MoR 05 - Rubikon
beiseite zu schaffen oder noch schnell genügend Geld zusammenzukratzen, um für die Dauer des Bürgerkriegs ein angenehmes Leben im Exil führen zu können. Daß es zum Bürgerkrieg kommen würde, schien außer Frage zu stehen, auch wenn sich allmählich die Erkenntnis durchsetzte, daß überhaupt keine zusätzlichen Legionen in Gallia Cisalpina stationiert waren und Caesar friedlich in Ravenna saß, während die Legionäre der Dreizehnten Urlaub am nahegelegenen Strand machten.
Heldenhaft kämpften Antonius, Quintus Cicero, Caesars Bankiers und seine wichtigsten Anhänger in Rom dafür, Caesar alle Möglichkeiten offenzuhalten. Unentwegt versicherten sie jedem Senator und Ritter, der es hören wollte, daß Caesar bereit sei, sechs seiner Legionen sowie die beiden Provinzen in Gallia Transalpina abzugeben. Doch am Tag nach Curios Ankunft in Ravenna erhielten sowohl Antonius als auch Balbus von Caesar kurze Briefe mit der Mitteilung, er könne nicht länger ignorieren, daß er möglicherweise eine Armee brauche, um seine Person und seine dignitas vor den boni und Pompeius zu schützen. Er habe daher heimlich einen Boten zu Fabius nach Bibracte geschickt, damit dieser ihm zwei seiner vier Legionen schicke, und einen anderen Boten an die Mosa zu Trebonius. Trebonius sollte sofort drei seiner vier Legionen nach Narbo schicken, wo sie dem Befehl von Lucius Caesar unterstellt würden und Pompeius’ spanische Legionen am Marsch nach Italia hindern sollten.
»Er ist bereit«, sagte Antonius zufrieden zu Balbus.
Der kleine Balbus, aufgrund der Anstrengungen der vergangenen Zeit weniger rund als sonst, musterte Antonius besorgt mit seinen großen und traurigen braunen Augen und schürzte die vollen Lippen. »Wir werden stärker sein, Marcus Antonius«, sagte er. »Wir müssen stärker sein!«
»Solange die Marcelli an der Macht sind und Cato nicht mit seinem Gekeife aufhört, haben wir keine Chance. Der Senat — oder zumindest der Rest, der noch den Mut aufbringt, zu den Sitzungen zu erscheinen — wird nur wiederholen, daß Caesar der Diener Roms und nicht sein Herr sei.«
»Aber was ist dann Pompeius?«
»Eindeutig der Herr Roms«, sagte Antonius. »Aber wer, glaubst du, hat das Sagen? Pompeius oder die boni?«
»Jeder glaubt, er bestimme über die anderen.«
Der Dezember verging schnell. Die Reihen im Senat lichteten sich noch mehr, zahlreiche Häuser auf dem Palatin und den Carinae wurden verriegelt und die Türklopfer abmontiert. Viele große Firmen, Makleragenturen, Banken und Händler zogen die Konsequenzen aus den bitteren Erfahrungen, die sie bei früheren Bürgerkriegen gesammelt hatten, und verstärkten ihre Schutzvorrichtungen, bis sie überzeugt waren, allem, was geschehen würde, standhalten zu können. Denn geschehen würde etwas, dafür würden Pompeius und die boni schon sorgen. Und auch Caesar würde erst nachgeben, wenn er sein Ziel erreicht hatte.
Am einundzwanzigsten Tag des Dezember hielt Marcus Antonius im Senat eine glänzend formulierte und vorgetragene Rede. Detailliert und in peinlich genauer Chronologie schilderte er sämtliche Verstöße Pompeius’ gegen den mos maiorum — von seinem zweiundzwanzigsten Lebensjahr an, als er widerrechtlich die Veteranen seines Vaters einberufen und sich mit drei Legionen in Marsch gesetzt hatte, um Sulla im damaligen Bürgerkrieg zu unterstützen, bis hin zu seiner Amtszeit als Konsul sine collega und der Annahme des ihm vom Zweiten Konsul angebotenen Schwertes. Der Schluß der Rede war einer beißend ironischen Analyse der Charaktereigenschaften der zweiundzwanzig Wölfe gewidmet, denen es gelungen war, die dreihundertsiebzig Schafe im Senat einzuschüchtern.
Pompeius gab sein Exemplar der Rede Cicero zu lesen, als sie sich am fünfundzwanzigsten Tag des Dezember in Formiae trafen, wo beide Villen besaßen. In Ciceros Villa verbrachten sie viele Stunden im Gespräch.
»Ich bleibe dabei«, sagte Pompeius, nachdem Cicero angestrengt versucht hatte zu begründen, warum eine Versöhnung mit Caesar noch immer möglich sei. »Es dürfen nicht die geringsten Zugeständnisse an Caesar gemacht werden. Caesar will keine friedliche Einigung, egal was Balbus, Oppius und die anderen sagen! Mir ist sogar egal, was Atticus sagt!«
»Ich wünschte, Atticus wäre hier.« Cicero seufzte müde.
»Warum ist er denn nicht hier? Ist ihm meine Gesellschaft nicht gut genug?«
»Er hat gerade das Viertagesfieber, Magnus.«
»Ach so.«
Obwohl sein Hals schmerzte und
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