleichtert. »Vor dem
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