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MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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war Caesar ins Gebiet der Nervier gezogen, die zu Fuß kämpften und entlang der Mosa siedelten, unterhalb der Eburonen, zu denen gegenwärtig ein unglücklicher Sabinus und ein noch unglücklicherer Lucius Aurunculeius Cotta mit der Dreizehnten Legion marschierten. Es war zu jener berühmten Schlacht gekommen, in der die Nervier tot auf dem Schlachtfeld blieben, weil sie nicht als Besiegte weiterleben wollten. Caesar hatte sich allerdings gnädig gezeigt und Frauen, Kinder und Alte in ihre unzerstörten Häuser zurückkehren lassen.
    Die unmittelbaren Nachbarn der Nervier stromaufwärts waren die Atuatucer. Obwohl Caesar selbst schwere Verluste erlitten hatte, zog er gleich weiter gegen die Atuatucer, die in ihr oppidum Atuatuca flohen, eine Festung auf einer Anhöhe, von der man das riesige Waldgebirge der Arduenna überblickte. Caesar hatte Atuatuca belagert und erobert, die Atuatucer waren allerdings weniger glimpflich davongekommen als die Nervier. Weil sie ihn angelogen hatten und versucht hatten, ihn zu überlisten, ließ Caesar den ganzen Stamm auf einem Acker neben der geschleiften Festung zusammentreiben, rief die Sklavenhändler, die sich immer in der Nähe des Trosses herumtrieben, und verkaufte den Stamm komplett an den Meistbietenden. Dreiundfünfzigtausend Atuatucer wurden auf einmal versteigert, und eine schier endlose Schlange verstörter, weinender Menschen wurde anschließend durch die Gebiete anderer Stämme zum großen Sklavenmarkt in Massilia getrieben, wo man sie aufteilte, sortierte und erneut verkaufte.
    Es war ein kluger Schachzug gewesen. Die anderen Stämme hatten kurz vor der Revolte gestanden, in der festen Annahme, daß die vielen tausend Nervier und Atuatucer die Römer vernichten würden. Doch der lange Zug von Gefangenen belehrte sie eines Besseren, und die Revolte fand nicht statt. Verwirrt überlegten die Gallier, wer diese Römer sein mochten, die mit ihren kleinen, aber hervorragend ausgerüsteten Heeren wie ein Mann agierten, statt sich in ein Delirium hineinzusteigern und als undisziplinierter, schreiender Haufen über den Gegner herzufallen. Die Gallier fürchteten die Römer seit Generationen, aber ohne konkrete Vorstellung von ihnen; vor Caesars Ankunft waren sie eine Art Kinderschreck gewesen.
    Im oppidum der Atuatucer waren Caesar die Schätze der Kimbern und Teutonen in die Hände gefallen, eine Unmenge goldener Gegenstände und Barren, Smaragde und Saphire, die diese Stämme bei der Auswanderung aus dem Land der Skythen Jahrhunderte zuvor mitgebracht hatten. Während der Gewinn aus dem Verkauf der Sklaven allein dem Feldberrn zustand, mußte die sonstige Beute zwischen dem römischen Fiskus und der gesamten Armee vom Feldherrn bis hinunter zum einfachen Soldaten auf geteilt werden. Als die Beute in Listen erfaßt und in einem langen, schwerbewachten Wagenzug nach Rom unterwegs war, wo sie bis zum Triumph des Feldherrn aufbewahrt werden würde, wußte Caesar, daß er sich sein Leben lang nicht mehr um Geld sorgen mußte. Der Verkauf der Atuatucer in die Sklaverei hatte ihm einen Reingewinn von zweitausend Talenten eingebracht, und sein Anteil an der Beute würde noch höher sein. Seine Legionäre würden reich sein, seinen Legaten eröffnete das Geld den Weg zum Konsulat.
    Und das war nur der Anfang gewesen. Die Römer bauten in Gallien Silber ab und wuschen Gold aus Flüssen aus, die vom Cebenna-Gebirge herabkamen. Sie waren gute Handwerker und wußten auch Stahl geschickt zu bearbeiten; sogar eine beschlagnahmte Ladung eisenbereifter Räder oder Fässer bedeutete Geld. Und jeder Sesterz, den Caesar nach Rom schickte, vermehrte sein öffentliches Ansehen — seine dignitas.
    Der Schmerz über den Verlust Julias war freilich ständig gegenwärtig, und Caesar war nicht Crassus. Geld war ihm kein Selbstzweck, sondern nur Mittel zur Steigerung seiner dignitas , ein lebloser Artikel, allerdings, wie die Jahre gewaltiger Schulden während seines Aufstiegs in der Ämterlaufbahn ihn gelehrt hatten, im Leben von allergrößter Bedeutung. Und was seine dignitas steigerte, steigerte auch die seiner toten Tochter. Das war ein Trost. Durch seine Bemühungen und durch die Liebe, die Julia in anderen geweckt hatte, würde sie um ihrer selbst willen im Gedächtnis bleiben, nicht nur als Tochter Caesars und Frau Pompeius’ des Großen. Und wenn er einst triumphierend nach Rom zurückkehrte, würde er die Spiele anläßlich ihrer Beerdigung nachholen, die der Senat ihr verweigert hatte.

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