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MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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klatschte in die Hände. Eine Sklavin kam herein; bei Rhiannons Anblick schrak sie zusammen. »Bring mir einen Kamm«, befahl er.
    Einer der Sklaven hielt einen Haken in der Hand, wie er normalerweise zum Aufhängen und Ausweiden von Wildschweinen benutzt wird, während der andere sich mit einem Bohrer an einem der Deckenbalken zu schaffen machte.
    Der Kamm wurde gebracht.
    »Setz dich, meine Liebe«, sagte Litaviccus. Er zog Rhiannon hoch und stieß sie auf einen Stuhl. Dann zerrte er an ihren Haaren, bis sie lose über ihren Rücken fielen, und begann sie zu kämmen, langsam und sorgfältig, doch erbarmungslos ziehend, wenn der Kamm an einem Knoten hängenblieb. Rhiannon schien keine Schmerzen zu spüren. Sie zuckte mit keiner Wimper, doch auch all die Leidenschaft und Stärke, die Caesar so an ihr bewundert hatte, war verschwunden.
    »Orgetorix«, murmelte sie von Zeit zu Zeit, »Orgetorix.«
    »Wie schön deine Haare sind, meine Liebe, und wie sauber gewaschen«, sagte Litaviccus und kämmte unermüdlich weiter. »Wolltest du Caesar in Bibracte überraschen, weil du ohne Begleitung von römischen Soldaten unterwegs warst? Ja, natürlich wolltest du das! Aber ihm wäre das gar nicht recht gewesen.«
    Schließlich war er fertig. Auch die beiden Sklaven hatten ihre Arbeit beendet. Der Haken war an einem Balken befestigt, sechs Fuß über den Bodenfliesen.
    »Hilf mir«, befahl Litaviccus der Sklavin barsch. »Ich will ihr Haar zu einem Zopf flechten. Zeig mir, wie das geht.«
    Sie mußten es ohnehin zu zweit machen. Sobald Litaviccus begriffen hatte, wie die drei Haarsträhnen ineinandergeflochten wurden, stellte er sich sehr geschickt an. Die Sklavin hatte dafür zu sorgen, daß die Haarsträhnen unterhalb von Litaviccus’ emsig flechtenden Fingern nicht durcheinander kamen. Schließlich war das Werk vollbracht. An Rhiannons langem, weißem Hals war der Zopf so dick wie Litaviccus’ Arm, fünf Fuß weiter unten hatte er sich auf den Umfang eines Rattenschwanzes verjüngt und begann bereits, sich wieder aufzulösen.
    »Steh auf.« Er zog Rhiannon hoch. »Helft mir«, befahl er den beiden Sklaven. Wie ein Bildhauer seine Statue stellte er Rhiannon neben den Haken, nahm den Zopf und wickelte ihn ihr zweimal um den Hals. »Da haben wir ja noch jede Menge übrig!« rief er und stieg auf einen Stuhl. »Hebt sie hoch.«
    Einer der Sklaven schlang seine Arme um Rhiannons Hüften und hob sie hoch. Litaviccus steckte den Zopf durch den Haken und versuchte ihn festzubinden, was jedoch nicht gelang — der Zopf war nicht nur zu dick, die Haare waren auch so glatt, daß der Knoten sich sofort wieder löste. Also wurde Rhiannon wieder heruntergelassen, und einer der Sklaven ging hinaus, um einen weiteren Haken zu holen. Schließlich gelang es ihnen, den Zopf damit am Balken zu befestigen, und zum zweiten Mal schwebte Rhiannon in den Armen des Sklaven über dem Boden.
    »Laß sie los, aber ganz vorsichtig!« sagte Litaviccus erregt. »Vorsicht, Vorsicht, wir wollen ihr doch nicht das Genick brechen, das würde ja den ganzen Spaß verderben! Vorsicht!«
    Rhiannon kämpfte nicht, obwohl es sehr lang dauerte. Ihre weit aufgerissenen Augen waren blicklos auf die gegenüberliegende Wand gerichtet, und weil sie nicht kämpfte, verfärbte sich nur ihre Haut von hellbraun über grau zu blau; weder die Zunge noch die blicklosen Augen traten hervor. Manchmal bewegten sich ihre Lippen und formten stumm den Namen »Orgetorix«.
    Das Haar gab nach. Zuerst berührten ihre Zehen, dann die Fußsohlen den Boden. Die Männer ließen sie, die noch nicht tot war, wie einen Sandsack fallen und wiederholten die ganze Prozedur.
    Als ihr Gesicht die Farbe von schwärzlichem Purpur angenommen hatte, ging Litaviccus hinaus und schrieb einen Brief. Als er fertig war, übergab er ihn seinem Verwalter.
    »Reite damit nach Bibracte«, befahl er. »Richte Caesars Leuten aus, daß er von Litaviccus stammt. Caesar wird dich brauchen, damit du ihn hierherführst. Geh jetzt und sieh unter meinem Bett nach. Dort liegt ein Beutel mit Gold. Nimm ihn an dich. Sage meinen Leuten, sie sollen ihre Sachen packen und sofort verschwinden. Wenn sie zu meinem Bruder Valetiacus gehen, wird er sie aufnehmen. Die Leichen im Hof soll niemand anrühren. Ich will, daß sie so bleiben, wie sie sind.« Er zeigte auf die hängende Rhiannon. »Und sie bleibt so hängen. Caesar soll sie mit eigenen Augen so sehen.«
    Kurz nachdem der Verwalter aufgebrochen war, machte sich auch

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