MoR 05 - Rubikon
eine Belohnung ausgesetzt, woraus ich schließe, daß dir im Fall deiner Gefangennahme dasselbe Schicksal droht wie Vercingetorix und Cotus. Biturgo und Eporedorix müssen auch im Triumphzug marschieren, können aber anschließend nach Hause zurückkehren.«
»Und du, Valetiacus?«
»Ich darf zwar meine Ländereien behalten, kann aber nie wieder im Rat sitzen oder Vergobret werden«, sagte Valetiacus bitter.
Beide Brüder waren große, gutaussehende Männer, typische Gallier, blond und blauäugig. Die Muskeln von Litaviccus’ braungebranntem Unterarm spannten sich, bis die goldenen Armreifen ins Fleisch schnitten.
»Bei Dagda und Dann, ich wünschte, es gäbe eine Möglichkeit, wie wir uns rächen könnten!«
»Vielleicht gibt es sie ja.« Ein schwaches Lächeln spielte um Valetiacus’ Lippen.
»Wie? Welche denn?«
»Nicht weit von hier begegnete ich einer Gruppe Reisender, die auf dem Weg nach Bibracte zu Caesar waren. Er will dort überwintern. Drei Wagen, eine bequeme Kutsche und eine Frau auf einem feurigen Schimmel. Die Reisenden sahen aus wie Römer, bis auf die Frau, die rittlings auf dem Pferd saß. In der Kutsche saß ein kleiner Junge mit seiner Kinderfrau, der eine gewisse Ähnlichkeit mit Caesar hatte. Na, brauchst du noch weitere Hinweise?«
Langsam schüttelte Litaviccus den Kopf. »Nein«, antwortete er und stieß zischend die Luft aus. »Caesars Frau! Die einmal Dumnorix gehörte.«
»Wie nennt er sie noch gleich?« fragte Valetiacus.
»Rhiannon.«
»Stimmt. Vercingetorix’ Cousine Rhiannon, die betrogene Ehefrau. Eine infame Lüge! Dumnorix war der Betrogene.«
»Und was hast du gemacht?«
»Ich habe sie gefangengenommen.« Valetiacus zuckte mit den Schultern. »Warum nicht? Ich werde ohnehin nie mehr die mir zustehende Stellung in unserem Volk einnehmen, was habe ich also zu verlieren?«
»Alles«, sagte Litaviccus knapp. Er stand auf und legte seinem Bruder den Arm um die Schultern. »Ich kann nicht hierbleiben, sie suchen mich. Aber du mußt bleiben! Jemand muß sich um meine Familie kümmern. Hab Geduld, warte den rechten Moment ab. Irgendwann wird Caesar gehen, andere Statthalter werden kommen. Du wirst deinen Platz im Senat und im Rat wieder einnehmen. Laß Caesars Frau hier bei mir. Ich werde mich an ihr rächen.«
»Und das Kind?«
Litaviccus ballte die Fäuste und schüttelte sie schadenfroh. »Er ist der einzige, der lebend hier rauskommt, denn du nimmst ihn mit. Bring ihn zu einem unserer Leibeigenen in einer abgelegenen Kate. Wenn er von seinen Eltern spricht, wird ihm kein Mensch glauben. Caesars Sohn soll als Leibeigener der Haeduer aufwachsen, bis an sein Lebensende zur Knechtschaft verdammt.«
Die Brüder gingen zur Tür und küßten sich zum Abschied. Draußen im Hof kauerten die Gefangenen. Aus angstvoll aufgerissenen Augen beobachteten sie, was um sie herum vorging. Nur Rhiannon, der man die Hände auf den Rücken gebunden und die Füße gefesselt hatte, stand stolz und aufrecht da. Der kleine Junge, inzwischen über fünf Jahre alt, versteckte sich mit tränennassem Gesicht und laufender Nase hinter dem Rock seiner Kinderfrau. Als Valetiacus im Sattel saß, hob Litaviccus das Kind hoch und reichte es seinem Bruder, der es vor sich auf das Pferd setzte. Zu müde und verwirrt, um zu protestieren, ließ der Junge alles mit sich geschehen. Er lehnte sich an Valetiacus und schloß erschöpft die Augen.
Rhiannon wollte zu ihm rennen und fiel der Länge nach hin. »Orgetorix!« schrie sie. »Orgetorix!«
Doch da waren Valetiacus und seine hundert Männer bereits verschwunden, und Caesars Sohn mit ihnen.
Litaviccus holte sein Schwert aus dem Haus und tötete die römischen Diener und die Kinderfrau, während Rhiannon zusammengekauert immer wieder den Namen ihres Sohnes rief.
Als das Gemetzel beendet war, trat Litaviccus zu Rhiannon, griff mit der Hand in die flammend rote Haarflut und riß sie mit einem Ruck nach oben. »Komm, meine Liebe«, sagte er lächelnd, »für dich habe ich etwas ganz Besonderes.«
Unsanft zog er sie ins Haus, in den großen Saal, in dem er zu tafeln pflegte; dort stieß er sie heftig zu Boden. Anschließend betrachtete er aufmerksam die Holzbalken an der niedrigen Decke, dann nickte er und verließ den Saal.
Er kehrte mit zwei Sklaven zurück, die ängstlich bestrebt waren, ihrem Herrn zu gehorchen, noch ganz unter dem Eindruck des furchtbaren Gemetzels im Hof.
»Tut das hier für mich, und ihr seid beide frei«, sagte Litaviccus. Er
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